Ein „beängstigender“ Anstieg der Lungenkrebsfälle

Ein „beängstigender“ Anstieg der Lungenkrebsfälle
Ein „beängstigender“ Anstieg der Lungenkrebsfälle
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Herr Dr. Christian Frantz, inwieweit kann man die Lungengesundheit ein Leben lang aufrechterhalten?

Viele haben es satt, es zu hören, aber es bleibt wahr: Die wichtigste Möglichkeit, die Lungengesundheit zu erhalten, besteht darin, nicht zu rauchen. Daten der Krebsstiftung zeigen, dass in Luxemburg fast ein Drittel der Bevölkerung raucht, wobei dieser Trend bei jüngeren Menschen noch ausgeprägter ist. Trotz der Bemühungen zur Bekämpfung des Rauchens bleibt die Zahl der Raucher hoch, insbesondere aufgrund der niedrigen Tabakpreise. In internationalen Vergleichen wie der Tobacco Control Scale liegt Luxemburg bei den Tabakpreisen auf dem letzten Platz, zusammen mit Russland: Das ist sehr frustrierend.

In meiner Praxis und in der Klinik beobachte ich einen erschreckenden Anstieg der Lungenkrebsfälle, das macht mir große Sorgen. Früher hatten wir ein bis zwei neue Patienten pro Monat, jetzt sind es ein bis zwei pro Woche. Leider gibt es zu dieser Krebsart keine offiziellen Zahlen, da das Register seit 2013 nicht mehr aktualisiert wurde.

Wenn Lungenkrebs Metastasen bildet und sich auf andere Organe ausbreitet, ist eine Heilung praktisch unmöglich. Die meisten Betroffenen sterben innerhalb von fünf Jahren. Daher wird empfohlen, Hochrisikopatienten, also starke Raucher, jedes Jahr einer Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen. Wird Lungenkrebs frühzeitig erkannt, sind die Heilungschancen deutlich besser.

Seit Jahren beobachten wir eine Zunahme asthmatischer Erkrankungen.

Dr. Christian Frantz

Pneumologe Frantz im Lungenuntersuchungsraum der Zithaklinik: Lungenkrebs ist heilbar, wenn er rechtzeitig erkannt wird. © FOTO: Anouk Antony

Warum reden wir nicht viel über die Lunge?

Die Lunge ist ein unterschätztes Organ und die breite Öffentlichkeit spricht selten über sie. Ein Grund dafür könnte sein, dass die „Lungenlobby“ nicht sehr groß ist, da es weltweit relativ wenige Pneumologen gibt. Allerdings ist dieses Organ die wichtigste Schnittstelle zwischen Körper und Umwelt. Der Austausch, der dort stattfindet, ist enorm. Pro Minute atmen wir 30 bis 40 Liter Luft über die Lunge ein und aus. Das bedeutet aber auch, dass Viren, Bakterien oder Feinstaub direkt von der Lunge aufgenommen werden.

Auf den Terrassen von Cafés und Restaurants sowie in weiten Teilen rund um Schulen soll das Rauchen verboten werden.

Dr. Christian Frantz

Ist ein vollständiges Tabakverbot eine gute Lösung?

Seit Jahren beobachten wir eine Zunahme asthmatischer Erkrankungen. Mittlerweile ist durch Studien belegt, dass diese Atemwegsbeschwerden durch Luftverschmutzung durch den motorisierten Verkehr und durch Schadstoffe wie Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) ausgelöst werden können. Auch das passive Einatmen von Zigarettenrauch kann das Asthmarisiko erhöhen, insbesondere bei Kindern. Jedes Mal, wenn ich Eltern sehe, die neben ihren Kindern rauchen, stellen sich mir die Haare auf, diese Gefahrenquelle ist absolut vermeidbar.

Ein totales Tabakverbot ist keine richtige Lösung. Aber der Nichtraucherschutz muss gestärkt werden. Meiner Meinung nach sollte das Rauchen auf den Terrassen von Cafés und Restaurants sowie in weiten Teilen rund um Schulen verboten werden. Initiativen wie „Tabakfreie Generation“ und „Tabakfreie Kommune“ weisen den Weg in die Zukunft.

Neben der Raucherentwöhnung ist auch die Vorbeugung von Infektionen, insbesondere durch Impfungen, sehr wichtig. Letzten Winter hatten wir extrem viele Lungenentzündungen. Die Ursachen sind noch nicht ganz klar. Covid-19 hat uns möglicherweise anfälliger gemacht. In jedem Fall ist eine Lungenentzündung keine Kleinigkeit, das Organ wird geschädigt. Die meisten Patienten erholen sich, einige jedoch nicht. Das haben wir auch beim Coronavirus gesehen: Eine schwere Erkrankung kann mit einer chronischen Fibrose, also einer starken Vernarbung des Lungengewebes, einhergehen. Es ist unmöglich, es loszuwerden.

Eine leistungsstarke Atemmaschine: Die Lunge verteilt Sauerstoff im ganzen Körper. © FOTO: Anouk Antony

Ein weiterer Faktor, der die Lungengesundheit positiv beeinflussen kann, ist körperliche Bewegung.

Christian Frantz

Ist körperliche Aktivität für die Erhaltung einer gesunden Lunge unerlässlich?

Ein weiterer Faktor, der die Lungengesundheit positiv beeinflussen kann, ist körperliche Bewegung. Bei manchen Menschen funktioniert das gesamte Herz-Lungen-System, also das Zusammenspiel von Herz und Lunge, nicht mehr richtig. Das liegt vor allem daran, dass sie sich zu wenig bewegen. Darüber hinaus sitzen viele von uns den ganzen Tag in geschlossenen Räumen. Allerdings benötigt die Lunge so oft wie möglich frische Luft.

Auch wenn der Tabakkonsum und die Zahl der Lungenkrebserkrankungen eines Tages drastisch sinken würden, mangelt es uns Lungenärzten nicht an Arbeit. Ein großes Problem bleiben weiterhin Infektionskrankheiten, die meist in der Lunge beginnen. Seit der Gesundheitskrise hat sich alles wieder normalisiert, aber ich würde trotzdem jedem, der sich erkältet, raten, eine Maske zu tragen. Schließlich sind wir Herdenmenschen, und wenn wir die Herde krank machen, leiden wir selbst.

Infos zu Christian Frantz

Dr. Christian Frantz, 46, ist seit 2022 klinischer Leiter der Pneumologie an den Robert-Schuman-Krankenhäusern (HRS). Er ist außerdem Dozent an der Universität Luxemburg und Mitglied des Vorstands der Krebsstiftung. Um in Form zu bleiben und seiner eigenen Lunge etwas Gutes zu tun, übt Frantz jeden Tag Rennradfahren. Im Juni wird der Luxemburger an der Rad-Weltmeisterschaft der Ärzte teilnehmen.

Während der Covid-19-Pandemie war der Pneumologe an vorderster Front für die Betreuung schwerkranker Patienten zuständig. Frantz erinnert sich besonders an die „enorme Solidarität“ des Krankenhauspersonals während der verschiedenen Infektionswellen. Doch diese Gesundheitskrise machte dem Mediziner auch bewusst, wie sehr das nationale Gesundheitssystem auf qualifiziertes Personal aus den Nachbarländern angewiesen ist. „Hier muss ein Mentalitätswandel stattfinden. Wir müssen hier im Land mehr Ärzte und Gesundheitspersonal ausbilden und den Wert der klinischen Arbeit im Allgemeinen verbessern.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf der Website von Luxemburger Wort.

Adaption: Sandra Lochon

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