Eineinhalb Jahre lang hat eine Kommission die Vorgänge rund um die Fusion der Credit Suisse mit der UBS untersucht. Am Freitagmorgen stellt sie die Ergebnisse vor.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) präsentiert an einer Pressekonferenz den Bericht zur Übernahme der Credit Suisse.
- Der Bericht zeigt auf 569 Seiten im Detail, wie die Notfusion der CS mit der UBS zustande kam und liefert Erkenntnisse zum Verhalten der zentralen Akteure. Im Fokus des Berichts stehen das Finanzdepartement (EFD), die Nationalbank (SNB) und die Finanzmarktaufsicht (Finma). Zum Bericht
- Am stärksten kritisiert wird in dem Bericht das Finanzdepartement unter der Führung des ehemaligen Bundesrats Ueli Maurer. Er hat die Bereitstellung von Liquiditätshilfen verschleppt, die Banken im Krisenfall stabilisieren sollen. Er schlug dem Bundesrat die Einführung dieses Instruments erst im Jahr 2022 vor, als die CS schon kurz vor dem Ende war.
- Daneben wird in dem Bericht die Finma-Präsidentin Marlene Amstad kritisiert. Die Finma habe vor der akuten Krise zwar viel unternommen, in den entscheidenden Fragen aber wenig erreicht.
- Der Bericht zeigt weiter, wie knapp die Notfusion mit der UBS am Ende zustande kam. Die CS feilschte bis zur letzten Minuten mit der UBS um die Konditionen der Übernahme. Die Rede ist von einem «Pokerspiel».
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11.55 Uhr: Wie lief die Kommunikation zwischen CS und Finma?
Der Grünliberale-Nationalrat Beat Flach antwortet auf die Frage, ob die Finma ihre Aufsichtstätigkeit bei der Credit Suisse genügend erfüllt habe. Die PUK kommt zum Schluss, dass die Finma nicht stark genug interveniert hat, sagt er.
Die Präsidentin der Kommission, Isabelle Chassot, sagt weiter, sie teile die Behauptung eines Journalisten, der Finma könne «eklatantes Versagen» vorgeworfen werden, nicht. Aber die Finma habe sich aus Sicht der PUK nicht genügend gegen die CS durchsetzen können.
11.34 Uhr: Was war der Plan B des Bundesrats?
Ein Journalist fragte, welche Punkte die PUK in dem Bericht nicht klären konnte. Die Vizepräsidentin Franziska Ryser sagte, der Kommission sei nicht klar geworden, welchen Plan B der Bundesrat verfolgt hätte, wenn die Notfusion der CS mit der UBS nicht zustande gekommen wäre.
Aus Sicht der PUK hätte die Übernahme der Credit Suisse durch eine ausländische Bank eine weitere, längerfristige Option darstellen können. Dies wäre hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen in der Schweiz eine gute Option gewesen, sagt die Vizepräsidentin der Kommission, Franziska Ryser.
11.23 Uhr: War Maurer der «Hauptschuldige»?
Ein Journalist fragt, ob man Ueli Maurer als Hauptschuldigen bezeichnen könne. Isabelle Chassot sagt, es sei nicht die Aufgabe der PUK, auf persönlicher Ebene nach Schuldigen zu suchen. Auch Rücktrittsforderungen werde die Kommission keine stellen. Darüber hinaus zeige der PUK-Bericht auf, dass die Hauptverantwortung beim Management der CS liegt, sagt Chassot.
11.10 Uhr: PUK spricht 20 Handlungsempfehlungen aus
Ryser geht auf einige der 20 Handlungsempfehlungen ein, die die PUK verlangt. Zunächst soll der Zielkonflikt in der «Too-Big-To-Fail»-Gesetzgebung geklärt werden. Der Bundesrat müsse anschliessend die Gesetzgebung weiterentwickeln und das Risiko für die Steuerzahler einbeziehen. Ausserdem sollten systemrelevante Banken einem Vergütungssystem folgen, das keine falschen Anreize setze.
