Kraft, der bereits beim Auftakt in Oberstdorf triumphiert hatte, fing seinen zur Halbzeit führenden Teamkollegen Hörl mit einem Sprung von 132,5 m am ausverkauften Bergisel ab. Mit einem Vorsprung von 1,4 Punkten feierte der 31-Jährige in Innsbruck seinen ersten Erfolg, insgesamt aber seinen 45. im Weltcup. Garmischer Sieger Tschofenig komplettierte mit 10,0 Punkten Rückstand auf Kraft erneut das rot-weiß-rote Podium.
„Das ist etwas ganz Besonderes, auf jeden Fall die Top Drei bei meinen Siegen“, strahlte Kraft im ORF-Interview nach seinem ersten Sieg in Innsbruck. Das Spitzentrio, das bereits nach dem ersten Durchgang in der Reihenfolge Hörl – Kraft – Tschofenig klar in Führung lag, ließ sich von dem Druck nicht beeindrucken. „Wir waren vor der Entscheidung entspannt. Wir können uns dort oben gegenseitig entlasten, deshalb sind wir im Moment etwas besser“, sagte der Sieger. Der knappe Vorsprung vor Vorjahressieger Hörl zeigt, dass alle auf Augenhöhe springen würden: „Spannender geht es nicht.“
Mit dem Erfolg in Innsbruck rückte Kraft seinem zweiten Triumph bei der Vierschanzentournee nach 2014/15 – dem letzten eines Österreichers – ein großes Stück näher. Der Salzburger übernahm in der Gesamtwertung die Führung vor Hörl und geht mit einem Vorsprung von 0,6 Punkten in das Finale am Montag in Bischofshofen. Auch Kraft sitzt Tschofenig auf dem dritten Platz im Nacken, nur 1,3 Punkte dahinter. Die Qualifikation zum Dreikönigswettbewerb ist am Sonntag ab 16.15 Uhr (Beginn 16.30 Uhr) live auf ORF1 zu sehen.
Diesmal nicht cool genug
Während Kraft sich die Pole-Position für den Gesamtsieg sicherte, tat sich Hörl mit seinem zweiten Sprung etwas schwer. „Ich habe versucht, cool zu bleiben. Es ist mir nicht ganz gelungen. Aber klar wird es, wenn die beiden vor einem einen hinlegen. Natürlich verstehst du das. Ich war nervös. Mein Sprung war nicht wie der erste. Aber es war absolut solide, mit dem zweiten bin ich super zufrieden“, sagte der Salzburger, der für seine 135,0 Meter im ersten Durchgang die Höchstpunktzahl von 20 von den kanadischen Wertungsrichtern erhielt.
Hörl musste sich nur knapp geschlagen geben
Der Halbzeitführende Jan Hörl sprang im Finale nur einen halben Meter kürzer als Kraft, verwischte seinen Sprung aber etwas und wurde knapp Zweiter.
Über die erneute Machtdemonstration freute sich Tschofenig besonders, der in Innsbruck mit dem dritten Platz seine Führung im Gesamtweltcup nicht nur verteidigte, sondern sogar noch etwas ausbaute. „Es ist absolut genial: Eins, zwei, drei in Innsbruck. Damit hat niemand gerechnet, jetzt sind wir richtig glücklich. Wir wissen, dass wir wirklich gut springen können. Auch wenn es nie klar ist, bin ich wirklich stolz auf das Team. Vor heimischem Publikum und vollem Haus zu gewinnen, ist gar nicht so einfach, aber jetzt ist es wunderbar“, sagte der Kärntner, der von Freunden und Familie unterstützt wurde.
Vorfreude auf den Showdown
Der Rückhalt der Fans wird in Bischofshofen erneut enorm sein – vor allem dank der Aussicht auf ein Ende der Österreich-Tournee-Dürre nach zehn Jahren. Auf jeden Fall versprach Hörl trotz der guten Stimmung in der Mannschaft einen Vollangriff auf den Spitzenreiter: „Es war wieder eine tolle Mannschaftsleistung, das tut uns gut“, sagte der 26-Jährige, „aber jeder ist für sich selbst verantwortlich.“ . Wir werden sehen, was am Ende passiert. Aber hoffentlich bekommt ein Österreicher den (goldenen, Anm.) Adler.“
Tschofenig zurück auf dem Podium
Nach seinem Sieg am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen schaffte es Weltcup-Spitzenreiter Daniel Tschofenig auch in Innsbruck auf das Podium.
Auch Tschofenig freute sich aufgrund der engen Ausgangslage auf den Showdown: „Unser Abstand ist abnormal. Ich kann mich nicht an eine Zeit erinnern, in der es so brutal knapp war. Jetzt wird es richtig, richtig spannend.“ Im Gesamtweltcup liegt der 22-Jährige nun 20 Punkte vor dem neuen Zweitplatzierten Hörl und 30 Punkte vor dem Deutschen Pius Paschke, der in Innsbruck Achter wurde. Kraft, der letztes Jahr in Bischofshofen gewann, liegt mit einem respektablen Vorsprung von 127 Punkten auf dem vierten Platz.
Cheftrainer Andreas Widhölzl sprach im ORF-Interview von einem weiteren „wahnsinnigen Tag“, nicht nur wegen des Dreifachsiegs, sondern auch, weil er im Trainerturm „extrem nervös“ gewesen sei. Auch der Tiroler, selbst Toursieger der Saison 1999/2000, blickte der letzten Station mit großer Vorfreude entgegen: „Es wird ein heißer Kampf. Entscheidend wird sicherlich die Tagesform sein und wer an diesem Tag die besten Nerven haben wird. Sie sind gut aufgestellt und wissen, dass die Schanze in Bischofshofen für jeden geeignet ist. Möge der bessere Mann gewinnen.“
AP/Matthias Schrader
ÖSV-Team schloss erneut stark ab
Apropos verrückter Tag: Auch die restlichen Österreicher waren erneut im Spitzenfeld. Maximilian Ortner schaffte als Siebter erneut den Sprung in die Top Ten. Markus Müller, der bei einer Landung auf 130,0 m im ersten Versuch nur knapp einem Sturz entging, verbesserte sich im zweiten Durchgang mit fehlerfreien 129,0 m vom 21. auf den elften Platz. Im Kielwasser des jungen Kärntners rückte Michael Hayböck in der Entscheidung vom 20. auf den zwölften Platz vor.
Routinier Manuel Fettner, der in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen nicht im Kader stand, wurde 16., Clemens Aigner wurde 30. und landete damit im zweiten Durchgang auf dem letzten Platz der Wertung. Keine Weltcuppunkte gab es für Stephan Embacher und Jonas Schuster. Die beiden Youngster blieben bei ihrem ersten Versuch im ausverkauften „Hexenkessel“ oberhalb von Innsbruck auf der Strecke. Insgesamt zehn Österreicher qualifizierten sich für den Hauptwettbewerb.