„Seeland“-Krimi: Warum Tatort-Star Eva Mattes gern am Bodensee dreht

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Frau Kaya, sind Sie jemand, der gern Krimis schaut?

Ich bin so jemand geworden. (lacht) Als ich die Zusage für die Rolle in „Seeland“ hatte, dachte ich: Jetzt muss ich mich mit dem Thema mal ein bisschen auseinandersetzen. Und ich habe festgestellt, dass ich Krimis total spannend finde.

Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Fernsehkrimi aus?

Ein gutes Drehbuch und ein spannender Fall, aber auch gute Kameraführung und Bildgestaltung und eine gute Regie – und natürlich das Schauspiel-Team.

Zur PersonTraumrock (36) studierte in der Türkei Schauspiel, übernahm Rollen in -Produktionen und stand auf der Theaterbühnen. 2013 ging sie nach Deutschland. Ihre erste Hauptrolle im deutschen hatte sie 2022 in „Seeland – Ein Krimi vom Bodensee“. Den zweiten Film der SWR-Reihe, „Dämonen“, zeigt die ARD am 14. November 2024 um 20.15 Uhr. Kaya spielt darin Kriminalhauptkommissarin Elena Barin, die ebenso wie sie eine transidente Geschichte hat. Die Schauspielerin lebt in Berlin.

Vor fast zwei Jahren waren Sie zum ersten Mal als Elena Barin in „Seeland“ zu sehen. Was ist das Besondere an der Reihe?

Wir haben im deutschen Fernsehen zum allerersten Mal eine Kommissarin wie Elena, ich glaube, sie ist sogar weltweit die Erste. Ihre Transidentität macht sie einzigartig. Sie ist unglaublich ruhig und geht psychologisch an ihre Fälle ran, sie beobachtet extrem viel. Das unterscheidet sie von anderen Kommissarinnen. Der Bodensee spielt natürlich auch eine große Rolle bei uns. Und unser Regisseur Holger Haase und unsere Kamerafrau Lena Krause versuchen, unsere Geschichten mit einer neuen, spannenden Bildsprache zu erzählen.

Elena ist eine strenge Chefin, die vor allem ihren Kollegen Achim Schatz, gespielt von Julian Bayer, immer mal wieder daran erinnern muss, dass sie das Sagen hat. Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit Julian Bayer?

Unter uns ist die Arbeit ganz anders als zwischen Elena und Achim. (lacht) Das gilt für das Ermittlerteam, also auch Aliki Hirsch und Florian Kleine. Wir mögen uns sehr, wir unterstützen uns gegenseitig, das ist sehr kollegial. Überhaupt ist das ganze Team sehr freundlich, obwohl beim zweiten Mal sehr viele neue Gesichter dabei waren.

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Achim Schatz (Julian Bayer) tut sich noch schwer, Elena Barins (Hayal Kaya) Anweisungen zu folgen.
| Bild: SWR/Polyphon Film/Rudolf Wernicke

Konnten Sie die Figur Elena mitgestalten?

Ja, klar, die langen Gespräche mit Regisseur Holger Haase und die Arbeit mit meinem Schauspielcoach Bettina Lohmeyer haben es mir erleichtert, die Rolle zu gestalten. Auch wenn Elena und ich Ähnlichkeiten haben, hat sie ein eigenes Leben. Und dieses Leben zu verstehen, zu gestalten und zu erzählen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Finden Sie Elena sympathisch?

Ja, aber ich glaube, man muss sie erst ein bisschen kennenlernen. Sie ist keine Frau, die man sofort sympathisch findet. Man muss ihr Zeit lassen, dann ist sie sehr lieb und freundlich und auch kollegial und korrekt.

Was verbindet Sie beide am meisten?

Ich muss sagen, ich bin nicht so ruhig wie Elena, ich bin eher Feuer und Flamme. (lacht) Ich bin ein emotionaler Mensch, ich erzähle viel, lache viel und gerne. Aber die Ruhe zu bewahren und Menschen erst mal zu beobachten, das haben wir gemeinsam. Ich interessiere mich sehr für Psychologie und ich beobachte unheimlich gerne Menschen. Und wie Elena lasse ich mir Zeit und lasse eher Taten sprechen statt Worte.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfahren haben, dass „Seeland“ weitergeht?

Wir hatten alle gehofft, dass es weitergeht, und waren sehr gespannt. Am Abend der Ausstrahlung habe ich schon unheimlich viele Nachrichten bekommen, von meinen Freunden und der Familie, aber auch von Zuschauern. Am nächsten Tag, das weiß ich noch, habe ich geschaut, wie die Quoten sind, und genau in dem Moment hat unsere Produzentin Sabine Tettenborn angerufen … Wir waren sehr glücklich, dass wir gleich mit dem ersten Film so einen Erfolg hatten. Es war ein wunderschönes Gefühl.

