Ein Gespräch über Marco Odermatt, Simon Ehammer und Noè Ponti

Ein Gespräch über Marco Odermatt, Simon Ehammer und Noè Ponti
Ein Gespräch über Marco Odermatt, Simon Ehammer und Noè Ponti
-

„Marco Odermatt kann nicht den Anzug tragen, den er vor drei Jahren bei den Sport Awards trug“

Michael Schiendorfer ist Manager von fünf der zwölf Nominierten bei der Wahl zum Sportler des Jahres. Ein Gespräch über die lange Zusammenarbeit mit Marco Odermatt und die Schwierigkeit, den Schwimmer Noè Ponti einzukleiden.

Marco Odermatt wird 2023 zum dritten Mal zum Sportler des Jahres gekürt.

Bild: Keystone

Ski-Überflieger Marco Odermatt, Schwimm-Wunderkind Noè Ponti, Leichtathletik-Ass Simon Ehammer, Olympiasiegerin Chiara Leone (Schießen) und Weltklasse-Stabhochspringerin Angelica Moser. Allen gemeinsam ist, dass sie für die Wahl zum Sportler des Jahres nominiert sind.

Aber auch, dass sie den gleichen Manager haben, Michael Schiendorfer. Der 56-Jährige ist noch nicht sehr lange Sportmanager. Einst als Journalist tätig, war er später PR-Chef bei Novartis und Medienchef bei ABB, bevor er sich 2016 mit der Agentur Abrogans selbstständig machte.

Marco Odermatt am Ende der letzten Saison mit seiner satten Ausbeute von vier Kristallkugeln und seinem Manager Michael Schiendorfer.

Image: zvg

Fünf der zwölf Nominierten bei der Wahl zum Sportler des Jahres stammen aus Ihrem Stall. Sind Sie der heimliche Star der Sport Awards?

Michael Schiendorfer: Nein, definitiv nicht. Die Stars sind immer die Sportler. Wir sind Berater und Dienstleister.

Wie erklären Sie sich diese Fülle an Topstars? Was machen Sie besser als die Konkurrenz?

Ich versuche prozessorientiert zu arbeiten. Ob wir tatsächlich besser als die Konkurrenz sind, kann ich nicht beurteilen.

Was meinst du damit?

Wir legen gemeinsam Ziele fest, kommunizieren klar, wohin wir wollen und welche Werte uns in einer Zusammenarbeit wichtig sind. Wir versuchen, junge Menschen mit Herz und Verstand zu betreuen. Wir sind bestrebt, einen guten Austausch mit den Familien der Sportler und den Verbänden zu pflegen. Und natürlich spielt auch der Glücksfaktor eine Rolle. Mein erster Kunde war Joel Wicki (Hrsg. Schwingerkönig). Der zweite Marco Odermatt.

Scouting ist entscheidend, stimmst du zu?

Ja. Zunächst muss jemand sportliches Potenzial mitbringen. Mir ist aber auch sehr wichtig, welche Werte der Sportler vertritt. Zum Beispiel: Was versteht jemand unter hohem Engagement? Hat jemand den Mut, neue Wege zu gehen? Wenn jemand den konservativen Weg gehen will, sind wir die falsche Agentur. Die meiste Energie, die Sie als Berater verschwenden, ist, wenn Sie an den Punkt gelangen, an dem es nicht mehr funktioniert. Deshalb legen wir Wert auf eine langfristige Zusammenarbeit. Ich bin nicht an kurzfristigen Erfolgen interessiert.

Waren Sie einfach der erste Manager, der Odermatt vorgestellt hat?

Nein. Als ich Marcos Vater anrief, sagte er mir, dass ich nicht der Einzige sei. Er steht auch mit zwei anderen Agenturen in Kontakt. Aber ich habe sehr schnell einen Termin bekommen und wir haben beide gemerkt, dass es zwischen den Leuten gut geklappt hat. Wenn man zwei oder drei Galionsfiguren hat, hilft das in diesem Beruf.

Aber zu diesem Zeitpunkt hatte man keine Galionsfiguren unter Vertrag und kaum Erfahrung in dieser Branche.

Ja, ich erzählte Marcos Vater, dass ich gerade erst ins Sportmanagement eingestiegen sei und keine Erfahrung im Skifahren hätte. Wenn Sie ein guter Berater sein wollen, müssen Sie nicht unbedingt ein Experte in der Sportart sein. Wichtiger ist, dass man Menschen mag, sich für sie interessiert, sich in sie hineinversetzen kann und den Teamgeist pflegt.

Wenn Sie wie Sie einen Odermatt in Ihrem Portfolio haben, können Sie als Manager jeden Athleten bekommen.

Ich will nicht jeden Sportler. Ich will nur die, die zu uns passen. Sportler, die ein ähnliches Grundverständnis haben. Es war ein Privileg, Marco Odermatt acht Jahre lang betreuen zu dürfen. Marco ist eine Referenz. Deshalb erhalten wir fast täglich Bewerbungen

Die meisten Ihrer Kunden wurden von der Fritz-Gerber-Stiftung gefördert. Das dürfte für Sie kein Nachteil sein.

Das ist richtig. Aber wir haben eine gute Beziehung zur Stiftung aufgebaut. Die Athleten, die ich der Stiftung empfohlen habe, haben die Erwartungen erfüllt.

Sie haben also ein Vorzugsrecht auf Talente der Fritz-Gerber-Stiftung?

Nein, es ist umgekehrt. Wir stellen für unsere Sportler einen Antrag an die Stiftung. Sie in der Stiftung wissen jetzt, dass unsere Expertise etwas wert ist.

