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Half Polen bei der Flucht eines Verdächtigen?

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Einer der Hauptverdächtigen im Falle der Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee könnte mithilfe der polnischen Behörden entkommen sein. Das legen jüngste Veröffentlichungen der Zeitschrift „Spiegel“ und des ZDF nahe.

Demnach fuhr der ukrainische Staatsbürger Wolodymyr S., per europäischen Haftbefehl gesucht von den deutschen Behörden, im Juli 2024 mit einem Fahrzeug der ukrainischen Botschaft in Warschau mit Diplomatenkennzeichen über die Grenze in die Ukraine.

Auf die Frage, wie das passieren konnte, hätten polnische Offizielle den deutschen Sicherheitsbehörden geantwortet: „Warum sollten wir den festnehmen? Für uns ist er ein Held!“ Polnische Behörden hätten offenbar die ukrainische Seite vor der drohenden Festnahme gewarnt, so der „Spiegel“.

Im August 2024 hatte der Generalbundesanwalt einen Haftbefehl gegen Wolodymyr S. erwirkt, der sich in Polen aufgehalten haben soll. Der Klimaanlagentechniker und Tauchlehrer gilt als einer der Hauptverdächtigen im Falle der Anschläge auf die Nord-Stream­Pipelines im September 2022. Mit diesen sollte russisches Gas nach Deutschland exportiert werden. Polen und die Ukraine hatten sich jahrelang vergeblich gegen die Pläne und den Ausbau (Nord-Stream-2) eingesetzt. Die Verantwortung für die Explosionen ist weiterhin ungeklärt. Schwedische und dänische Behörden haben ihre Ermittlungen eingestellt, in Deutschland ermittelt weiterhin der Generalbundesanwalt.

Verdächtiger hält die Operation für eine „gute Sache“

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf eine Gruppe Ukrainer, die per Segelboot von Rostock aus vorgegangen sein soll. Das „Wall Street Journal“ hatte unlängst berichtet, eine Gruppe ukrainischer Militärs und Unternehmer habe Anfang 2022 den Plan gefasst, die Pipelines zu sprengen. Die Federführung für das Vorhaben hatte demnach der damalige Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj. Gekostet habe die Operation per Segelyacht nur rund 300.000 Dollar. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll dem Plan zunächst zugestimmt haben.

Nachdem jedoch der Geheimdienst CIA davon erfahren und die Ukraine aufgefordert haben soll, den Plan nicht umzusetzen, soll Selenskyj den Stopp der Operation angeordnet haben. Kiew hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der „Spiegel“ schreibt nun, Selenskyj habe spätestens im Sommer 2022 durch die CIA von den Plänen erfahren. Oberbefehlshaber Saluschnyj habe trotzdem den Plan nicht abgeblasen; die Saboteure seien in Richtung Polen aufgebrochen, ausgerüstet mit falschen bulgarischen und rumänischen Dokumenten.

Verdächtig: Roman Tscherwinskyj im Gespräch mit der F.A.Z.Oleksandr Magula

Organisiert haben soll den Anschlag der ehemalige ukrainische Geheimdienstler Roman Tscherwinskyj. Im Gespräch mit der F.A.Z. sagte Tscherwin­skyj unlängst nichts zu Details der Operation. Doch machte er kein Geheimnis daraus, dass er diese für gut befinde. „Ich denke, das Resultat dieser Operation ist positiv“, sagte Tscherwinskyj bei einem Besuch an seinem Wohnort. „Für die ganze zivilisierte Welt war es eine gute Sache.“ Dem „Spiegel“ sagte Tscherwinskyj nun, die Sprengung sei ein rechtmäßiger Akt in Kriegszeiten gewesen.

Durchgeführt worden sein soll die Operation mit der nur 15,5 Meter langen Segelyacht Andromeda, auf der Ermittler Sprengstoffspuren fanden. Die geringe Größe der Yacht in Verbindung mit dem Seegang und den mutmaßlich großen Sprengladungen, die für die Sprengungen in teils 80 Metern Tiefe benötigt wurden, haben wiederholt Zweifel an dem Verdacht der Ermittler laut werden lassen. Der „Spiegel“ zitiert nun Beteiligte, wonach für die Operation spezieller Sprengstoff verwendet wurde, der nicht in der Ukraine hergestellt worden sei. Woher er kam, bleibt offen.

Als eine Art Rohrbombe nutzten die Taucher demnach Druckluftflaschen, in die unter anderem unterwassertauglicher Spezialsprengstoff gefüllt worden sei. Ein abgelegener See in der Ukraine habe als „Testlabor“ gedient. Für die Durchführung der Operation seien auch ukrainische Hobbytaucher angesprochen worden. Alle hätten freiwillig mitgemacht.

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