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was Trumps Wahl für die Schweiz bedeutet

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Für den Politikexperten Michael Hermann kommt der Sieg Donald Trumps eindeutig den rechtspopulistischen Kräften in Europa zugute. Besonders die Schweiz dürfte die Folgen eines russischen Vormarsches in der Ukraine zu spüren bekommen.

07.11.2024, 16:5207.11.2024, 17:35

Reto Wattenhofer / ch media

Der nächste Präsident der Vereinigten Staaten ist Donald Trump. Wie wichtig ist diese Wahl für uns?
Michael Hermann: Dieser Sieg hat vor allem Auswirkungen auf die allgemeine Atmosphäre. Auch in der Schweiz haben wir den Wahlkampf in den letzten Monaten aufmerksam verfolgt. Am Mittwochmorgen wachten wir mit einem Déjà-vu-Gefühl auf.

„Der Schock ist nicht so groß wie 2016, als Trump erstmals das Weiße Haus betrat“

Trotz allem ist laut Umfragen eine große Mehrheit der Schweizer Bevölkerung gegen Trump. Umso größer ist die Bestürzung.

Einer der einflussreichsten Schweizer Analysten: Michael Hermann.Bild: Schlussstein

Inwieweit?
Die amerikanischen Bürger wählten jemanden, der seine Niederlage vor vier Jahren nicht akzeptieren wollte und alle Hebel in Bewegung setzte, um den Wahlausgang zu manipulieren. Während seiner ersten Amtszeit drückte er seine große Bewunderung für die Autokraten dieser Welt aus.

„Das komplette Gegenteil der Schweizer Identität, im Kern demokratisch“

Die Wahl eines Führers in den Vereinigten Staaten, einer der größten Demokratien, von dem wir nicht wissen, ob er den Autokraten näher steht als seinen demokratischen Partnern, gibt Anlass zur Sorge.

Der Populismus hat also gesiegt. Welche Auswirkungen hat das auf unsere politische Kultur?
Es besteht die Gefahr der Nachahmung. Dieser Sieg legt nahe, dass es möglich ist, schlechtes Verhalten zu belohnen, anstatt es zu bestrafen. Donald Trump ist trotz seines Sexismus und Rassismus damit durchgekommen.

„In der Schweiz dürfte dies die Schwelle der politischen Korrektheit weiter senken und die Grenzen des Akzeptablen verschieben“

Allerdings sehe ich eine wichtige Nuance. Bei Trump siegte das Bild der sogenannten starken Männer. Und diese Figur der „starken Männer“ hat Schwierigkeiten, sich im politischen System der Schweiz zu etablieren.

Wofür?
Schon allein deshalb, weil wir sieben gleichberechtigte Bundesräte haben. Eine Figur mit autoritären Zügen kann sich niemals vorteilhaft präsentieren. Unser System und unsere politische Kultur sind immun gegen allzu dominante Persönlichkeiten. Es war Christoph Blocher, der dieser Rolle am nächsten kam – mit dem Ende, das wir kennen. Und nach seiner Entlassung gelang dem Dekan der UDC kein Comeback im Trump-Stil.

Dennoch sieht sich die UDC durch diesen Wahlsieg gestärkt.
Ja. Sein Sieg kam zunächst den rechten Kräften zugute. Denn der Grundsatz lautet: Wer gewinnt, hat Recht. Das dürfte aber eher Auswirkungen auf die Art und Weise haben, Politik zu machen, als auf den Stimmenanteil. Auch ohne Trump schöpft die SVP ihr eigenes Potenzial derzeit gut aus.

„Auf jeden Fall sind rechtspopulistische Kräfte in Europa auf dem Vormarsch“

Doch mittelfristig könnte sich das Blatt wenden.

Wofür?
Trump ist ein Weckruf, insbesondere in Westeuropa, wo die Menschen einen anderen Standpunkt vertreten und dieser von vielen bestritten wird. Die Sozialistische Partei verzeichnete nach ihrem Wahlsieg 2016 einen starken Mitgliederzuwachs. Es geht sogar noch weiter: Europa erlebte damals eine seiner fortschrittlichsten Phasen.

Kennen wir bereits die tatsächlichen politischen Konsequenzen für die Schweiz?
Bei Trump und seiner Unregelmäßigkeit ist die Gefahr, dass die Dinge außer Kontrolle geraten, sehr real, auch auf wirtschaftlicher Ebene, zumal er in beiden Kammern über Mehrheiten verfügt. Er verweigert sich nun nichts mehr und hat, anders als 2016, diejenigen entlassen, die ihn intern kritisiert haben.

Aufgefallen:

Es wird erwartet, dass die Republikaner in beiden Kammern eine Mehrheit erhalten, das Ergebnis ist jedoch noch nicht endgültig. In mehreren Bundesstaaten laufen die Auszählungen noch und die Demokraten könnten theoretisch noch gewinnen.

Wenn Trump wie angekündigt die Nato schwächt, muss Europa mehr in Sicherheit und Armee investieren. Muss auch die Schweiz einen Beitrag leisten?
Der Krieg in der Ukraine hängt tatsächlich wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen. Aber ich bezweifle, dass die Schweiz weiter aufrüsten wird.

Warum nicht?
Die Debatte läuft Gefahr, ins Stocken zu geraten, wie sich zu diesem Thema bereits gezeigt hat. Viele denken daran, dass wir uns im Herzen Europas befinden und sehr froh sind, freundliche Länder um uns zu haben.

„Die Schweiz ist ein Opportunist“

Auch die Militärlobby ist weniger mächtig als viele andere. Es gibt viele Interessen und unterschiedliche Vorstellungen. Besonders in dieser Zeit, in der der Bund sparen muss.

Die Machtübernahme von Putins „Freund“ wird also keine Konsequenzen für die Schweiz haben?
Es besteht ein sehr reales Risiko, dass Russland sich ermutigt fühlt, seinen Vormarsch in die Westukraine fortzusetzen. Vor allem, wenn Trump seine Drohung wahr macht und seine finanzielle Unterstützung für Kiew reduziert. Sollte dies geschehen, würden Millionen weiterer Menschen das Land verlassen, was sehr schwerwiegende Folgen für die Schweiz hätte.

Es würde auch den Druck in der Schweiz auf schutzsuchende Ukrainer erhöhen.
In der Tat. Schon heute wollen die bürgerlichen Parteien die Schraube anziehen und diese Flüchtlinge unter bestimmten Bedingungen zurückschicken können. Die UDC geht in dieser Richtung am weitesten.

„Aber Putin und Trump, die vor allem auf der rechten Seite positiv gesehen werden, könnten eine Lösung für diesen Konflikt finden.“

Wenn die neue US-Regierung Russland indirekt zu Fortschritten in der Ukraine ermutigt, wird sich die Flüchtlingsfrage im eigenen Land verschärfen. So einfach ist das. Und eine Zunahme der Migration hat der SVP politisch noch nie geschadet.

(Französische Adaption: Valentine Zenker)

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