Aber wer in diesen Tagen mit führenden Republikanern spricht, mit Leuten, die Donald Trump (78) kennen, spürt: Es ist (wieder) Nervosität ausgebrochen, ob es wirklich reichen kann. Oder ob Kamala Harris (60) im Endspurt entscheidend zulegt.
Auch bei Trump selbst, der immer auch Schauspieler ist, kann man das erkennen.
Trump wirkt bei seinem dritten Auftritt des Tages fahrig
Ich habe Trump zum letzten Mal live beim Republikaner-Parteitag in Milwaukee im Juli gesehen. Er wirkte nach dem gescheiterten Attentat auf ihn maximal gestärkt, hielt eine Rede mit Spannungsbogen, seine Anhänger feierten ihn euphorisch, der Wahlsieg schien nur Formsache.
In Greensboro, einer 300 000 Einwohner-Stadt in North Carolina, einem umkämpften Swing State, sehe ich am Samstagabend Trump wieder live. Seine Anhänger feiern ihn, brüllen „Let‘s go“ in der Halle, peitschen ihn nach vorn.
Trump, der zwei Stunden zu spät kommt, wirkt bei seinem dritten Auftritt des Tages fahrig, springt von Thema zu Thema, hält keinen Spannungsbogen, wechselt von Migranten, die Kinder ermorden würden, zu seinen angeblichen wirtschaftlichen Erfolgen, der „schrecklichen Kamala“ und wieder zurück.
Trump betont immer wieder, dass er in allen Wahlumfragen weit vorn liegt und alle Institute, die anderes sagen, falschliegen. „Wir liegen ganz weit vorn!“, sagt er.
Und führt fort: „Aber wenn man mit großem Vorsprung gewinnt, kann man immer noch ein wenig verlieren.“
„Es darf nie mehr passieren, was 2020 passiert ist“
Heißt also: So ganz sicher wie er tut ist sich Trump doch nicht. Er peitscht seine Anhänger auch an diesem Abend damit auf, dass sie „betrogen“ werden könnten. „Es darf nie mehr passieren, was 2020 passiert ist“, sagt Trump.
Es sind Sätze, die aufhorchen lassen und nicht zu der sicheren Sieges-Erzählung passen, die Trump und seine Anhänger insbesondere in den sozialen Medien vertreten.
► Lag Trump im Oktober in vielen Umfragen erstaunlich weit vorn, ist der Abstand nun wieder etwas geringer geworden, in einzelnen Staaten wie Iowa führt mittlerweile sogar überraschend Harris.
Zwar liegt Trump insgesamt betrachtet weiter vorn, aber es ist extrem knapp. Mehr unentschlossene Wähler haben sich laut Umfragen zuletzt Richtung Harris gedreht.
„Für uns ist es entscheidend, dass in den umkämpften Staaten junge Männer zur Wahl gehen“, sagt ein ranghoher Republikaner zu BILD, „passiert das nicht, wird es sehr, sehr eng.“
Jüngste Umfragezahlen werden im Trump-Lager als „Propaganda“ abgetan
Die Demokraten setzen darauf, dass ihre Strategie, besonders Frauen anzusprechen, aufgehen könnte. Sie seien offener für Harris und gleichzeitig einfacher zu überzeugen, auch wirklich zur Wahl zu gehen, heißt es.
Im Trump-Lager werden offiziell die jüngsten Umfragezahlen als „Propaganda“ abgetan, Trump schimpft auch am Samstagabend über „Fake News Media“, „corrupt media“ und „terrible Journalists“. Aber auch den Republikanern ist intern bewusst: Es ist völlig offen, ob die Umfragen dieses Mal sehr genau sind, die Demokraten besser sehen als sie am Ende sind, oder aber gar die Republikaner besser bewerten als das Endergebnis hergibt. Alles ist in den vergangenen Jahren schon passiert.
„Es ist, Stand jetzt, ein offenes Rennen“, sagt der ranghohe Vertreter der Republikaner zu BILD, „aber wenn wir die aktuellen Wirtschaftsdaten sehen, muss uns das in den letzten Tagen eigentlich noch einmal Aufwind geben.“
Tatsächlich sind die jüngsten Job-Daten schlecht für die Demokraten. Trump setzt deshalb bei seinem Wahlkampfauftritt auf genau das: Er behauptet, mit ihm als Präsident werde die Wirtschaft wieder blühen, die Migration knallhart gestoppt und international Kriege beendet.
Aber reicht das, um die Wahl zu gewinnen? Wer mit Anhängern in Greensboro spricht, bekommt darauf fast immer die gleiche Antwort. Nate aus Texas sagt nach Trumps Auftritt: „Ich bin sicher, dass wir vorn liegen. Wenn nicht, dann haben sie uns betrogen.“
Die Propaganda von möglicherweise „gefälschten Umfragen“ verfängt schon jetzt. Und viele fragen sich, was das für die Tage NACH der Wahl am Dienstag bedeuten könnte, wenn es für Trump doch keinen Sieg, sondern eine Enttäuschung geben sollte.