– Als die Berner Krake trifft, rastet Fribourgs Goalie aus
Der SCB bezwingt den Rivalen im Zähringer Derby deutlich. Die neue Berner Top-Linie belohnt sich mit gleich fünf Toren.
Publiziert: 04.10.2024, 22:06
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Er soll einfach weiterspielen, wie bislang, dann würden die Resultate folgen. Dies sagte Jussi Tapola vor einer Woche über seinen im Abschluss glücklosen Stürmer Victor Ejdsell. Der Schwede hatte in der noch jungen Saison bislang so viele kleine Dinge richtig gemacht: im Forechecking Puck um Puck erobert, Mitspieler bedient, sich selber in Schussposition gebracht. Doch die persönliche Bilanz Ejdsells lautete nach sieben Spielen: null Tore.
«Früher, als junger Spieler, hätte mich dies frustriert», sagt er nun nach dem Spiel gegen Fribourg. «Ich habe aber gelernt, dass du nichts erzwingen kannst. Tue ich gute Dinge, werde ich irgendwann das Glück auf meiner Seite haben. So funktioniert Skoren grundsätzlich.»
Und nun, ausgerechnet im Zähringer Derby gegen Gottéron, geht der Knopf bei Ejdsell auf. Und wie.
Es beginnt mit dem zweiten Assist beim 2:0, einer typischen Ejdsell-Aktion: Erfolgreiches Forechecking mit dem langen Stock, der direkte Pass zu Austin Czarnik, dessen Schuss zur Vorlage für Torschütze Marco Lehmann wird. «Dieser Play beschreibt meine grösste Stärke», sagt Ejdsell.
Er ist 1,95 Meter gross, hat lange Arme und natürlich einen langen Stock («Aber einen vergleichsweise nicht sehr langen, das mag ich nicht!»): Ejdsell ist Berns neue Forechecking-Krake. Und so natürlich diese Aktionen angesichts seiner Physis sein mögen, so sind sie für ihn nicht die natürlichste Sache der Welt.
«Ich habe erst in den letzten rund fünf Jahren gelernt, dass ich auf diese Weise dem Team am meisten helfen kann», sagt Ejdsell. «Natürlich sehen die Fans lieber harte Checks. Aber ich frage: Wollen wir gewinnen oder hart checken? Ich gewinne lieber …»
Im letzten Drittel sorgt Ejdsell für die Siegsicherung, es gelingen ihm innert 27 Sekunden seine ersten beiden Treffer zum 4:1 und 5:1. Nach Letzterem rastet Reto Berra im Gottéron-Tor aus. Zunächst haut er seinen Stock am Torpfosten kurz und klein, danach verlässt er mit klaren Handzeichen der Frustration und Resignation sein Tor freiwillig: Habe fertig!
Czarnik und Lehmann mit je 4 Punkten
Es ist der grosse Abend der Czarnik-Linie, die insgesamt fünf Treffer erzielt. Dem Amerikaner (0 Tore/4 Assists) und Lehmann (2/2) gelingen gar 4-Punkte-Abende. Lehmann ist mit bereits sieben Toren die Nummer 1 der Liga, Czarnik führt die Skorerliste mit 13 Punkten in sieben Einsätzen an.
Diese Linie bildete Tapola erst vor einer Woche neu, ihre «Explosion» bahnte sich schon früh an, auch wenn sie sich zunächst nicht dem Spielgeschehen entsprechend mit Toren belohnen konnte: Stand das Trio auf dem Eis, dominierte es gemäss Liga-Analytics bislang mit 83 Prozent der Torgefahr. Gegen Gottéron kam Ejdsell auf gar 89 Prozent – vollkommen verrückte Zahlen.
«Austin ist unglaublich smart, ich versuche mit meiner Grösse die Zweikämpfe zu gewinnen, und Lehmann hat den Speed, die Vision und den Schuss – da kommen einige Elemente zusammen», erklärt Ejdsell das Erfolgsrezept. «Das Potenzial für eine Toplinie ist vorhanden.»
Und Ejdsell ist noch in der für aus der SHL in die National League gewechselten Spieler so typischen Findungsphase: «In Schweden lernst du von klein auf, kontrolliert zu spielen. Hier in der Schweiz ist das Spiel so viel unberechenbarer.» Dies war seine erste Lektion in der NL: «Du musst mit deinen Gedanken viel schneller sein, du musst viel mehr auf deine Instinkte vertrauen und ständig für alles Mögliche bereit sein.» Es sei Eishockey, das grossen Spass mache, sagt Ejdsell.
Simon Mosers Retro-Moment
Das Spiel endet, so wie es Ejdsell beschreibt: wild. Nach Berras Flucht verkürzt Gottéron mit zwei späten Treffern auf 5:3, Waltteri Merelä sorgt mit dem Empty Netter zum 6:3 fürs Schlussresultat. Bern ist in der sehr engen Tabelle nun Dritter mit nur einem Punkt Rückstand auf den neuen Leader Rapperswil-Jona.
Rückblickend ist es auch ein Spiel, bei dem die Frage nach dem Unterschied zwischen Verunsicherung und Selbstvertrauen beantwortet wird. Gottéron, nun Zweitletzter und von eklatanten Abschlussschwächen geplagt, kommt schon früh zu Top-Chancen. Doch Adam Reideborn, zuletzt in zwei Spielen unbezwungen, stoppt sowohl zwei Mal Julien Sprunger als auch Marcus Sörensen mirakulös.
Dazwischen nützt Simon Moser die erste Berner Chance zu seinem ersten Saisontor, und der frühere SCB-Captain sorgt für einen kurzen Retro-Moment. Zunächst gewinnt er im Forechecking mehrere Duelle um den Puck, findet Verteidiger Louis Füllemann an der blauen Linie und verwertet den Abpraller zum 1:0 – es sind Aktionen wie zu den besten Zeiten des mittlerweile 35-jährigen Moser.
Selbstvertrauen hier, Verunsicherung da. Und rückblickend der Anfang vom Ende Gottérons in diesem Spiel.
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