« Das von JSBach haben wir bereits, und es wäre sehr vermessen, damit zu konkurrieren “. So reagierte Heinrich von Herzogenberg auf den Vorschlag seines Freundes Friedrich Spitta, der ihn im Sommer 1894 in seinem Schweizer Haus in Heiden besuchte. Spitta, Theologieprofessor in Straßburg, hatte gerade eine Reihe heiliger Texte zusammengestellt für ein Oratorium zur Geburt Christi.
Herzogenberg (links) und Spitta in Heiden im Jahr 1897
Nach dem lutherischen Konzept entspricht die Aufführung eines geistlichen Werkes nicht einem Konzert von Fachleuten vor Publikum. Es handelt sich um ein in den Gottesdienst integriertes Musikereignis unter Beteiligung der Gläubigen, bei dem die Geschichte des Evangeliums im Vordergrund steht, begleitet von einem Chor und einigen Solisten, alle auf der Grundlage einer für Laien zugänglichen Partitur und – als Säulen des Werkes – auf mehreren Chorälen und gemeinsam mit dem Publikum gesungene Hymnen. Als Begleitung stellt Spitta eine Orgel und ein Harmonium zur Verfügung, mehr nicht. Nach einigen Verhandlungen bei Spaziergängen durch Heiden gelang es dem Komponisten, seinem Freund ein Streichquartett und sogar eine Oboe für die Pastoralszene abzutrotzen. Nachdem Spitta weg war, machte sich Herzogenberg an die Arbeit und sein Oratorium war in wenigen Wochen so weit fertiggestellt, dass er Ende September ein Telegramm nach Straßburg schickte: „Ich komme morgen mit dem Oratorium, such mir einen Chor!“ »
Die 34 Teile des Werks orientieren sich an der Erzählschnur, die dem rezitierenden Tenor anvertraut ist (für die Spitta selbst bei der Entstehung gesorgt hat), und der konzertante Teil beschränkt sich auf das Vor- und Nachspiel der Buxtehude-Orgel, wo das gesamte Spiel stattfindet des Instruments erfüllt das Kirchenschiff mit kraftvoller Feierlichkeit und dessen Fugenmotiv den Gesängen am Anfang und Ende entspricht:
Der erste Teil führt uns in das Alte Testament ein, wo die Propheten dem Volk Israel das Kommen eines Sterns „aus dem Stamm Jakob“, den „Keim eines Zweiges aus dem Stamm Jesaja“ und das Aufbrechen eines großen Lichts verkünden Oben drängten sich die Menschen in der Dunkelheit. Die Erzählsequenzen (die Prophezeiungen) sind zunächst dem Bass und dann dem Tenor anvertraut, der wesentliche Teil des Textes liegt jedoch in den Chorälen und den Gesängen. Spitta erforschte den unerschöpflichen Schatz deutscher protestantischer Kirchenlieder der Vergangenheit und Herzogenberg schuf mehrstimmige Lieder mit homo- oder polyphonem Tonumfang, je nachdem.
Wie dieses alte Adventslied « O Heiland reiss die Himmel auf !» (O Retter, öffne den Himmel!) von dem Brahms bereits zwanzig Jahre zuvor eine Motette komponiert hatte. Herzogenberg extrahiert drei Strophen, in denen die Cantus Firmus wird abwechselnd den Sopranistinnen, Altistinnen und Tenöristinnen des Chores anvertraut und durch die Polyphonie mit fugierten Elementen der anderen drei Stimmen geschmückt. Der Text des Liedes drückt die Verzweiflung des in die Dunkelheit versinkenden jüdischen Volkes aus und signalisiert gleichzeitig die Hoffnung auf das Kommen des Messias. Der Dorianer davon Cantus Firmus kämpft darum, sich durch die Polyphonie eines schillernden Mittelfingers vom Refrain bis zum Ende durchzusetzen Epoche Dur, wie es in dorischen Chorälen oder Gesängen üblich ist (siehe Bachs Choräle). Der Adventsteil endet mit dem gemeinsam von Chor und Gläubigen gesungenen Choral « Ich lag in schweren Banden » (Ich lag gefesselt)harmonisiert innerhalb der Epoche Dur von der Orgel.
