Hatte Israel nach dem grausamen Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 noch die Sympathie einer Mehrheit, so ist das Mitgefühl gegenüber Israel seitdem weiter zurückgegangen.
Die fast systematische Zerstörung des Gazastreifens, die unablässigen Aufrufe zur Flucht seiner Bewohner, die Razzien gegen den Libanon und die mörderischen Einfälle jüdischer Siedler im Westjordanland haben uns vergessen lassen, dass Hamas und Hisbollah nur ein Ziel haben: die Vernichtung der Staat Israel.
Während dieser Krieg andauert, dessen Ausgang wir nicht absehen können, werden LCN, RDI, TV5 und sogar unsere allgemeinen Sender immer unklarer. Wie übrigens auch Zeitungen und Zeitschriften. Nachrichtensprecher, Moderatoren und Kommentatoren beißen sich auf die Lippen, um zu verhindern, dass ihre Gefühle und persönlichen Meinungen ans Licht kommen. Es kommt oft vor, dass ihr Unterrock absteht.
Wir prangern mit Lippenbekenntnissen an
Die Reaktion der israelischen Armee ist so mörderisch, dass wir es kaum wagen, die Demonstrationen gegen Israel anzuprangern. Auch wenn sie wie am vergangenen Freitag in Montreal in Zerstörung und Vandalismus münden. Zu anderen Zeiten hätten wir auch die Welle des antisemitischen Hasses, der die sozialen Netzwerke belastet, vorbehaltlos verurteilt. Aber wir legen Lippenbekenntnisse ab und verwöhnen uns selbst, als ob die Feindseligkeit gegenüber den Juden irgendeine Berechtigung hätte.
Nur vier Tage nach dem Anschlag vom 7. Oktober löste CBC/Radio-Canada Kontroversen aus, als es seinen Nachrichtenmitarbeitern die Anweisung gab, Hamas- und Hisbollah-Aktivisten und -Kämpfer niemals als Terroristen zu bezeichnen.
Die Richtlinie sickerte schnell durch und erregte sofort den Zorn des konservativen Führers Pierre Poilievre und des Senators Léo Housakos, Konservativer von Quebec. Um sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Sender absolut unparteiisch bleibt, fügt die Richtlinie hinzu, dass selbst wenn jemand zitiert wird, dass er das Wort „Terrorist“ ausgesprochen hat, dieses sofort in den Kontext gebracht werden muss, damit es zu keinen möglichen Missverständnissen kommt.
Wir sind freier als in Frankreich
Kein Zweifel, denn da war der Angriff gegen Charlie Hebdo und vor allem das des Bataclan, das 131 Tote und 350 Verletzte forderte, lassen sich Nachrichtensprecher und Kommentatoren im französischen Fernsehen viel mehr Freiheit mit dem Wort Terrorist.
Ohne eine schnelle Lösung des Nahostkonflikts – was sehr unwahrscheinlich erscheint – wird es immer schwieriger, unparteiisch zu bleiben. Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Premierminister Benjamin Netanyahu und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant wird das Unbehagen unserer Nachrichtenleser und Kommentatoren bei der Diskussion des Nahostkonflikts nur noch verstärken.