Sie sind die reichsten Vereine Europas – doch in der Champions League leiden Paris Saint-Germain und Manchester City unter einem Parvenu-Komplex. Im direkten Duell am Mittwoch dürfen beide Klubs nicht verlieren.
Die Champions League hat in dieser Saison ein neues Format und wie immer bei Neuem gab es zunächst Kritik: Es fehle an Klarheit und Vergleichbarkeit, hieß es. Und überhaupt: Im Mammutfeld von 36 Teilnehmern würde die Ligaphase für die Favoriten zum Kinderspiel werden. Ja, Heureka: Schon vor dem vorletzten Spieltag hatte die Erfindung eine bemerkenswerte Wirkung.
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Im Pariser Prinzenpark trifft am Mittwochabend (ab 21 Uhr) der 25. der Tabelle, Paris Saint-Germain, auf den 22., Manchester City. Wer verliert, wird voraussichtlich kaum Kontrolle darüber haben, am letzten Spieltag zumindest die Play-offs der ersten 24 Mannschaften zu erreichen. PSG könnte bei einer Niederlage bereits am Mittwoch ausscheiden.
Die von Katar subventionierten Franzosen haben in sechs Spielen nur sieben Punkte geholt. Mit Gegnern wie Arsenal, Atlético Madrid und dem FC Bayern fielen sie im neuen Modus auch dem tückischeren Unentschieden zum Opfer. Der PSG-Trainer Luis Enrique, der wie sein Amtskollege und ehemaliger Teamkollege Pep Guardiola seine Trainerkarriere in der zweiten Mannschaft des FC Barcelona begann, sagte vor dem „besonderen und besonders wichtigen Spiel“: „Ich glaube nicht, dass das irgendjemand hätte vorhersagen können.“ PSG und City würden sich in einer solchen Situation befinden.“
PSG und Manchester City reagieren auf ihre Krisen mit Frustkäufen
Die von Abu Dhabi unterstützten „Citizens“ haben bisher nur einen Punkt mehr gewonnen. Das über viele Jahre im Alltag uneinholbare Guardiola-Team erlebte vor Weihnachten eine geradezu unheimliche Flaute. Ein Imperium geriet ins Wanken, wie man es im heutigen Spitzenfußball kaum erwarten würde. In wettbewerbsübergreifend dreizehn Spielen mit nur einem Sieg stürzte das verunsicherte Team Manchester City auch in der Champions League gefährlich nach unten.
Beide Klubs reagierten zuletzt in bewährter Manier auf ihre Krisen: mit Frustshopping: Für 75 Millionen Euro kaufte PSG den georgischen Flügelspieler Khvicha Kvaratskhelia vom SSC Neapel. Für insgesamt 150 Millionen Euro spendierte City die talentierten Verteidiger Abdukodir Khusanov (Lens) und Vitor Reis (Palmeiras) sowie den Angreifer Omar Marmoush (Frankfurt), dessen Transfer allerdings noch nicht bestätigt ist. In der Champions League wird der Neuzugang Manchester City allerdings nur dann von Nutzen sein, wenn er die K.o.-Phase erreicht. Während der Ligaphase ist es den Vereinen nicht gestattet, neue Spieler zu registrieren.
Der Krisengipfel der Petrodollar-Klubs ist nicht nur Werbung für das reformierte Champions-League-Format – er kulminiert auch einen Trend, der nun schon seit rund zwei Jahrzehnten anhält: Trotz ihrer lange Zeit unbegrenzten Möglichkeiten regiert erst seit Kurzem das Financial Fairplay Zumindest eine gewisse Restriktion wurde verschärft – neureiche Investorenklubs haben es in der elitären Champions League immer noch schwer.
-Trotz der Transferausgaben von insgesamt 2,3 Milliarden Euro konnte PSG in der Ära unter katarischer Führung seit 2011 noch nie die Königsklasse gewinnen. Manchester City, das seit der Übernahme durch das Emirat Abu Dhabi 2,7 Milliarden Euro für neue Spieler ausgegeben hat, hat nur ein einziges Mal gesiegt, und zwar im Jahr 2023. Und selbst der FC Chelsea, der 2003 vom Oligarchen Roman Abramovich übernommen wurde und bisher 3,65 Milliarden in Transfers investiert hat, war es ist mit seinen beiden Titeln (2012, 2021) auf kontinentalen Spielfeldern weniger erfolgreich als zu Hause.