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Elena Barin (Hayal Kaya) bei ihrem zweiten Einsatz am Bodensee.
| Bild: SWR/Polyphon Film/Rudolf Wernicke

Würden Sie sagen, eine Rolle in einer Krimi-Reihe ist ein Jackpot für eine Schauspielerin?

Ja und nein. Es gibt natürlich keine Garantie, wie lange es mit „Seeland“ weitergeht, deshalb würde ich die Rolle nicht als Jackpot bezeichnen. Aber es ist auf jeden Fall eine große Chance für mich und auch für die anderen, sich mal einem größeren Publikum zu zeigen. Sichtbarkeit ist wichtig für Schauspieler und Schauspielerinnen.

Nachdem Sie nun bereits zwei gedreht haben – beobachten Sie eine Entwicklung?

Am Set arbeiten unheimlich viele Menschen, damit alles professionell läuft. Es ist ein großes Team, ein wunderbares Team, das muss ich sagen. Und klar, wir entwickeln uns alle weiter. Im zweiten Film sehen wir zum Beispiel zum ersten Mal die Kommissariat und wie Elena sich dort als Kommissarin verhält. Sie steht ja noch ganz am Anfang, sie möchte sowohl privat als auch beruflich ankommen. Sie hat ja die Stadt verlassen, in der sie jahrelang gearbeitet hat, jetzt möchte sie in Konstanz komplett neu anfangen. Wir sehen natürlich eine Entwicklung, aber da ist auch noch viel Luft nach oben.

type="image/webp">>Elena Barin (Hayal Kaya) in einer Szene aus dem ersten „Seeland“-Film, der 2022 in der ARD lief.>>

Elena Barin (Hayal Kaya) in einer Szene aus dem ersten „Seeland“-Film, der 2022 in der ARD lief.
| Bild: SWR/Polyphon Film/Maria Wiesler

Kannten Sie den Bodensee vor den Dreharbeiten?

Nein.

Wie lange waren Sie vor Ort?

Beim ersten Mal war ich fast einen Monat am Bodensee, dieses Mal war es anders, da habe ich leider nur eine Woche hier gedreht, in Konstanz und in Radolfzell. Die Gegend ist einfach fantastisch, ich bin wirklich gerne am Bodensee.

Viel gesehen haben Sie dann in der kurzen Zeit sicher nicht, oder?

Ich war in der Konstanzer Innenstadt, das muss ja sein. (lacht) Und ich war am Hafen und bin spazieren gegangen. Wir haben dieses Mal etwas außerhalb gewohnt, deshalb konnte ich die Umgebung ein bisschen entdecken.

Elena geht auch gern spazieren. Sie sagt, so könne man eine Stadt am besten kennenlernen.

Das stimmt. In einer fremden Stadt besuche ich die touristischen Orte, Kirchen zum Beispiel, Theater und Museen, aber ich möchte dort auch alle Gassen entdecken und Orte, an denen die Einheimischen sind. Egal wo ich bin, ich nehme mir auf jeden Fall die Zeit, um mich in der Stadt wirklich zu verlieren. Das gelingt mir sehr gut, weil ich kein Orientierungsgefühl habe. (lacht)

Gibt es etwas am Bodensee, das Sie sich beim nächsten Dreh unbedingt anschauen wollen?

Nein, aber ich bin für Vorschläge offen. Ich bekomme auch immer wieder Nachrichten von Zuschauern, die Vorschläge machen oder sogar anbieten, mir ein bisschen die Umgebung zu zeigen. Das finde ich ganz lieb.

Warum ist denn Ihrer Ansicht nach der Bodensee als Drehort so besonders?

Der Bodensee hat eine ganz besondere Schönheit. Und wenn man in Konstanz ist, hat man das Gefühl, dass man im Ausland ist. Das ist eine ganz eigene Welt, als ob man in Italien wäre oder in Südfrankreich. Die Stadt hat einen ganz eigenen Charakter.

type="image/webp">>Im März 2024 wurde für „Seeland“ am Konstanzer Hafen gedreht.>>

Im März 2024 wurde für „Seeland“ am Konstanzer Hafen gedreht.
| Bild: Timm Lechler

Elena ist ja die erste transidente Kommissarin im deutschen Fernsehen, in den Filmen spielt das aber keine große Rolle. Ist es trotzdem wichtig ist, dass es so eine Figur gibt?

