Mehr noch als mit seinen Limousinen und SUVs hat Tesla mit dem Cybertruck die Codes der Automobilwelt gebrochen. Mit seiner außergewöhnlichen Größe und einzigartigen Linienführung beeindruckt dieser Pick-up. Doch das Fahren damit gestaltet sich deutlich weniger exotisch als erwartet.
Bestimmte Autos sind auch für Neulinge auf den ersten Blick erkennbar: der Porsche 911 und sein charakteristisches Profil, der Rolls-Royce und sein von ihm überragter Kühlergrill Geist der Ektasie… Zu dieser Liste können wir nun das neueste Serienmodell von Tesla hinzufügen: den Cybertruck. Ein Pick-up, der seit Elon Musk für viel Aufsehen sorgt sich selbst enthüllte seine letzten Zeilen. Das ist schon fünf Jahre her.
Seitdem sind wir zwar bereits eingestiegen, konnten uns aber nie wieder ans Steuer setzen. Und das aus gutem Grund: Die Maschine wird diesseits des Atlantiks nicht vermarktet und wird es offensichtlich auch nie. Doch etwas mehr als ein Jahr nach Produktionsstart konnten wir in seinem Unternehmen endlich mehrere hundert Kilometer zurücklegen.
Unser Reittier wartet auf einem überfüllten Parkplatz auf uns. Zum Glück ist es auf den ersten Blick erkennbar. Nicht unbedingt wegen seiner Größe, letztendlich im Vergleich zu den meisten Pick-ups recht unscheinbar Hergestellt in den USAsondern durch sein einzigartiges Aussehen. Dabei geht es nicht nur um das völlige Fehlen von Kurven im Design, sondern auch um das schlichte Fehlen von Farbe oder Grundierung auf der Edelstahlkarosserie. Wenn wir die Linie ein wenig erweitern, könnten wir sagen, dass die Haut dieses Tesla aus dem gleichen Material besteht wie die Töpfe Ihrer Großmutter.
Beim Tesla Cybertruck geht die Funktion vor die Form
Wie einige Spezialisten während der Weltpremiere feststellten, scheint dieses Material schlecht zu altern. Der uns zur Verfügung gestellte Cybertruck hat in nur acht Monaten knapp 15.000 Meilen (rund 25.000 km) auf dem Tacho und wurde gerade gründlich gewaschen. Allerdings sind bereits farbliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Karosserieelementen erkennbar. Ein weiteres Anzeichen für eine beschleunigte Alterung ist, dass ungeschützte Radnaben mit einer Schicht Oberflächenrost überzogen sind. Genau in diesem Moment haben wir den Eindruck, vor einer Kopie zu stehen, die bereits ein langes Leben hinter sich hat.
Der erste Einstieg in einen Tesla erfordert immer etwas Fingerspitzengefühl… und sorgt oft für ein wenig Ärger. Denken Sie daran, dass die Marke mit ihren Fahrzeugen keine Schlüssel ausliefert. Diese funktionieren also über eine Karte im CB-Format oder über die Anwendung der Marke. Für diesen Test müssen wir uns mit dieser zweiten Option zufrieden geben. Und wenn wir den Link erhalten haben, der es uns ermöglicht, Benutzer dieses Cybertrucks zu sein, hat das Auto bei diesem ersten Kontakt offensichtlich ein wenig Schwierigkeiten, mit unserem Smartphone zu kommunizieren. Die anschließenden Eröffnungs- und Abschlusssitzungen werden jedoch problemlos durchgeführt.
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Sobald man an Bord ist, hat man das Gefühl, Genres zu vermischen. Auf den ersten Blick wirkt der Cybertruck recht schick mit seinem raffinierten und gut verarbeiteten Armaturenbrett, seinem riesigen Touchscreen (18,5”-Diagonale) mit beeindruckender Auflösung und seinen mit einer Imitation bezogenen Schalensitzen, die das echte Leder nahezu perfekt imitieren. Aber der Kontrast ist auffällig: Der Boden ist mit einer Art gummiartigem Kunststoff bedeckt. Insgesamt ist die Verarbeitungsqualität jedoch mehr als respektabel.
Der Fahrgastraum ist dank der riesigen flachen Windschutzscheibe, die durch ein vollständig verglastes Dach ergänzt wird, sehr hell. Und das ist ein Glücksfall, denn die Seitenfenster und die Heckscheibe weisen mehr Schießscharten auf als das Glasdach. Ein kurzer Blick auf die Rücksitze zeigt jedoch, dass man dort sehr gut sitzt, insbesondere weil die Bein- und Kopffreiheit großzügig ist.
