Fallstudie – Bewusstseinsstörungen und Entzündungszeichen

Fallstudie – Bewusstseinsstörungen und Entzündungszeichen
Fallstudie – Bewusstseinsstörungen und Entzündungszeichen
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Der Patient und seine Geschichte

Nach Angaben von Matthias Marschner und seinen Kollegen wurde der 27-jährige Obdachlose von Passanten in einem Park gefunden und vom Rettungsdienst in eine Berliner Klinik transportiert.

Prüfungsergebnisse

  • Der Patient litt unter mittelschweren Bewusstseinsstörungen (9 Punkte auf der Glasgow Coma Scale).
  • Vorliegen von Fieber und Meningismus sowie diffusen Bauchschmerzen ohne Abwehrspannung.
  • Das Gesicht des Patienten war anfangs stark gerötet, seine Füße waren bläulich und seine Fußsohlen waren brandig.
  • Er hatte Gelenk- und Muskelprobleme.
  • Auftreten von manchmal pustulösen Hautausschlägen und nekrotisierenden Dekubitusgeschwüren am ganzen Körper und insbesondere an den Handflächen.
  • Akutes Nierenversagen (Stadium II vonNetzwerk für akute Nierenverletzungen [AKIN]).
  • Starker Anstieg der renalen Retentionsparameter (Kreatinin 2,21 mg/dl). [0,7 à 1,3 mg/dl]Harnstoff 261 mg/dl [14,9 à 38,5 mg/dl]).
  • Kreatinkinase: 4.868 U/L (39 bis 308 U/L).
  • CK-MB-Masse: 36,4 μg/L (0 bis 3,6 μg/L).
  • Myoglobin: 5.370 μg/L (16 bis 96 μg/L).
  • Glutamat-Oxalacetat-Transaminase: 245 U/L (15 bis 37 U/L).
  • Glutamat-Pyruvat-Transaminase: 18 U/L (16 bis 63 U/L).
  • Gamma-Glutamyltransferase: 496 U/L (15 bis 85 U/L).
  • Alkalische Phosphatase: 146 U/L (46 bis 116 U/L).
  • Gesamtbilirubin: 2,57 mg/dl (0,2 bis 1,0 mg/dl).
  • Direktes Bilirubin: 1,44 mg/dl (0 bis 0,3 mg/dl).
  • C-reaktives Protein: 224 mg/L (0 bis 3 mg/L).
  • Procalcitonin: 32,99 ng/ml (0 bis 0,1 ng/ml).
  • CSF ohne Besonderheiten.
  • Unauffälliger Schädel-CT-Scan.
  • Abdomen-CT-Scan: leicht vergrößerte Leber, nicht erweiterte Gallenwege.
  • Die Angiographie weist nicht auf einen ischämischen Ursprung in den Füßen hin (tatsächlich vermuten die Ärzte Erfrierungen durch die Kälte).
  • Transösophageale Echokardiographie ohne Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Hautschädigung und Endokarditis.
  • Blutkultur nach 72 h: Wachstum von Streptobacillus moniliformis.

Diagnose und Behandlung

Berliner Ärzte diagnostizierten Rattenbissfieber. Nach Nachweis des Erregers erhielt der Patient daher 14 Tage lang eine Behandlung mit Ampicillin + Sulbactam sowie Doxycyclin. Nach 14 Tagen wurde er mit deutlich verbessertem Allgemeinzustand aus dem Krankenhaus entlassen.

Diskussion

Laut den Berliner Autoren handelt es sich beim „Rattenbissfieber“ um eine systemische bakterielle Zoonose, die am häufigsten von Ratten übertragen wird, die aber auch von einem Nagetier übertragen werden kann, das sich von Nagetieren ernährt. Die Erkrankung gilt als unterschätzt, unterdiagnostiziert und wenig untersucht. Der Erreger wäre Streptobacillus moniliformisund in asiatischen Regionen, Spirillum minus. Bei bis zu 100 % der Wild- und Hausratten, aber auch bei vielen anderen Nagetieren, Streptobacillus moniliformis wäre Teil der normalen oropharyngealen Flora. Ratten und Mäuse sind Überträger und Überträger, erkranken aber selbst nicht. Anders als der Name vermuten lässt, ist ein Rattenbiss keine Voraussetzung für eine Erkrankung. Es genügt ein indirekter Kontakt mit Eindringen von Keimen durch die intakte Haut.

Die Autoren berichten auch, dass ein möglicher Biss bei Rattenbissfieber durch verursacht werden kann Streptobacillus moniliformis heilt schnell. Nach der Genesung können unspezifische Symptome wie Schüttelfrost, Fieber, Erbrechen, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen bis zu drei Wochen anhalten. Einige Tage später traten Ausschläge an Händen und Füßen auf. Ohne Antibiotikabehandlung können diese Symptome Wochen oder sogar Monate anhalten. Die Entwicklung einer infektiösen Endokarditis stellt ein großes Risiko dar. Rattenbissfieber ist selten, kann jedoch tödlich sein.

Ein Fall von Rattenbissfieber verursacht durch Streptobacillus moniliformis wurde vor einigen Jahren auch von Dr. Till Kämmerer berichtet (Ludwig-Maximilians-Universität München) und Kollegen. In diesem Fall handelte es sich um eine Frau, die Kontakt zu Ratten und damit auch zu Rattenkot und -urin hatte. Den Autoren zufolge wies die Patientin schmerzhafte hämorrhagische Pusteln und livide Läsionen an Händen und Füßen auf. Sie hätte Fieber und wandernde Polyarthralgie entwickelt. Streptobacillus moniliformis wäre in blutbasierten Kulturen gewachsen.

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