Im Jahr 2033 wird die Schweiz das älteste noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerk der Welt endgültig schließen: Beznau 1 im Kanton Aargau. Dieser Entscheid stellt einen wichtigen Wendepunkt in der Schweizer Energiegeschichte dar und ist Teil der nationalen Energiewendestrategie. Die Gründe für diese Schließung, ihre Auswirkungen auf die Energieversorgung und die unterschiedlichen Meinungen, die sie hervorruft, verdienen eine eingehende Analyse.
Eine erwartete, aber umstrittene Entscheidung
Axpo, die Betreiberin des Kraftwerks Beznau, kündigte die Stilllegung von Beznau 1 im Jahr 2033 und Beznau 2 im Jahr 2032 an. Die 1969 bzw. 1971 eingeweihten Anlagen hatten dank massiver Investitionen in den Unterhalt ihre ursprünglich geplante Lebensdauer um mehrere Jahrzehnte überschritten und Aktualisierung. Allerdings ist ihr Betrieb nicht mehr wirtschaftlich: Die notwendigen Anpassungen, um sicherzustellen, dass sie den modernen Sicherheitsstandards entsprechen, wären mit unerschwinglichen Kosten verbunden..
Trotz dieses wirtschaftlichen Arguments gehen die Reaktionen auseinander. Die Schweizerische Energiestiftung (SES) und die liberalen Grünen begrüssen einen als logisch und notwendig erachteten Entscheid zur Fortsetzung der Energiewende. Umgekehrt prangern Greenpeace und Sortir du Nucléaire eine verlängerte Wartung an, die ihrer Meinung nach eine unnötige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
Die Herausforderung der Energieversorgung
Die Schließung von Beznau stellt die Energieversorgung der Schweiz vor eine große Herausforderung, insbesondere im Winter, wenn der Strombedarf seinen Höhepunkt erreicht. Mit einer Kapazität von Jahresproduktion von 6 Terawattstunden (TWh)Beznau trägt wesentlich zum Gleichgewicht des Netzwerks bei. Die Schweiz plant jedoch, diesen Verlust durch eine Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, insbesondere Solar- und Wasserenergie, auszugleichen..
Ein SES-Bericht schätzt, dass die Solarenergie bis 2030 nicht nur Beznau, sondern auch andere alternde Kraftwerke ersetzen könnte, auch während der Wintersaison. Der Schweizer Energieclub warnt jedoch vor einem möglichen Defizit von 3 TWh im Winter 2033–2034 und weist auf die Unsicherheiten hin, die mit der Solarproduktion in diesem Zeitraum verbunden sind.
Wirtschafts- und Umweltfragen
Der Entscheid zur Schließung von Beznau verdeutlicht auch das Spannungsverhältnis zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Realität. Wenn die 350 Millionen Schweizer Franken, die nötig sind, um das Kraftwerk bis 2033 in Betrieb zu halten, auf Kritik stoßen, sagen Befürworter der Kernenergie, dass ein Verzicht auf Kernenergie zu einem Anstieg der Energiekosten führen könnte. Christian Wasserfallen, ein liberal-radikaler gewählter Beamter, bekräftigt, dass eine stärkere Abhängigkeit von Importen, insbesondere aus Deutschland oder Frankreich, das Risiko birgt, den Strompreis zu erhöhen.
Gleichzeitig fordern Befürworter erneuerbarer Energien eine Neuausrichtung der Investitionen hin zu modernerer und saubererer Infrastruktur. Der Präsident der Liberalen Grünen, Jürg Grossen, betont, dass „die Schweiz dank Solar- und Wasserkraft keine neuen Atomkraftwerke mehr braucht“.
Eine Energiewende ist im Gange
Die Schliessung von Beznau ist Teil der Energiestrategie 2050 des Bundes, die als Reaktion auf die Volksabstimmung 2017 verabschiedet wurde. Diese Politik zielt darauf ab, den Anteil der Kernenergie am nationalen Energiemix schrittweise zugunsten erneuerbarer Energien zu reduzieren. Seit 2011 hat die Schweiz das Kraftwerk Mühleberg bereits geschlossen und in ehrgeizige Wasser- und Solarprojekte investiert.
Energiequelle | Anteil am aktuellen Mix (%) | Ziel 2050 (%) |
---|---|---|
Nuklear | 33 | 0 |
Solar | 7 | 20 |
Hydraulisch | 57 | 65 |
Ein umstrittenes Ende für einen Pionier
Während sich das Kraftwerk Beznau darauf vorbereitet, seine Turbinen abzuschalten, hinterlässt es ein umstrittenes Erbe. Für einige verkörpert es eine technologische Meisterleistung, die seit Jahrzehnten die Energiesicherheit der Schweiz gewährleistet. Für andere symbolisiert es eine kostspielige und riskante Abhängigkeit von veralteter Technologie.
Wird die Schweiz angesichts des Klimanotstands und der geopolitischen Unruhen in der Lage sein, ihre Energieunabhängigkeit ohne Atomkraft zu gewährleisten? Die Antwort wird in der Fähigkeit des Landes liegen, den Übergang zu einem nachhaltigen Energiemodell zu beschleunigen.