Allein auf der Welt
Mit dem Tesla Cybertruck aus einer Tiefgarage herauszukommen ist beunruhigend einfach. Diese Leichtigkeit ist vor allem auf die serienmäßigen vier Lenkräder zurückzuführen, die ihm trotz seiner Größe einen Wenderadius ermöglichen, der dem eines Volkswagen Golf entspricht (11,3 m gegenüber 11 m). Bedenken Sie, dass die Maschine 5,89 m lang und 2,03 m breit ist. Wir geben Ihnen jedoch zu, dass die Parkrampen seiner Heimatländer nichts mit den Engpässen in den Tiefgaragen französischer Städte zu tun haben. Dennoch sind diese Manöver die erste, aber sicherlich nicht die letzte Gelegenheit, gegen das rechteckige Lenkrad zu schimpfen! Trotz der Richtung per Drahtdas heißt ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern, die es Ihnen ermöglicht, mit einer halben Lenkradumdrehung von einer Haltestelle zur anderen zu gelangen, die Unmöglichkeit, Ihre Hände wie bei einem „normalen“ zu bewegen ” Hoop ist ziemlich verwirrend.
Unsere Cybertruck-Reise beginnt mit einer langen Autobahnstrecke. Die Gelegenheit zu sehen, dass er, sobald die Reisegeschwindigkeit erreicht ist, genauso einfach zu fahren ist wie jeder Kompakt-SUV. Die Stille an Bord ist nahezu absolut, da die Schalldämmung offensichtlich sehr sorgfältig durchgeführt wurde. Der Kontakt zwischen dem rauen Bitumen und den Geländereifen, deren Profilmuster gelinde gesagt ausgeprägt ist, ist das einzige Element, das Rollgeräusche erzeugt. Aber ehrlich gesagt kennen wir Modelle, die den Anspruch erheben, Premium zu sein, und die nicht so viel Nachsicht mit den Ohren ihrer Insassen zeigen. Zumal die Möbel während unserer Fahrt im Gegensatz zu dem, was wir an Bord anderer Teslas beobachtet haben, nie das geringste Quietschen von sich gegeben haben.
Eine weitere Überraschung: Die Federungen sind in Kombination mit Reifen mit sehr hohen Seitenwänden (285/65 R20) besonders rücksichtsvoll. Ergebnis nach mehr als hundert gefahrenen Kilometern Autobahnenunser Müdigkeitszustand ist nahezu Null. Und auf technischer Ebene stellen wir einen sehr vernünftigen Verbrauch (für eine Maschine mit einem Leergewicht von mehr als 3 Tonnen) von etwas mehr als 20 kWh/100 km fest. Bei diesem Tempo wäre die vom Hersteller versprochene Reichweite (547 km mit der 123 kWh fassenden Batterie) problemlos zu erreichen. Es bleibt abzuwarten, ob der Appetit in anspruchsvolleren Gebieten ebenso moderat bleibt.
Große Wüstenebenen sind der ideale Spielplatz, um den Tesla Cybertruck auf die Probe zu stellen. Abgesehen vom Asphalt, auf dem wir uns bewegen, verrät hier nichts die Anwesenheit von Menschen im Umkreis von Kilometern. Eine Weltuntergangsatmosphäre, die im Laufe der Stunden eine Angst wieder aufleben lässt, die wir schon lange nicht mehr am Steuer eines Elektroautos erlebt haben: die Angst, „kein Treibstoff mehr zu haben“. Ein paar Klicks auf dem Tablet genügen jedoch, um uns zu beruhigen, denn selbst mitten im Nirgendwo ist die nächste Supercharger-Station nur 80 km entfernt. Genau in diesem Moment meldet das Auto eine Batterie mit immer noch 78 % Energie und einer Reichweite von 265 Meilen (ca. 425 km).