Die Verkündigung an Maria und die Geburt Christi bilden den Mittelteil des Oratoriums, wobei die schlichte, lineare Struktur der Rezitative an das Weihnachtsoratorium von Heinrich Schütz erinnert, Herzogenberg jedoch einen Exkurs um einige Melismen über das Wort gewährt „Maria“ et “Gesegnet” :
Die Jungfrau hatte kaum ihre Verfügbarkeit gegenüber den göttlichen Erwartungen signalisiert. („Hier ist der Diener des Herrn, nach deinem Wort geschehe mir.“) dass Chor und Solisten in ein jubelndes, dreiteiliges Lied ausbrechen, dessen Schwung zum Tanzen einlädt („Mögen wir alle glücklich sein!“) :
Diese thematische Zelle in mi Dur taucht in allen Strophen wieder auf, entweder in einer homophonen Version im Chor (siehe das nebenstehende Beispiel), oder fugal durch die acht Stimmen, oder im Dialog zwischen den vier Solisten und dem Chor, wobei die Solistenstimme kaum zu unterscheiden ist Stimmen des Chores, in Übereinstimmung mit den von Spitta verteidigten lutherischen Vorschriften.
Nach der Geschichte von der Geburt Jesu bringt der Komponist ein Volkslied ein « Es ist ein Ros’ entsprungen » (Eine Rose ist gekeimt, aus einer zarten Wurzel). Unter dem Cantus Firmus Aus dem Sopran leiten die anderen Stimmen ihre polyphone Rede ein, die Orgel greift mit kurzen Zwischenspielen ein, kurzum eine höchst feierliche Version dieses Lobgesangs.
Wie in Bachs Oratorien, in denen die Arien durch das Spiel eines Solisten (Oboe, Flöte usw.) angekündigt werden, ist der Dialog zwischen Maria und Josef, ein traditioneller Hymnus aus dem „Erschallt im Lob“ aus dem Mittelalter wird hier eingeleitet und von einem Cello-Solo begleitet, das die innige Seite des Wortes unterstreicht « Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen mein Kindelein… » (Joseph, mon cher Joseph, aide-moi à bercer mon petit…) :
Was die Botschaft an die Hirten auf der Weide betrifft, so ist unser Rezitativ dem von Schütz sichtbar nahe, ebenso wie der Umfang des Lobgesangs « Ehre sei Gott » was folgt, ein Viertelnotenschwung in einem ternären Rhythmus, streng genommen Fugen für Schütz:
In Herzogenberg wird dieses Lob in einer Polyphonie des vierstimmigen Chores artikuliert, wobei der Bass stark vom Pedal der Orgel unterstützt wird:
Die in der angedeutete Ruhepause „Hab keine Angst!“ » durch die Klarheit eines Tun Major strömte in die mi Dur erinnert auch an das Weihnachtsoratorium von Saint-Saëns, in dem die Engelsopranistin ihr Lied zum Ausdruck bringt „Hab keine Angst“ im Rhythmus in einem einfachen beibehalten Die Dur, flankiert von Übergängen zum parallelen Moll oder zur Dominante. Das Werk von Saint-Saëns zeichnet sich durch seine aufschlussreiche meditative Seite bereits im Präludium aus, dessen Oboenkantilene, eine sizilianische, im gesamten Oratorium wieder auftauchen wird.
Um die Hirten näher zu bringen: Oboe erforderlich! Herzogenbergs pastorales Instrument bietet uns einen bezaubernden Sizilianer, dessen thematischer Kern – in Zeitlupe – die Kinderhymne bildet « Kommt und lasst uns Chrstum ehren » (Venez, rendons gloire au Christ). Und dann wird die Lötlampe das berühmte Weihnachtslied einleiten und begleiten « Kommet, ihr Hirten… !» (Approchez, les bergers… !). – Und nun verließen die Hirten die Herde und begannen zu singen „Lass uns nach Bethlehem gehen!“ »und dieser fugale Abgang bringt uns noch einmal zu Schütz‘ Version:
Schütz scheint die Eile hervorzuheben, die die Hirten auf dem Weg nach Bethlehem treibt.
Herzogenberg schickt sie auf den Weg, um ihre fröhliche Fuge einzusingen Tun wesentlich.