Ich finde es ganz toll, wie wir das machen, dass es eben nicht vordergründig um ihre Transidentität geht, sondern dass wir eine Kommissarin erzählen wie jede andere. Es geht im Grunde genommen ja auch niemanden etwas an, das ist Elenas private Geschichte. Auf der anderen Seite ist es aber doch wichtig, darüber zu reden, weil es noch nicht selbstverständlich ist, dass wir so eine Figur erzählen.

Queere Menschen und insbesondere Transmenschen werden oft nicht so akzeptiert, wie es bei Elena der Fall ist. Aber wir sollten lernen, auf Augenhöhe zusammen zu leben, ohne dass sich jemand sich benachteiligt fühlt. Da in der Gesellschaft aber nicht alle Menschen auf Augenhöhe sind, ist es wichtig, dass wir darüber reden, damit es irgendwann selbstverständlich wird.

Finden Sie es wichtig, dass Sie als transidente Person diese Rolle spielen?

Natürlich ist es sehr wichtig, dass ich diese Rolle spiele. Es ist das erste Mal, dass eine solche Figur im deutschen Fernsehen auftaucht und von einer Schauspielerin gespielt wird, die nicht in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Es sorgt für eine gewisse Sichtbarkeit für beide Gruppen. Es stellt auch sicher, dass die Rolle auf die natürlichste, authentischste Weise gespielt wird, von jemandem, der sie am besten verstehen kann. Jahrelang wurden Transfrauen von männlichen Schauspielern in Frauenkleidern dargestellt, das muss ein Ende haben.

Elena ist sehr stylish unterwegs. Hat sie das von Ihnen?

Jein. Wenn ich privat unterwegs bin, dann schon stylish, würde ich sagen. Ich glaube, das Team hat sich davon ein bisschen inspirieren lassen. Trotzdem haben wir darauf geachtet, für Elena einen eigenen Stil zu finden. Nicht alles, was sie trägt, würde ich auch tragen.

Mal angenommen, es gibt auch einen dritten Film. Was wünschen Sie sich für Elena und für ihr Team?

Ich wünsche mir natürlich, dass wir weiterhin viele Menschen erreichen. Vor allem die, die vielleicht mit ihrer Identität hadern, oder Eltern, die nicht wissen, was mit ihrem Kind los ist. Ich hoffe, dass sie mich sehen und sagen: Wenn sie das geschafft hat, dann schaffe ich das auch. Das ist mein persönliches Ziel.

War das eigentlich der Grund, nach Deutschland zu gehen, dass Sie hier Sie selbst sein können?

Das hat auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Jeder Mensch möchte sich frei fühlen und sich frei bewegen können. Ankara ist meine Heimat, aber in Deutschland fühle ich zu Hause, hier fühle ich mich willkommen. Das ist wirklich ein Glück.

Konnten Sie schon Deutsch, bevor Sie 2013 hierher kamen?

Ich habe 2012 angefangen, Deutsch zu lernen. Ich bin mit A1, also dem Grundkurs, hergekommen. Dann kam A2 und B1, das habe zu Hause gelernt, dann B2 an der Volkshochschule und seitdem lerne ich allein weiter. Beim Drehen ist es manchmal schwer, es gibt schwierige Wörter und schwierige Sätze.

Wie lernen Sie Ihren Text?

In erster Linie geht es mir um die Situation in der jeweiligen Szene, damit ich sie richtig spielen kann. Der Text kommt zum Schluss. Aber ich fange sehr früh an zu lernen und lasse mich auch coachen, weil ich eben keine Muttersprachlerin bin. Und wenn ich beim Dreh Fragen habe, frage ich auch mal meine Kollegen, ob zum Beispiel die Betonung stimmt.

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Vor der Ausstrahlung von „Seeland“ waren Sie im Film „Ungeschminkt“ zu sehen. Bekommen Sie denn inzwischen mehr Angebote?

Ja, auf jeden Fall. Ich habe einige Angebote bekommen und mittlerweile in sieben Produktionen mitgewirkt. Und ich habe schon wieder neue Angebote.

Dürfen Sie schon mehr verraten?

Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich Zusagen für zwei Hauptrollen in internationalen Produktionen bekommen habe.

Für „Ungeschminkt“ standen Sie unter anderem mit Eva Mattes vor der Kamera. Sie hat früher als Tatort-Kommissarin in Konstanz ermittelt. Haben Sie sich ausgetauscht?

Wir haben über die Zeit geredet. Beim Mittagessen saßen wir uns gegenüber und haben darüber gesprochen, wie es ist, am Bodensee zu drehen. Das war schon ein besonderer Moment. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich mit solchen Leuten arbeiten darf.

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