Nur dass die Straßen, auf denen wir heute unterwegs sind, mit einem viel energieintensiveren Fahren verbunden sind. Der ständige Wechsel von Anstiegen, Gefällen und mehr oder weniger engen Kurven führt dazu, dass wir die Beschleunigungs- und Bremsvorgänge vervielfachen. Nach kaum 150 km bei diesem Tempo war der Akku auf 40 % gesunken und der Bordcomputer versprach nur noch 120 Meilen (190 km), bevor man die Maschine schieben musste. Unter diesen Bedingungen wird dieser Tesla daher sehr gierig, da er dann alle 100 km etwa 30 kWh verbraucht. Doch auf diesen anspruchsvollen Straßen konnten wir sehen, dass es sich unter allen Umständen als überragend in Sachen Agilität und Komfort erweist. Zu keinem Zeitpunkt gibt es trotz mehr als drei Tonnen Leergewicht das geringste Untersteuern. Und selbst wenn man die Kurven etwas zu schnell anfährt, braucht es kaum Wankbewegungen.
Auch am Handling gibt es nichts zu meckern, es ist beruhigend neutral. Aus Spaß hingegen kommen wir wieder. Die Vorderachse zeigt keinen Biss und folgt einfach ohne besondere Begeisterung den Anweisungen des Fahrers. Und trotz einer Leistung von rund 600 PS reicht das Treten des rechten Pedals nicht aus, um einen im Sitz zu fesseln. Tesla kündigt jedoch für diese Version eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,3 s an.
Ein Tesla Cybertruck nicht so teuer
Wenn man diesen Pick-up jedoch an seine Grenzen bringt, beginnt der Ladezustand der Batterie gefährlich mit dem roten Bereich zu flirten. Als wir an der Tesla-Station ankommen, enthält der Akku nur noch 18 % der Energie und lässt kaum zu, dass wir 70 km weit fahren können. Bevor Sie den Cybertruck anschließen, müssen Sie jedoch die Klappe öffnen, in der sich der Stecker des Autos befindet. In dieser Hinsicht sind die Erläuterungen in der Bordanleitung nicht ganz eindeutig. Nach ein paar Minuten und etwas Hilfe von Google bekamen wir es endlich in die Hände. Dieser ist im Kunststoffschutz des linken hinteren Radhauses versteckt und somit nahezu unsichtbar. Eine seltsame Wahl.
Mit seiner maximalen Ladeleistung von 250 kW sollte der Cybertruck nicht zu lange an Ladesäulen verweilen. In unserem Fall teilt uns der Computer 22 Minuten mit, bevor der Ladestand 80 % erreicht. Zeit, sich für den Hintern des Monsters zu interessieren. Wie jeder Pick-up hat auch dieser die Form eines Müllcontainers. An sich ist das nicht besonders sexy, aber denken Sie daran, dass dieser Autotyp für Amerikaner vor allem ein Nutzfahrzeug ist. Trotz des Vorhandenseins eines elektrisch zu öffnenden und zu schließenden Vorhangs zum Schutz der transportierten Gegenstände bleibt der Laderaum auf natürliche Weise vom Rest des Fahrgastraums getrennt und daher absolut nicht vor Außentemperaturen geschützt.
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Flohmarktbegeisterte werden sich jedoch darüber freuen, hier mit mehr als 3 m³ Ladevolumen rechnen zu können. Um schwere Gegenstände darauf zu heben, sind jedoch gehärtete Stahlwirbel erforderlich, denn die Ladeschwelle flirtet gerne mit dem Meter. Als Ausgleich ist der Müllcontainer komplett mit Kunststoff ummantelt, der die Karosserie vor möglichen Stößen schützt. Darüber hinaus verfügt der Cybertruck über eine Frunkalso ein unter der Fronthaube untergebrachter Kofferraum, der mit seinen 200 Litern Platz für den Wocheneinkauf oder eine Reisetasche bietet.
Als wir diesen Tesla Cybertruck auf dem Parkplatz abstellten, auf dem wir ihn abgeholt hatten, war es schwierig, eine klare Meinung zu haben. Aus europäischer Sicht mag dieser Fahrzeugtyp völlig nutzlos erscheinen, insbesondere aufgrund seiner Größe, die nicht mit unseren Straßen kompatibel ist. Aber jenseits des Atlantiks ist es durchaus möglich, ihn sich in der Rolle des Familienautos vorzustellen. Zumal der Preis dieser Allradversion (79.990 US-Dollar bzw. rund 76.200 Euro) deutlich unter dem eines SUV liegt in voller Größeetwa ein Audi Q7 oder ein Mercedes GLS. Objektiv gesehen müssen wir dennoch die Leichtigkeit des Fahrens, die Agilität und den Komfort erkennen, die seine rohen Linien nicht vermuten lassen. Kurz gesagt, ein perfekt gezähmtes Monster.
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