Schweiz-Italien: „Kobel muss Sommer ersetzen“

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Mit Yann Sommer (links) und Gregor Kobel verfügt die Schweiz über zwei der besten Torhüter der Welt.Bild: Keystone

Der Torhüter Nummer 1 der Schweizer Mannschaft, Yann Sommer, hat im letzten Spiel gegen Deutschland einen Fehler gemacht. Seine Rettung verdankt er nur dem Eingreifen des VAR. Sollte Trainer Murat Yakin, ein Fan von Veränderungen seit Beginn der EM, nun gegen Italien auf Gregor Kobel setzen? Unsere Journalisten vertreten unterschiedliche Meinungen.

Bruno Knellwolf, François Schmid-Bechtel

Bruno Knellwolf, Pro-Kobel: Gregor hat seinen Platz in den Toren

Yann Sommer ist jedermanns Favorit. Er wird als höflich, freundlich und intelligent beschrieben. Seine Intelligenz ermöglichte es ihm, die Schritte Schritt für Schritt zu bewältigen, bis er Höhen erreichte. Nur wenige Fußballer haben Anspruch auf so viel Lob.

Doch nun trifft die Schweiz im Achtelfinale der EM auf Italien. Freundlichkeit und gute Manieren reichen nicht mehr aus. Für Stars und Werbeikonen ist kein Platz mehr. Was Berlin braucht, ist ein Torwart wie Gregor Kobel. Einer, der im Gegensatz zu Yann Sommer nicht bei 8 von 10 Schüssen zusammenbricht und verzweifelt zusieht, wie der Ball ihm entgleitet. Wir brauchen einen Stein. Ein Portier, der es mit seinem grimmigen Blick schafft, destabilisierte Italiener in die Knie zu zwingen. Ein Mann, so massiv wie der Sankt-Gothard, der dank seiner 88 Kilo Muskeln, seiner Flügelspannweite und seiner Entschlossenheit in der Luft vom ersten Ball an in den Kopf des Gegners dringt.

Und da Yann Sommer mit Inter italienischer Meister wurde, kann Murat Yakin mit der Startelf von Gregor Kobel ein starkes Signal an die Squadra Azzurra senden. „Hey, lieber Nachbar, wir brauchen deinen Türsteher Nerazzurro nicht, italienischer Meister“, sagte er dann. Wir haben noch mehr Stärke im Angebot: Gregor Kobel, bester Torwart der Bundesliga. Der gebürtige Zürcher parierte in dieser Saison 73 % der Schüsse und führte Dortmund ins Champions-League-Finale.

Mit sechs Gegentreffern ist er der Torhüter, der im prestigeträchtigsten Vereinswettbewerb am häufigsten ohne Gegentreffer blieb.

Gregor Kobel im Champions-League-Finale gegen Real Madrid. An diesem Abend verlor sein BVB-Team mit 0:2.Bild: Keystone

Sommers folgenloser Patzer gegen Deutschland ist mehr als eine einfache Warnung. Mit der Kobel-Karte kann Yakin einen weiteren Zug machen und erneut auf Überraschung setzen. Der Torwartwechsel wird sein nächster großer Erfolg sein. Dann wird er beweisen, dass er durchaus ein guter Stratege ist. Und wenn das Spiel im Elfmeterschießen entschieden würde, wäre es genug Inspiration, Yann Sommer auf den Platz zu bringen, damit er die Parade gegen Kylian Mbappé wiederholen kann. Das nennen wir heute die Herstellung eines Servette FC.

François Schmid-Bechtel, Pro-Sommer: Diese Diskussion hat keinen Platz

Yann Sommer hat seit Beginn dieser EM in drei Spielen drei Gegentore kassiert. Es ist sowohl ein wenig als auch viel. Doch wenn wir uns die bisher erzielten Erfolge genauer ansehen, Dem Nati-Torhüter Nummer 1 können wir absolut keinen Vorwurf machen. Mein Kollege beginnt hier eine sinnlose Debatte. Man möchte sich fast fragen, was Yann Sommer getan hat, dass seine Amtszeit in Frage gestellt wurde. Hat er plötzlich seine Manieren verloren und eine Tafel Schokolade gestohlen? Wurde er beim Raserfahren auf den Straßen von Stuttgart erwischt? Wir wissen, dass Sommer leidenschaftlich gern kocht. Hat er die Nudeln zu sehr gesalzen oder seine Spaghetti so weit geschnitten, dass ihn jetzt alle Italiener punkten wollen?

Kurz gesagt, was ist sein Verbrechen? Es ist nicht das Leistungsniveau, mit dem wir die Debatte über die Position des Torhüters Nummer 1 eröffnen können. Wir können ihm das Lob, das er verdient, auch nicht verwehren.

Natürlich sah er nicht gut aus, als der Deutsche Robert Andrich am Sonntag gegen die Nati zuschlug. Doch das Tor wurde nicht gegeben. Sollte er sanktioniert werden? Muss er jetzt die Bank polieren? NEIN. Erstens, weil dieser Fehler ein Einzelfall ist. Und auch die Platzierung von Gregor Kobel im Champions-League-Finale gegen Real Madrid ist nicht frei von Kritik.

Es wird die Zeit kommen, in der Gregor Kobel, 26, Yann Sommer, 35, als Nummer 1 im Schweizer Team ablöst. Dies hätte bereits vor diesem Euro passieren können. Doch Kobel wurde immer dann verspielt, wenn Murat Yakin ihm eine Chance geben wollte. Er wird bald übernehmen, vielleicht sogar, sobald dieser Wettbewerb vorbei ist. Schließlich muss man wissen, wie man die Seite umblättert und in die Zukunft blickt.

Andererseits ist es genauso absurd, mitten im Turnier den Torwart zu wechseln, wenn es nicht nötig ist, wie ohne Torwart das Spielfeld zu betreten. Ist es klug, einen Mann auszutauschen, der gute Leistungen erbringt und in seiner Abwehr Automatismen geschaffen hat, bevor es ins entscheidende Achtelfinale geht? Ist es wirklich eine gute Idee, einen Torwart auf die Bank zu setzen, der italienische Spieler besser kennt, weil er in der Serie A spielt? Ist dies der richtige Zeitpunkt, um in der Gruppe Unruhe zu stiften? NEIN. Kobel anstelle von Sommer gegen Italien einzusetzen, wäre purer Wahnsinn.

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