Lori Glori, Sängerin der Hits von DJ Bobo, begleicht Rechnungen in einem Musical – rts.ch

Lori Glori, Sängerin der Hits von DJ Bobo, begleicht Rechnungen in einem Musical – rts.ch
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Im Schauspielhaus Zürich prangert „Last Night a DJ Took My Life“ bis zum 15. Mai die Praktiken des Showbusiness und des Schweizer Eurodance-Superstars DJ Bobo an. Das Musical wird von der amerikanischen Soulsängerin Lori Glori geleitet, deren Stimme auf den meisten Hits von DJ Bobo zu hören ist.

Ihr Name ist Lori Glori. Dieser Künstlername brachte ihm mehr oder weniger Glück. Lori ist so etwas wie eine Unbekannte. In diesen Tagen feiert die Sängerin in Zürich auf der Bühne des Schauspielhauses bis zum 15. Mai 2024 in der Musical-Komödie „Last Night a DJ Took My Life“ ihren Teil zum Ruhm.

Wenn Sie in den 1980er Jahren häufig in Clubs waren, werden Sie den Titel der Show zweifellos als Anspielung auf Indeeps Hit „Last Night a DJ Saved My Life“ erkennen. Eine Pastiche voller ätzender Ironie. Wenn der Zürcher Tempel des ernsthaften Theaters sich der Popmusik widmet, dann nicht nur, um das Publikum zu unterhalten, sondern auch, um ein Unrecht anzuprangern. Lori Glori hat es schwer und Joana Tischkau, eine deutsche Regisseurin aus der Breakdance-Szene, will sich mit ihren eigenen Waffen revanchieren: Gloris Stimme.

Auf der Betonbühne erinnern die Kostüme an den ästhetischen und witzigen Wagemut des Eurovision-Wettbewerbs. Im hinteren Teil der Bühne dient eine riesige, zerbrochene CD als Projektionsfläche oder Podium für Fernsehsendungen.

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Von Gospel bis Techno

„Last Night a DJ Took My Life“ entfaltet in Tänzen, Sketchen und Liedern die Biografie von Lori, geborene Ham, in der Bucht von San Francisco. Die Ham Sisters begannen in den Kirchenbänken Gospel zu singen, fast ein obligatorischer Schritt für jeden zukünftigen afroamerikanischen Soul- oder R’n’B-Sänger. Als sie die Kirche verlassen und sich einem weltlichen Repertoire widmen will, benennt sich Lori in Glori um. Jambon (Schinken) genannt zu werden, ist in der Tat nicht der glamouröseste Name, der in diesen Disco-Jahren triumphiert.

Lori Glori schloss sich „Summers Heat“ des Schlagzeugers Bill Summers an und trat in der schwarzen Kult-TV-Show „Soul Train“ auf. Während einer Europatournee ließ sie alles stehen und liegen, um in Deutschland eine Solokarriere zu starten. Komische Wahl, könnte man sagen. Denn Deutschland ist auch die Heimat von Boney M. und Giorgio Moroder, heute das schlagende Herz von Dance und Techno.

Lori Glori bringt ihre warme und ausdrucksstarke Stimme in zahlreiche House-, Garage-, Eurodance- und Techno-Hits ein. Ein Fließbandjob, bei dem sein Name meistens, aber nicht immer, auf dem Plattencover steht. Eines Tages trifft sie einen Produzenten und Musiker aus dem Aargau.

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Der unrühmliche Backstage-Bereich des Eurodance-Showbiz

Dieser Mr. DJ behauptet bereitwillig seine Seite Bunzli, ein wenig festgefahren, gewöhnlich und provinziell. Er ist ein schlechter Rapper, ein passabler Tänzer, sicherlich ein Provinz-DJ, aber ein Produzent mit einem hervorragenden kommerziellen Gespür. Lori Glori gibt ihm ihre Stimme. Auf der Bühne von „Last Night a DJ Took My Life“ trägt Mr. DJ die Züge des Clowns Bozo und dann des finsteren Jokers aus Batman.

In der Show wird sein Name nie genannt, aber die Geschichte ist transparent. Jeder erkennt Monsieur DJ als den Superstar des Schweizer Pop, DJ Bobo, den König des Eurodance, den Mann mit sanften, fröhlichen, positiven und eingängigen Hits, Ex-Eurovision-Kandidat mit einem unwahrscheinlichen Vampir-Song. Wenn „Last Night a DJ Took My Life“ im Verborgenen voranschreitet, liegt das daran, dass zwischen der US-Sängerin und dem springenden Aargauer ein Rechtsstreit und ein Gerichtsverfahren anhängig ist. Das Musical enthüllt einen Blick hinter die Kulissen des Eurodance-Showbiz und ist nicht gerade glorreich.

Plagiat und keine Rechte

DJ Bobo begann seine Karriere damit, den Song eines anderen zu plagiieren. Es kostete ihn einen verlorenen Fall: Angesichts dieses ersten Treffers keine große Sache. Um seinen nächsten Kompositionen eine vorteilhafte, gefühlvolle Farbe zu verleihen, nahm er Sänger auf, zuerst Emel, dann Lori Glori, und arrangierte sie so, dass diese goldenen Stimmen nicht das geringste Aufführungsrecht erhielten. Der Zürcher Emel schloss den Fall vor Gericht für einen unbekannten Betrag ab. Lori Glori hatte nicht so viel Glück.

Auch heute noch touren die Shows von DJ Bobo um den Planeten. Auf der Bühne läuft die Musik im Playback, eine Frage der Bühneneffizienz, und es ist Nancy, die Frau von DJ Bobo, eine sehr weiße Blondine, die vorgibt, beim Tanzen die Refrains zu singen. Tour für Tour reisten die Stimmen von Emel und Lori Glori ohne ihr Wissen um die Welt und sangen „Take Control“, „Freedom“, „Love Is All Around“ und andere „Pray“. Bis DJ Bobo seine Hits in neuen Versionen neu aufnahm.

Produzent und Raubtier

Am Schauspielhaus Zürich wird alles beim Namen genannt und „Last Night a DJ Took My Life“ legt bei der Interpretation dieser Geschichte keine Kompromisse ein. Es ist die Rede von kultureller Aneignung zu Lasten afroamerikanischer Sänger, von Raubzügen durch weiße, supremacistische männliche Produzenten, die nur an Geld interessiert sind. Eine Geschichte, die so alt ist wie die Minstrels Shows, diese Jazzshows weißer, in Schuhcreme gekleideter Künstler während der Ära der Rassentrennung im Süden.

Auf deutscher Seite versäumte es die Presse nicht, die Vorwürfe von Lori Glori und das Musical von Joana Tischkau wiederzugeben. Von seiner wunderschönen Villa mit Schwimmbad an der Zürcher Goldenen Küste aus schwelgt DJ Bobo in Stille. Im Schauspielhaus sind Lori Glori und ihre Truppe aus Hip-Hop-Künstlern und Mitgliedern des Schauspielhaus-Theater-Ensembles jeden Abend ausverkauft.

Die fröhliche Truppe von DJ Bobo bereitet sich ihrerseits darauf vor, mit ihrer großen Show „EVOLUT3ON“ erneut Arenen und Stadien auf der ganzen Welt zu füllen. Nächste Termine im August: Sao Paulo, Santiago, Lima, Warschau, Bratislava, Sofia usw. „Die Show muss weitergehen“, sagen Profis der Branche.

Thierry Sartoretti/olhor

„Last Night a DJ Took My Life“, Schauspielhaus, Zürich, bis 15. Mai 2024.

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