11.06 Uhr: Ryser zu den letzten Tagen der CS
Die Grünen-Nationalrätin und Vizepräsidentin der Kommission, Franziska Ryser, äussert sich zur Akutkrise des Endes der Credit Suisse. Diese begann am 15. März 2023. Das Ziel sei gewesen, die CS bis zum Wochenende zu retten, sagt Ryser. Die Verhandlungspositionen hätten sehr weit auseinandergelegen. Das EFD und die Nationalbank hätten in diesen Tagen eine sehr aktive Rolle gespielt. Sie hätten als Vermittler zwischen den beiden Banken agiert. Die PUK stellt fest, dass am Sonntag, 19. März, drei Optionen zur Verfügung standen: eine Übernahme, eine Fusion und eine temporäre Verstaatlichung der Credit Suisse.
Die PUK hält die gewählte Lösung der Übernahme angesichts der Umstände für rechtmässig, sagt Ryser.
10.51 Uhr: PUK kritisiert Ueli Maurer
Eine Früherkennung der Krise auf Stufe des Bundesrats habe nicht funktioniert, sagt der GLP-Nationalrat Beat Flach. Der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer wird in dem Bericht stark kritisiert. In den Jahren vor dem Ende der Credit Suisse habe Maurer es als Vorsteher des Finanzdepartements verpasst, seine Bundesratskollegen umfassend zum kritischen Zustand der Credit Suisse zu informieren, heisst es in dem Bericht. Maurer habe den Gesamtbundesrat ausschliesslich mündlich informiert und damit in Teilen seine gesetzliche Informationspflicht verletzt. Für die PUK sei es nicht nachvollziehbar, dass Maurer auf schriftliche Unterlagen verzichtet habe, sagte SP-Nationalrat Roger Nordmann.
Maurer wolle sich zunächst nicht zu der Kritik äussern, wie er der Nachrichtenagentur SDA am Freitag sagte. Er wolle den Bericht zuerst prüfen.
10.40 Uhr: Die Haupterkenntnisse des Berichts
Chassot sagt, die Kommission habe den Bericht einstimmig angenommen. Die Untersuchung bestätige, dass die Verantwortung für die Schieflage der CS der letzten Jahre bei der Geschäftsleitung der Bank liege. Gleichwohl machte die PUK auch Probleme bei den Behörden aus:
- Die gesetzlichen Rahmenbedingungen: Chassot spricht die «Too big to fail»-Regelung an. Die Regierung habe es verpasst, die Regeln für die Abwicklung von Grossbanken weiterzuentwickeln.
- Geschäftsführung der Behörden: Die Finma habe ihre Tätigkeit zwar intensiv, aber nicht immer effektiv durchgeführt, sagt Chassot. Ausserdem hätten das Finanzdepartement, die Nationalbank und die Finma nicht ausreichend miteinander kommuniziert.
«Axel, Klartext: Der Wert der Aktie der CS ist null»: Der PUK-Bericht dokumentiert die chaotische Zeit vor der Notübernahme der Credit Suisse
10.35 Uhr: 18 Monate Arbeit, 30 000 Dokumente
Chassot stellt die Mitglieder der Untersuchungskommission vor. Mit Ausnahme von FDP-Ständerat Andrea Caroni sind alle Mitglieder der Kommission anwesend. Die Arbeit der PUK habe 18 Monate gedauert. Die Kommission hätte in dieser Zeit 30 000 Dokumente analysiert. Sie habe zudem 79 Anhörungen mit 62 Personen durchgeführt.
10.30 Uhr: Start der Pressekonferenz
Die Präsidentin der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), die Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot, präsentiert die Erkenntnisse zur Notfusion der Credit Suisse mit der UBS.
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Im März 2023 ging plötzlich alles sehr schnell. In nur fünf Tagen veranlassten Finma, SNB, die Führungsriegen von CS und UBS und der Bundesrat die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Es war das Ende der Credit Suisse.
Normalerweise regelt das Fusionsgesetz eine solche Übernahme. Die Fusion kommt nur zustande, wenn sich an den Generalversammlungen beider Unternehmen zwei Drittel der anwesenden Aktienstimmen dafür aussprechen. In jenem März aber verfügte der Bundesrat per Notverordnung, dass bei einer Fusion von systemrelevanten Banken kein Beschluss der Generalversammlungen nötig sei. Der bis dahin unvorstellbare Zusammenschluss der beiden Schweizer Grossbanken wurde Realität.