Um die Aufregung des einzelnen Hirten hervorzuheben, zitiert Spitta das altdeutsche Kirchenlied aus dem Jahr 1600 « Als ich bei meinen Schafen wacht » (lorsque Ich habe mich um meine Schafe gekümmert) und Herzogenberg schlägt vor, den Text in einen Dialog zwischen dem melodischen Element der Oboe und den vier Solisten nach Bachs Vorbildern einzubetten, einem Ensemble, das auf einem harmonischen Hintergrund der Schubertschen Tonalität basiert. Die Begeisterung, die sich aus diesem Ereignis ergibt, gipfelt in zwei großen Hymnen, in denen sich Solisten und Chor abwechseln « Gelobt sei der Herr… » (Ehre sei dem Herrn…)wo ein doppelter polyphoner Chor dominiert von der Stimme des Cantus Firmus widmet sich mit ganzem Herzen dem Text des Heiligen Johannes „Also hat Gott die Welt geliebt…“alle vereint mit einem Kinderchor, der ihre Lieder singt „Halleluja“ und von der Instrumentalgruppe reichlich unterstützt.
Vor dem Orgelnachspiel singen die Gläubigen zusammen mit den Solisten und dem Chor « Sei willkommen, du edler Gast » (sois le bienvenu, toi edler Gastgeber) zur Melodie eines der beliebtesten Weihnachtslieder (bereits durch das Orgelvorspiel angekündigt): « Vom Himmel hoch da „Komm ich her“ (Ich komme vom Himmel herab) :
Die Uraufführung des Oratoriums fand im Dezember 1894 in der Thomaskirche in Straßburg mit Herzogenberg an der Kanzel und Spitta als Solistin statt. Zurück in Berlin schickte Herzogenberg im Januar seine Neujahrsbotschaft an Spitta: „…und wenn ich an den Moment denke, als meine Musik durch die gesamte Saint-Thomas-Kirche ergoss, vom Altar bis zur Orgel, angeschwollen von diesem unvergesslichen Einklang der Gläubigen, dann erlebte ich eine Stunde, in der es keinen Komponisten gab.“ beliebt, könnte sich rühmen. »
Die letzten Lebensjahre Heinrichs von Herzogenberg waren von immer stärker werdenden rheumatischen Schmerzen geprägt, die er durch Thermalkuren zu lindern versuchte. Allerdings scheint es ihm gelungen zu sein, seinen Humor zu bewahren, was aus seinen Briefen hervorgeht, die er von einem letzten Aufenthalt im Jahr 1900 an der italienischen Riviera verschickte, wo er an seinen Rollstuhl gefesselt war. Der Tod seines Kollegen Woldemar Bargiel in Berlin (dem Halbbruder von Clara Schumann) und von Johannes Brahms im Februar bzw. April 1897 machte ihn hingegen zutiefst traurig.
Heinrich von Herzogenberg starb am 9. Oktober 1900 in seinem letzten Zuhause in Wiesbaden. Die Trauerrede wird sein Freund Friedrich Spitta auf dem Stadtfriedhof halten.
QUELLEN
WIECHERT Bernd, HERZOGENBERG Heinrich von (1843-1900), Studien zu Leben und WerkGöttingen, 1997.
KLEINICKE Konrad-Jürgen, Das kirchenmusikalische Schaffen von Heinrich von Herzogenbergarticle sans date du site « Herzogenberg und Heiden »
KLEK Konrad, Die Entstehung des Weihnachtsoratoriums « Die Geburt Christi » in Heidenarticle sans date du site « Herzogenberg und Heiden »
SCHÜTZ Heinrich, Historie der Geburt Christi (1600), Teilung
ANMELDUNGEN
– Cantorei der Reformationskirche Berlin-Moabit, dir. Caspar Wein
(Youtube, Film 2021)
– Evangelische Kirchengemeinde Frohnau, dir. Johannes Dasch (Youtube, film de 2021)
– Unter den CDs erinnern insbesondere der Ökumenische Hochschulchor Würzburg, das Herzogenberg-Orchester Würzburg, Leitung: Matthias Beckert bei CPO (2006) in einer Live-Aufnahme von 2005.
Lesen Sie auch:
Heinrich von Herzogenberg in der Schweiz, seine Passion nach St-Jean
(Viermal besucht, heute 1 Mal besucht)
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