Sportpreise 2024

Die Nominierten

Sportler des Jahres: Simon Ehammer (Leichtathletik), Steve Guerdat (Reitsport), Dominic Lobalu (Leichtathletik), Roman Mityukov (Schwimmen), Marco Odermatt (Ski Alpin), Noè Ponti (Schwimmen).

Sportlerin des Jahres: Julie Derron (Triathlon), Mathilde Gremaud (Freestyle-Skifahren), Lara Gut-Behrami (Alpin-Skifahren), Mujinga Kambundji (Leichtathletik), Chiara Leone (Schießen), Angelica Moser (Leichtathletik).

Team des Jahres: Nina Brunner/Tanja Hüberli (Beachvolleyball), Herren-Nationalmannschaft (Eishockey), Herren-Nationalmannschaft (Fußball).

Paralympischer Athlet oder Paralympischer Athlet des Jahres: Catherine Debrunner (Rollstuhl-Leichtathletik), Marcel Hug (Rollstuhl-Leichtathletik), Flurina Rigling (Paracycling)

Trainer des Jahres: Christoph Dieckmann (beach volleyball), Patrick Fischer (ice hockey), Helmut Krug (alpine skiing).

MVP des Jahres: Kevin Fiala (Eishockey), Lara Heini (Unihockey), Alina Müller (Eishockey), Lia Wälti (Fußball), Granit Xhaka (Fußball), Manuel Zehnder (Handball).

Marco Odermatt wird am Sonntag voraussichtlich zum vierten Mal in Folge zum Sportler des Jahres gewählt.

Das wissen wir nicht. Er hat außergewöhnliche Leistungen erbracht. Das gilt aber beispielsweise auch für Noè Ponti mit seinen drei WM-Titeln. Aber klar: Marco ist ein Überflieger.

Gegen den Schwimmer Ponti spricht sein in der Schweiz wenig beliebter Sport. Oder anders ausgedrückt: Wäre Ponti Ungar, würde er dort zum Sportler des Jahres gewählt.

Das könnte so sein. Skifahren ist hier Nationalsport, Schwimmen Randsport. Aber ich finde es großartig, wie Noè Ponti in die Weltspitze aufgestiegen ist. Er wird nicht nur bei den Sport Awards, sondern auch in Zukunft die Anerkennung erhalten, die er verdient. Mich interessiert die Entwicklung von Sportlern, aber auch die Positionierung einer Sportart. Und bei Noè Ponti haben wir gesehen, dass es schwieriger ist, einen Tessiner zu vermarkten als einen Deutschschweizer. Aber genau diese Aufgabe finde ich interessant.

Aber kann Ponti das Schwimmen in der Schweiz auf ein höheres Niveau bringen?

Davon bin ich überzeugt. Was auch helfen würde, wäre ein Grossanlass in der Schweiz. Das haben wir zum Beispiel bei der Leichtathletik-Europameisterschaft 2014 in Zürich erlebt. Als ich vor viereinhalb Jahren anfing, mit Simon Ehammer zu arbeiten, sagten gute Freunde zu mir: Bist du verrückt danach, einen Zehnkämpfer zu verpflichten? Für Sponsoren in der Schweiz ist diese Disziplin uninteressant. Dieselben Freunde gratulieren mir heute. Es braucht Zeit, sich sportlich zu entwickeln. Marco Odermatt habe ich 2016 kennengelernt. Erst zwei Jahre später wurde er innerhalb einer Woche fünfmaliger Junioren-Weltmeister und sorgte für Aufsehen.

Bedeutet es Odermatt etwas, zum vierten Mal zum Sportler des Jahres gekürt zu werden?

Eigentlich kann nur er selbst diese Frage beantworten. Aber ich denke schon. Die Tatsache, dass er trotz seines vollen Terminkalenders und des bevorstehenden Höhepunkts des Riesenslaloms in Adelboden an der Veranstaltung teilnehmen wird, ist Antwort genug.

Bedeuten die Sport Awards für Sie Stress?

Es gibt viel zu tun. Wir unterstützen Sie bei der Logistik und der Bekleidungsauswahl. Wir haben einen Stylisten für unsere Leute engagiert. Über Stress möchte ich in diesem Zusammenhang aber nicht reden. Denn dieser Abend soll vor allem Freude und Ehre bedeuten.

Noè Ponti gewann bei den Weltmeisterschaften im Dezember drei Goldmedaillen.

Bild: Tibor Illyes / EPA

Wie groß ist der Brustumfang von Noè Ponti?

Das weiß ich nicht. Aber es ist nicht so einfach, ihn anzuziehen. Das ist bereits maßgeschneidert. Aber auch Marco Odermatt baut kontinuierlich Muskelmasse auf. Deshalb kann er nicht den Anzug tragen, den er vor drei Jahren trug.

Bei den Frauen sind Chiara Leone und Angelica Moser im Rennen. Welche Chancen haben die beiden bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres?

Nochmals: Es ist für jeden Nominierten eine große Ehre, dieser Gruppe anzugehören. Ich erwarte, dass beide an der Spitze stehen. Doch wenn Lara Gut-Behrami nominiert wird, wird es schwierig, die Wahl zu gewinnen, denn ihr ist mit dem Gewinn der Gesamtwertung im Nationalsport Alpinski eine außergewöhnliche Leistung gelungen. Über Verrat.

-

PREV Rücktritte müssen unverzüglich eingereicht werden; Bürger skandierten „Mörder“
NEXT Verheirateter „Stranger Things“-Star beim Betrügen in der Dating-App erwischt: Bericht