Hermes Phettberg, bürgerlich Josef Fenz, galt als vielseitiger Aktionskünstler, der oft den Finger in die Wunde legte. Einem breiten Publikum wurde er Mitte der Neunziger bekannt, als er seine „Nette Leit Show“ im ORF moderierte. Mit dem TV-Format etablierte sich Phettberg österreichweit als Kultfigur. Insgesamt wurden davon 19 Folgen ausgestrahlt. In der Sendung begrüßte er etwa Astrologin Gerda Rogers, Kabarettist Josef Hader oder den Fußballspieler und -trainer Didi Constantini, der in der Nacht auf Mittwoch ebenfalls verstarb. Gemeinsam mit Kurt Palm gab er 1996 das Buch „Frucade oder Eierlikör“ mit Interviews und Monologen aus der Show heraus.
In der Theatergruppe „Sparverein Die Unz-Ertrennlichen“ rund um Kurt Palm spielte er ab Anfang der 90er-Jahre verschiedene Rollen. seit 1992 schrieb Phettberg seine wöchentliche „Falter“-Kolumne. Eine Sammlung der „Falter“-Kolumnen erschien als Faksimile der Typoskripte unter dem Titel „Hundert Hennen. Katechesen 1992 – 2003“. 2003 und 2004 strahlte ATV die Sendung „Beichtphater Phettberg“ aus.
Öffentliche Fesselungsaktion
Phettberg erhielt 1993 den Franz-Grillparzer-Preis der „Anonymen Aktionisten“ und 2002 den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) nannte Phettberg einen „radikalen und subjektiven Beobachter des Wiener Alltagslebens“, mit seiner „Nette Leit Show“ habe er Kulturgeschichte geschrieben. 2007 widmete ihm sein alter Freund und Entdecker Kurt Palm den Dokumentarfilm „Hermes Phettberg, Elender“, in dem die beiden das Leben der einstigen bunten Wiener Szenefigur im Zwiegespräch Revue passieren lassen.
Mit „Garten der Lüste“, einer öffentlichen Fesselungsaktion im Rahmen der „Wienwoche“ sorgte er 2012 für Aufregung, im selben Jahr erschien im Sensationsverlag das Künstlerbuch „Alles Erschreckliche! Ausgewählte Texte“. Als im Sommer 2013 die mit dem Max-Ophüls-Preis 2012 ausgezeichnete Schwarz-Weiß-Doku „Der Papst ist kein Jeansboy“ von Sobo Swobodnik über Phettbergs Alltag im Wiener Stadtkino an 28 Abenden gezeigt wurde, wohnte der Protagonist trotz Gehbehinderung jeder einzelnen Vorführung bei.
Aus den Einträgen in sein „Gestionsprotokoll“ jener Zeit machte Walter Fröhlich eine Graphic Novel: 2015 erschien „Blue Jeans. Der Phettberg-Comic“ abseits des Buchmarktes, finanziert durch eine Crowdfundingaktion. Ebenfalls 2015 spielte Phettberg in dem Spielfilm „A Perception“ des deutschen Regisseurs Daniel Pfander mit.
Nach mehreren Schlaganfällen lebte Phettberg, der sich selbst als „Elender“ bezeichnete, zurückgezogen. Auch im Alltag brauchte er Hilfe, aufgrund der Beeinträchtigung von Feinmotorik und Sprachvermögen selbst beim Schreiben.
Phettberg kämpfte mit gesundheitlichen Problemen – das Bild stammt aus dem Jahr 2015.
© APA / Georg Hochmuth
In den vergangenen Jahren war er dennoch popkulturell durchaus präsent, wurde Phettberg doch von jungen Musikacts wie Drangsal, Fäulnis oder Nancy Transit für Musikvideos engagiert. „Junge Bands scheinen mich zu mögen“, wunderte er sich zu dieser Zeit.
Kogler: „Leidend und dennoch voller Humor“
„Leb wohl“
„Leb wohl lieber Freund“, schrieb sein Pfleger Hannes Moser am Mittwochabend auf Facebook.