Es scheint angemessen, von einem Parvenu-Komplex zwischen diesen Vereinen zu sprechen – Pep Guardiola, der City-Trainer, hat dies selbst oft genug angedeutet. Seit seinem Amtsantritt 2016 hat er immer wieder betont, dass sein Team nicht mit historischen Größen wie Real Madrid, Barcelona, Bayern München oder Liverpool verglichen werden dürfe. „Wir haben keine vergleichbare Geschichte hinter uns“, erklärte er, um den psychologischen Faktor verständlich zu machen.
Manchester City fehlte die Angewohnheit großer Abende, das Know-how in Momenten hoher Spannung. Das wurde zu Beginn auch gegen Außenseiter wie Monaco, Tottenham oder Lyon deutlich. Später, gegen Real Madrid, zeigte sich mehrfach, wie Guardiolas Analyse zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wurde. Gegen die Spanier brachen die „Citizens“ entweder kurz vor dem Tor ein, etwa im Jahr 2022. Oder sie schafften es nicht, ihre enorme Überlegenheit wie im letzten Jahr in Tore umzuwandeln.
Auch PSG scheiterte 2018 und 2022 zweimal am Traditionsklub aus Madrid, teils aber auch unter grotesken Umständen an vermeintlich kleineren Gegnern. 2019 verspielte der Pariser Klub vor eigenem Publikum einen Zwei-Tore-Vorsprung gegen ein schwächelndes Manchester United, in der vergangenen Saison schoss man im Halbfinale gegen den Außenseiter Borussia Dortmund nicht einmal ein Tor.
Bundesweit kann eine Geldkontrolle nur in Ausnahmefällen erfolgen. Allerdings können die Giganten gelegentliche Ausfälle über 38 Spieltage hinweg kompensieren. In Frankreich ist es angesichts des Mangels an finanzieller Konkurrenz erstaunlich genug, dass PSG im letzten Jahrzehnt zwei Meisterschaften verpasst hat; Monaco triumphierte 2017, Lille 2021. Auch in diesem Jahr führt Paris Saint-Germain die Tabelle souverän an.
In England war es die Liaison zwischen der Trainerlegende Guardiola und dem möglicherweise betrügerischen Einsatz grenzenloser Ressourcen, die den „Citizens“ in den vergangenen sieben Jahren eine Dividende von sechs Meisterschaften bescherte. Doch als es in Europa ernst wurde, halfen selbst rücksichtslose Investitionen nur bedingt.
Die verhinderte Rebellion gegen die Macht der Tradition
Der Befund lässt sich mit erstaunlichen Zahlen erweitern. Die zehn europäischen Vereine, die seit 2012 die meisten negativen Transferbilanzen (also Ausgaben abzüglich Einnahmen) verzeichneten, haben in diesem Zeitraum zusammen nur zwei Champions-League-Trophäen gewonnen. Vor Paris, Chelsea und Manchester City auf den Plätzen zwei bis vier weist Manchester United mit einem Verlust von fast 1,5 Milliarden Euro die schlechteste Handelsbilanz auf – hat aber in all den Jahren nicht einmal ein Halbfinale erreicht.
Allerdings verschwendete ManU sein Geld im hysterischen Zickzack; Der Verein hat seit 2013 nie wieder die Meisterschaft gewonnen. PSG und ManCity hingegen konkurrieren in der Champions League mit dem Rückenwind der heimischen Dominanz. Vor diesem Hintergrund ist ihr kontinentales Vordringen umso bemerkenswerter. Sollte es einem der beiden Scheich-Klubs tatsächlich nicht unter die 24 besten Mannschaften Europas schaffen, wäre das der bislang spektakulärste Rückschlag im gescheiterten Aufstand gegen die Macht der Tradition.