In Georgia aus dem Auto geworfen, beende ich meine Reise zu Fuß

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Reporterre geht nach COP29 in Aserbaidschan mit dem Zug ! Vom 11. bis 22. November findet dort der Weltklimagipfel statt. Um dorthin zu gelangen, ohne seinen CO2-Fußabdruck zu vergrößern, unternahm unser Journalist Emmanuel Clévenot eine neuntägige Bahnreise durch acht Länder. In diesem Reisetagebuch erzählt er uns von seinen Abenteuern und seinen Begegnungen.


Das Dröhnen der Lokomotive verstummte am Bahnhof Kars im äußersten Osten der Türkei. Darüber wird die Doğu Ekspresi nicht hinausgehen. Die Schienen durchschneiden weiterhin die Ebene in Richtung Eriwan, dem pulsierenden Herzen Armeniens. Sie sind stille Zeugen einer unvollendeten Geschichte. Das Ziel der Versöhnung zwischen zwei Völkern, die durch den Völkermord an den Armeniern zwischen 1915 und 1923 auseinandergerissen wurden. Das Versprechen einer Wiedervereinigung wurde zeitweise gestreift, aber Diplomatie ist schwierig. Mehr als diese beiden Furchen aus Stahl, die ziellos voranschreiten, bis sie im nebligen Horizont verschwinden. Damit endet meine Bahnreise.

Der Busbahnhof Kars an der Grenze zu Anatolien strahlt eine Atmosphäre vergangener Zeiten aus. Die aus der Moderne herausgerissene Wartehalle besteht aus ein paar Holzbänken und einem Ofen. Ein kleiner Junge nähert sich ihm und reibt sich die Hände. Das Thermometer fiel letzte Nacht unter -8°C.

Um 11 Uhr schreit ein alter Mann mit ledriger Haut « Ardahan » und alle schlafenden Körper erwachen plötzlich. Für 150 türkische Lira (rund 4 Euro) finde ich einen Platz auf der Rückbank des Kleinbusses mit der abblätternden Karosserie. Neben mir sitzt ein kleines Mädchen mit gelben Pupillen, fast unwirklich und schon den Schatten eines schwierigen Lebens verratend. Sie steigt am Eingang eines Weilers aus dem Bus, eine Plastiktüte voller Kakis in der Hand.

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Auf einer Straße in Kars, Türkei.
© Emmanuel Clévenot / Reporterre

Per Anhalter mit einem Soldaten

In Ardahan angekommen, hält auch die Busoption. Von der Grenze zu Georgien trennen mich noch hundert Kilometer. Ich gehe in einen Supermarkt, kaufe einen schwarzen Marker und stehle ein herumliegendes Stück Pappe. Ich hocke auf dem Bürgersteig und schreibe in großen Großbuchstaben meinen nächsten Schritt: « Posof ». Mit einer Zigarette im Mund liest der örtliche Ladenbesitzer das Schild laut vor und sagt herzlich zu mir: « Incha’Allah ! » Ich strecke meinen Daumen am Rand einer Autobahn aus und kaum eine halbe Stunde später sitze ich da und teile Cashewnüsse im Auto eines türkischen Soldaten.

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Halim in seinem mit Porzellan beladenen Doppelauflieger.
© Emmanuel Clévenot / Reporterre

Um 15 Uhr nehmen mich Bayram und Umur mit in ihren Van. Vor unseren Augen ziehen weiße Friedhöfe, Bauern und ihre Herden vorbei und der majestätische Berg Ulgar, der fast 3.000 m über dem Meeresspiegel gipfelt. In Hanak und Damal, zwei einsamen Städten in einer magischen Weite, helfe ich ihnen, ihre Ladung Hühnertabletts abzuladen.

Halim legt mit seinem mit Porzellan beladenen Doppelsattelauflieger die verbleibenden fünfzehn Kilometer bis zum Grenzposten zurück. Auch er ist auf dem Weg nach Aserbaidschan. Leider hat er einen Pass, den ich nicht bekommen kann. Während einer Reise erzählt mir seine raue Stimme Geschichten über die Bären und Wölfe, die um uns herum leben.

« Sie müssen erneut zahlen »

« Taxi, Taxi. » Kaum durch den Zoll, sehe ich diese heruntergekommene Limousine und die beiden georgischen Kolosse an Bord sitzen. Ein Soldat in Uniform hatte mich einen Moment zuvor gewarnt, dass die Nacht kühl sein würde und dass die Straße zum ersten Dorf endlos und verlassen sein würde. In der dunklen Nacht, voller Widerwillen und mit vor Kälte gefrorenen Fingern, gehe ich auf sie zu: « Wie viel für Tiflis ? » (« Wie viel kostet eine Fahrt nach Tiflis? ? »)

Drei Stunden lang raste der Toyota davon und kam mehr als einmal einer Tragödie nahe. Das Duo sagt kein einziges Wort. Lediglich eine Playlist mit zehn Titeln, darunter Imagine Dragons, läuft in einer Schleife. Als wir uns der georgischen Hauptstadt nähern, gibt mir der Fahrer sein Handy. Am anderen Ende der Leitung plappert ein Mann ein paar Worte auf Englisch: « Wenn Sie möchten, dass er Sie in Tiflis absetzt, müssen Sie erneut bezahlen. » Ich weigere mich. Die Anspannung steigert sich noch weiter, er bremst und bleibt am Straßenrand, am Ortseingang, stehen. Ich habe meinen Weg zu Fuß beendet.

Es ist 13:25 Uhr am 9. November in Tiflis. In wenigen Augenblicken startet mein Flugzeug nach Baku, Aserbaidschan. Der letzte Schritt, der durch die Schließung der Grenzen unumgänglich ist, vor dem COP29. Das Ende auch meines Reisetagebuchs, vor der Eröffnung eines weiteren, hinter den Kulissen dieser großartigen Rallye !

Etappen der Reise nach Aserbaidschan:

  • 1Ist November: Paris – Stuttgart (Deutschland)
  • 2. November: Stuttgart – Wien (Österreich)
  • 3. November: Wien – Bukarest (Rumänien)
  • 4. November: Bukarest – Dimitrovgrad (Bulgarien)
  • 5. November: Dimitrovgrad – Istanbul (Türkiye)
  • 6. November: Istanbul – Ankara (Türkiye)
  • 7. November: Ankara – Kars (Türkiye)
  • 8. November: Kars – Tiflis (Georgien)
  • 9. November: Tiflis – Baku (Aserbaidschan)
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