In der gedämpften Dunkelheit des Megarama-Saals in Casablanca erhebt sich eine Stimme, eingehüllt in ein Echo der Vorfahren. Es ist ein Lied, das die Zeit überschreitet und von unstillbarem Schmerz und wilder Widerstandsfähigkeit vibriert. Dieses Lied ist das von Touda, der Heldin von Nabil Ayouchs neuestem Meisterwerk „Everybody Loves Touda“. Dieses Werk ist mehr als nur ein einfacher Film, es ist ein gefühlvoller Tauchgang in die wenig bekannte und oft überstrapazierte Welt der Shikhates, dieser Künstlerinnen, die mit ihren kraftvollen Stimmen dem moralisierenden Blick einer Gesellschaft auf der Suche nach ihrem eigenen Spiegelbild trotzen.
Zur Vorschau an diesem Dienstag, dem 10. Dezember, strömte die marokkanische Öffentlichkeit, begierig auf Debatten und gewagte Geschichten, schon lange vor der schicksalhaften Stunde herbei. Eine spürbare Ungeduld, eine vielversprechende Erwartung.
Lange Zeit in einen schlechten Ruf verbannt, fälschlicherweise in die Welt der Prostitution assimiliert, Lepra endlich ihren rechtmäßigen Platz im Rampenlicht finden. Nabil Ayouch, leidenschaftlicher Verfechter unterdrückter Frauenstimmen, gibt diesen Frauen ihre Worte zurück, nicht um einfach nur zu singen oder zu unterhalten, sondern um ihr Wesen, ihre Wahrheit zu offenbaren.
Vom ersten Moment an fesselt uns die Kamera. Touda, in einen prächtigen Kaftan gehüllt, singt unter einem Sternenhimmel. Sein Ton schneidet wie eine Klinge durch die Nacht. Dieses Lied ist nicht nur ein künstlerischer Ausdruck: Es ist ein Schrei aus dem Herzen, ein Kampf ums Dasein. Dieses Eröffnungsgemälde voller Anmut und Melancholie gibt den Ton für eine Geschichte vor, in der Musik zu einer universellen Sprache wird, einem Ventil für unaussprechlichen Schmerz.
Nisrin Erradis meisterhafte Leistung geht über die Leinwand hinaus. Geprägt von ihrer Rolle verkörpert sie Touda mit beunruhigender Intensität und greift dabei auf das Erbe großer Aïta-Figuren wie Houda Nachta zurück. Letzterer führte Nisrin in die Feinheiten dieser Kunst ein und machte sie zu einer wahren Erbin dieser Kunst Lepra. Nisrin Confie: « Eineinhalb Jahre lang habe ich ihren Stimmen zugehört, ihre Gesten genau unter die Lupe genommen und ihr Schweigen genossen. Touda ist jetzt ein Teil von mir, eine Flamme, die niemals erlöschen wird. »
Nabil Ayouchs Inszenierung ist ein Fresko, das sowohl intim als auch majestätisch ist. Das Spiel von Licht und Schatten spiegelt Toudas innere Unruhe wider, während die Nahaufnahmen seines Gesichts eine Palette von Emotionen von überwältigender Fülle einfangen. Die in abgelegenen Dörfern gedrehten Szenen tauchen den Betrachter in das Herz einer rauen Realität ein, in der Musik zur Flucht wird.
Touda, eine alleinerziehende Mutter eines tauben und stummen Kindes, trägt auf ihren Schultern die Last einer Gesellschaft, die sie missachtet und verurteilt. Unterstützt von ihrer Freundin Rkia, gespielt von der brillanten Jalila Talemsi, träumt sie davon, eine zu werden Chikha bekannt. Doch bevor sie die Sterne erreicht, muss sie durch Kabaretts und Nachtclubs, Orte, an denen ihre Kunst auf einfache Unterhaltung für verwirrte Seelen reduziert wird. Nur ihr Geiger, der zu ihrem Vertrauten geworden ist, glaubt an sie. Diese Reise von ihrer Heimatstadt nach Casablanca ist ein Weg voller Fallstricke, aber Touda geht voran, getragen von einer unerschütterlichen Entschlossenheit.
Über seine visuelle Pracht hinaus ist der Film eine ergreifende gesellschaftliche Reflexion. Er hinterfragt die Tabus, die ihn umgeben Lepraoft öffentlich verurteilt, aber im Schatten gefeiert. Diese Frauen verkörpern eine seltene Kühnheit und wagen es, die Fesseln einer von Männern dominierten Welt zu sprengen. Nabil Ayouch fasst zusammen: „ Mit Touda wollte ich die Widerstandsfähigkeit dieser Künstler würdigen und gleichzeitig die Heuchelei einer Gesellschaft anprangern, die sie im Geheimen schätzt, sie aber am helllichten Tag verachtet. »
Der Soundtrack, ein wahres Juwel, verstärkt jede Emotion. In Zusammenarbeit mit Meistern der Aita komponiert, geht es über die Noten hinaus und wird zu einer eigenständigen Stimme, die Hoffnung und Schmerz vermittelt Lepra. Besonders eine Szene, in der Touda mit ihrem taubstummen Sohn kommuniziert, trifft das Herz. Ohne ein Wort veranschaulicht dieser Moment von seltener Intensität die Kraft der Stille, sublimiert durch Musik, die die Seelen dieser Frauen zu flüstern scheint.
Jeder liebt Touda ist trotz seiner Schatten ein leuchtendes Werk. Mit brutaler Ehrlichkeit und unendlicher Zärtlichkeit fordert sie den Betrachter dazu auf, seine Urteile zu überdenken und die Komplexität der Realität anzunehmen. Dieser Film, der zweifellos die Geschichte des marokkanischen Kinos prägen wird, wird weit über die Grenzen hinaus Resonanz finden. Bleibt die Frage: Wird Touda endlich singen können?“ Ayli Ya Yli » auf seine Weise, befreit von allen Zwängen?