Jackpot für Kim Jong-un und Nordkorea

Jackpot für Kim Jong-un und Nordkorea
Jackpot für Kim Jong-un und Nordkorea
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Die militärische Unterstützung von Wladimir Putin für die Diktatur von Kim Jong-un stellt eine Gefahr für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel dar.Bild: t-online

An der Front werden nordkoreanische Soldaten nicht gefangen genommen, sondern begehen mit ihren Granaten Selbstmord. Kim Jong-un schickt Kanonenfutter nach Russland, doch Wladimir Putins Amtskollege ist eine Gefahr für die koreanische Halbinsel.

Patrick Diekmann / t-online

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Russische Touristen besuchen Nordkorea, unternehmen Busreisen durch das Land, sonnen sich am Strand oder essen in nordkoreanischen Restaurants zu Abend. Solche Videos sind in den letzten Monaten deutlich häufiger geworden, auch wenn sie nach wie vor selten sind.

Seitdem russische Urlauber die Diktatur unter strenger Aufsicht der nordkoreanischen Führung besuchen durften, teilen sie ihre Videos in den sozialen Medien. Damit gewähren sie westlichen Beobachtern, manchmal unwissentlich, einen Einblick in diese zersplitterte Autokratie.

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Laut russischen Medien werden allein im Jahr 2024 1.500 russische Touristen Nordkorea besucht haben, Tendenz steigend. Die Diktatur lässt die loyalsten Nordkoreaner zu sich kommen und ihre Reiseleiter sind Geheimdienstagenten. Russische Touristen nehmen an Propagandatouren teil, die darauf abzielen, Nordkorea möglichst modern darzustellen. Die Russen bestätigen dies dann in ihren Videos, ganz im Sinne der Propaganda von Kim Jong-un.

Doch die Bilder zeigen auch eine andere Realität: Vor allem außerhalb Pjöngjangs die unterernährte Bevölkerung, Kraftwerke, die mit Kohle betrieben werden, und fast kein Verkehr auf den Straßen. Dies sind auch die Folgen internationaler Sanktionen jahrzehntelang aufgrund des nordkoreanischen Atomprogramms verhängt.

Doch der Krieg Russlands gegen die Ukraine bot Kim Jong-un die Chance, aus dieser Isolation auszubrechen. Der Kremlchef ist schwach und selbst sein strategischer Partner China unterstützt Russland nicht mit all seinen Waffen und Soldaten. Nordkorea ließ sich daher bereitwillig von Russland in den Krieg in der Ukraine hineinziehen.

International zeigt die Annäherung an einen Paria wie Nordkorea, wie sehr Russland sein Gesicht verloren hat. Für Kim Jong-un hingegen ist es ein Jackpot: Putin bringt dem Land lebensnotwendige Devisen – russische Touristen müssen beispielsweise in US-Dollar bezahlen.

Andererseits ist das russische Gegenstück zur Unterstützung Nordkoreas gewaltig: Putin hilft Kim Jong-un nicht nur dabei, aus seiner Isolation herauszukommen, sondern er will auch die nordkoreanische Armee modernisieren. Was zur Gefahr für den gesamten ostasiatischen Raum wird.

Nordkorea hilft Russland

Die rund 10.000 nordkoreanischen Soldaten, die offenbar von der russischen Militärführung hauptsächlich in der Region Kursk im Süden Russlands stationiert wurden, stehen häufig im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Dramatische Schicksale in mehr als einer Hinsicht.

Die nordkoreanischen Krieger hätten nicht einmal gewusst, in welchem ​​Land sie stationiert waren. Überarbeitet feuerten sie manchmal auf russische Stellungen. Und sie begehen Selbstmord, bevor sie gefangen genommen werden, oft indem sie Granaten neben ihren Köpfen explodieren lassen.

Nordkoreanische Soldaten haben normalerweise keine andere Wahl, als Befehle zu missachten. Denn in Nordkorea ist die Inhaftierung von Angehörigen ein Instrument der zentralen Macht des Kommandos und die Familien der Soldaten sind ständig in Gefahr.

Aber noch wichtiger als Soldaten sind nordkoreanische Waffenlieferungen an Russland. Die amerikanische Tageszeitung Das Wall Street Journal berichtete, dass Nordkorea im Dezember 2024 20.000 Container mit Munition an Putin geschickt habe. Von minderwertiger Munition wie 122-mm- und 152-mm-Artilleriegeschossen bis hin zu den neueren ballistischen Raketen der Hwasong-11-Klasse.

Berichten zufolge lieferte Pjöngjang aber auch Panzerhaubitzen und Mehrfachraketenwerfer. Demnach hat Nordkorea bisher bis zu 5,5 Milliarden US-Dollar durch Waffenverkäufe mit Moskau verdient Wall Street Journal.

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Kim Jong-un wird von Putin geschätzt

Nordkorea ist eines der ärmsten Länder der Welt. Gleichzeitig benötigt Russlands Munition den Treibstoff für die nordkoreanische Waffenproduktion. Doch Kim Jong-un erhält als Gegenleistung für seine Unterstützung weit mehr als nur Geld von Russland.