Einige Wochen später beschloss das Parlament, eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einzusetzen, um die Notübernahme der CS durch die UBS aufzuarbeiten. Am Freitag hat die PUK die Ergebnisse präsentiert.
Was hat die PUK untersucht?
Die PUK nahm im Juli 2023 die Arbeit auf. Die Aufgabe der Kommission ist es, die Rolle der Behörden zu untersuchen. Die Kommission hat dabei Ereignisse ab 2015 untersucht, als Tidjane Thiam noch Chef der Credit Suisse war.
Die Kommission sollte klären, ob die Behörden in diesem Zeitraum ihren Pflichten nachgekommen sind. Gegenstand der Untersuchung war demnach «die Geschäftsführung des Bundesrats, der Bundesverwaltung und anderer Träger von Aufgaben des Bundes im Zusammenhang mit der Fusion». Konkret geht es hier um die Zusammenarbeit von Finma, Nationalbank und dem Finanzministerium.
Der PUK stellten sich viele Fragen: Ist die Finma ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen? Hat der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer den Bundesrat rechtzeitig über die Schwierigkeiten der Credit Suisse informiert? Hätten die Behörden bereits im Herbst 2022, als mehr als 80 Milliarden Kundengelder aus der CS abflossen, eingreifen müssen?
Ein vollständiges Bild des CS-Untergangs wird allerdings auch die PUK nicht liefern können. So hat sie nicht untersucht, was intern bei der Credit Suisse geschah. Das liegt nicht in ihrer Kompetenz.
Wer ist Teil der PUK?
Das Parlament kann gemäss Gesetz eine parlamentarische Untersuchungskommission einsetzen, «wenn Vorkommnisse von grosser Tragweite der Klärung bedürfen». Eine solche Kommission gilt als stärkster Hebel des Parlaments, die Exekutive zu kontrollieren.
Die PUK besteht aus vierzehn Mitgliedern – sieben aus dem National- und sieben aus dem Ständerat. Teil der Kommission sind unter anderen der SP-Ständerat Daniel Jositsch und die Grüne-Nationalrätin Franziska Ryser. Die Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot ist die Präsidentin der Kommission.
Welche Personen stehen im Fokus der Untersuchung?
Es ist noch nicht bekannt, welche Akteure die PUK während der Untersuchung befragt hat. Die Kommissionspräsidentin Isabelle Chassot hat sich während der eineinhalb Jahre mit Informationen zur Arbeit der PUK stark zurückgehalten. Offiziell bekannt ist einzig, dass die Spitzen der bei der Notfusion involvierten Behörden befragt worden sind. Die Finma-Präsidentin Marlene Amstad etwa dürfte stark im Fokus der Untersuchungen stehen. Amstads Zukunft als Finma-Präsidentin hängt vom PUK-Bericht ab.
Die «Tamedia»-Zeitungen berichteten Ende August ausserdem von Geheimtreffen zwischen dem ehemaligen Finanzminister Ueli Maurer, dem ehemaligen Präsidenten der Nationalbank Thomas Jordan und Axel Lehmann, dem letzten Präsidenten der Credit Suisse.
Was ist von dem Bericht zu erwarten?
Die Aufgabe der PUK ist es, dem Parlament allfällige Verantwortlichkeiten und institutionelle Mängel zu melden. Ausserdem soll sie Massnahmen vorschlagen, um diese zu beheben. Was die PUK am Freitag genau präsentieren wird, ist aber unklar. Die Kommission unterliegt einer Schweigepflicht, der Inhalt des Berichts ist streng geheim.
Seit dem Ende der Credit Suisse diskutieren Politikerinnen und Politiker über eine Reform des «Too big to fail»-Regimes bei Grossbanken. Bundesrat und Parlament wollten allerdings die Veröffentlichung des PUK-Berichts abwarten, ehe sie den Reformprozess einleiten.