Vor allem die USA verfolgen die Lage aufmerksam: Sie überwachen gegenseitige Lieferungen aus Russland und Nordkorea per Satellit. US-Außenminister Antony Blinken gab am 6. Januar eine Warnung heraus:

„Nordkorea erhält bereits militärische Ausrüstung und Ausbildung von den Russen. Jetzt haben wir Grund zu der Annahme, dass Moskau beabsichtigt, fortschrittliche Weltraum- und Satellitentechnologien mit Pjöngjang zu teilen.“

Die Sorge der Amerikaner ist völlig berechtigt, denn Russland und Nordkorea haben ein begründetes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit in der militärischen Luftfahrt, Raumfahrt und Raketentechnologie. Gerade in diesen Bereichen besteht für das nordkoreanische Militär großer Modernisierungsbedarf. Der modernste Kampfjet der nordkoreanischen Luftwaffe – die MiG-29 – wurde 1977 entwickelt und ist größtenteils noch älter.

Darüber hinaus haben die nordkoreanischen Führer ein Auge auf die russische Raketentechnologie geworfen, insbesondere um ihre eigenen nuklearen Fähigkeiten zu verbessern. Erste Konsequenzen der strategischen Partnerschaft zwischen Nordkorea und Russland sind bereits spürbar: Anfang Januar erklärte Nordkorea, es habe seine erste Hyperschallrakete erfolgreich getestet. Wenn diese Informationen wahr sind, wäre dies ohne russische Unterstützung nicht möglich gewesen.

Kim Jong-un opfert deshalb 10.000 nordkoreanische Soldaten, einen Haufen alter konventioneller Munition und erhält im Gegenzug viel Prestige für sein Regime. Er hat Putin mehrmals persönlich getroffen und nennt ihn seinen „besten Freund“.

Der Kremlchef wird unterdessen neue UN-Sanktionen gegen Nordkorea blockieren. Unterdessen befürchten die USA, dass Moskau die Diktatur von Kim Jong-un als Atommacht anerkennen wird. Für Kim Jong-un ist der Krieg in Europa daher ein Jackpot. Bis vor ein paar Jahren wollte sich niemand (oder fast niemand) auf die Seite des Autokraten stellen, geschweige denn ihn bewaffnen.

Der Frieden auf der koreanischen Halbinsel ist bedroht

Am Ende wandte sich Putin wohl aus Verzweiflung an Nordkorea. Doch die Folgen dieser sicherheitspolitischen Zusammenarbeit könnten die Sicherheit in Ostasien ernsthaft gefährden.

Nordkorea ist eine Erbdiktatur, in der es der Familie Kim seit der Staatsgründung 1948 vor allem um den eigenen Machterhalt geht. Die größten Bedrohungen sind innenpolitische Aufstände und das wirtschaftlich erfolgreiche und von den USA unterstützte Südkorea. Auch heute noch herrscht zwischen Nord- und Südkorea kein wirklicher Frieden, obwohl die Kämpfe im Koreakrieg 1953 endeten. Der Konflikt ist eingefroren und herrscht in einer Krisensituation. Es kam zu einer militärischen Pattsituation, die den Frieden bis heute aufrechterhielt.

Aber Putin mischt es auf. Nachdem er sich in diesem Sommer mit Kim Jong-un verbündet hatte, ließ dieser im Oktober 2024 in der nordkoreanischen Verfassung vermerken, dass Südkorea ein „Feindstaat“ sei. Moskau und Pjöngjang haben zudem einen Verteidigungspakt geschlossen was das Militärbündnis weiter stärkt.

Sollte es Nordkorea gelingen, mit Hyperschallraketen Atomsprengköpfe in Richtung Südkorea zu schicken, ohne dass die Südkoreaner sie abfangen können, geraten die Kräfteverhältnisse auf der koreanischen Halbinsel aus dem Gleichgewicht.

Daher stellt die Stärkung Nordkoreas durch Russland eine Gefahr für die Region dar. Südkorea wird insbesondere darüber nachdenken, sich stärker aufzurüsten, auch auf nuklearer Ebene. Dieser Konflikt könnte zu einem echten Pulverfass werden.

Aber Putin geht mit seinem neuen Verbündeten auch Risiken ein. Denn mit der Destabilisierung der koreanischen Halbinsel riskiert der Kremlchef, seinen mächtigsten Verbündeten zu verärgern: China. Peking möchte nicht, dass ein Führer an seiner eigenen Grenze weiterhin Atomwaffen entwickelt und den es für unberechenbar hält.

Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass sich der chinesische Präsident Xi Jinping in den letzten Monaten von Russland distanziert hat. Russland zahlt daher einen immensen politischen und strategischen Preis für nordkoreanische Soldaten.

Aus dem Deutschen übersetzt von Anne Castella

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