Der Schweizer Laser sprengt jede Vorstellungskraft

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Die Suche nach immer effizienteren und präziseren Lasern mobilisiert die wissenschaftliche Gemeinschaft seit Jahrzehnten. Ultrakurze Laserpulse sind ein unschätzbares Werkzeug für Forschung und Industrie und ermöglichen beispiellose Präzisionsmessungen und innovative Anwendungen in der Materialbearbeitung. Ein Team aus Schweizer Forschern hat einen Laser entwickelt, der in der Lage ist, die stärksten ultrakurzen Impulse zu erzeugen, die jemals erzielt wurden. Diese Errungenschaft erweitert das Feld der Möglichkeiten zur Erforschung physikalischer Phänomene auf atomarer Ebene und zur Verbesserung zahlreicher industrieller Prozesse.

Ein Leistungsrekord für ultrakurze Laserpulse

Forscher der ETH Zürich unter der Leitung von Professorin Ursula Keller vom Institut für Quantenelektronik haben einen neuen Rekord aufgestellt im Bereich ultrakurzer Laserpulse. Ihr Gerät erzeugt Impulse mit einer durchschnittlichen Leistung von 550 Watt und übertrifft damit die bisherigen Leistungen um mehr als 50 %. Diese Impulse zeichnen sich nicht nur durch ihre Leistung aus, sondern auch durch ihre extrem kurze Dauer von weniger als einer Pikosekunde (ein Millionstel einer Millionstelsekunde).

Die Wiederholungsfrequenz dieser Impulse erreicht 5 Millionen pro Sekunde, wobei die Leistungsspitzen bei 100 Megawatt liegen. Um das ins rechte Licht zu rücken kolossale Machtwürde es theoretisch dem gleichzeitigen Betreiben von 100.000 Staubsaugern für einen kurzen Moment entsprechen.

Systemübersicht: Der Laser ist in der Bildmitte sichtbar, während Linsen und Spiegel im Vordergrund den Laserstrahl reflektieren und umlenken. (Bild: Moritz Seidel / ETH Zürich)

Die Entwicklung von Kurzpuls-Scheibenlasern

Seit einem Vierteljahrhundert arbeitet das Team um Professor Keller an der kontinuierlichen Verbesserung von Kurzpuls-Scheibenlasern. Bei diesen Geräten besteht das Lasermaterial aus einer ultradünnen, nur 100 Mikrometer dicken Kristallscheibe, die Ytterbiumatome enthält. Im Laufe der Jahre viele technische Herausforderungen Es mussten mehrere Situationen bewältigt werden, darunter spektakuläre Zwischenfälle, die zur Zerstörung interner Laserkomponenten führten.

Die Lösung dieser Probleme hat zu neuen Erkenntnissen geführt, die Kurzpulslaser zuverlässiger und besser für industrielle Anwendungen geeignet machen. „Die von uns nun erreichte Kombination aus noch höherer Leistung und einer Pulsfrequenz von 5,5 Megahertz basiert auf zwei Innovationen.» präzisiert Moritz Seidel, Doktorand in Kellers Labor.

Die ersten Neuerungen betreffen die konkrete Anordnung der Spiegel im Inneren des Lasers. Diese Konfiguration ermöglicht es dem Licht, die Scheibe mehrmals zu durchlaufen, bevor es den Laser durch einen Kopplungsspiegel verlässt. Er fügt hinzu: „Durch diese Anordnung können wir das Licht extrem verstärken, ohne dass der Laser instabil wird.»

Die zweite Neuerung betrifft das zentrale Element des gepulsten Lasers: einen speziellen Spiegel aus einem Halbleitermaterial. Diese vor dreißig Jahren von Ursula Keller erfundene Komponente ist unter dem Akronym SESAM (Semiconductor Saturable Absorber Mirror) bekannt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Spiegeln hängt das Reflexionsvermögen eines SESAM von der Intensität des auftreffenden Lichts ab.

Lukas Lang (links) und Moritz Seidl (rechts) installieren den Laser.
Lukas Lang (links) und Moritz Seidl (rechts) installieren den Laser. (Image : Heidi Hofstetter / ETH Zurich)

Die wesentliche Rolle von SESAM bei der Impulserzeugung

SESAM spielt eine Schlüsselrolle bei der Erzeugung kurzer Impulse anstelle eines kontinuierlichen Strahls. Die Impulse haben eine höhere Intensität, da die Lichtenergie über einen kürzeren Zeitraum konzentriert wird. Damit ein Laser Licht aussenden kann, muss die Lichtintensität im Inneren einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Hier setzt SESAM an: Es reflektiert Licht, das die Verstärkerscheibe bereits mehrfach durchlaufen hat, besonders effektiv bei hoher Lichtintensität. Dadurch schaltet der Laser automatisch in den Pulsmodus.

Moritz Seidel souligne: «Pulse vergleichbarer Leistung wie die, die wir jetzt erhalten haben, konnten bisher nur erzeugt werden, indem schwächere Laserpulse durch mehrere separate Verstärker außerhalb des Lasers geleitet wurden.» Diese Methode hatte den Nachteil, dass das Rauschen aufgrund von Leistungsschwankungen zunahm, was insbesondere bei Präzisionsmessungen Probleme bereitete.

Professor Keller ist von den Perspektiven, die diese Ergebnisse bieten, begeistert. Es zeigt, wie wichtig die Unterstützung der ETH Zürich und eine verlässliche Finanzierung durch den Schweizerischen Nationalfonds für die Erreichung dieser Fortschritte sind. Die Forscher hoffen nun, diese Pulse noch weiter auf wenige Zyklen verkürzen zu können, was für die Entstehung von Attosekundenpulsen entscheidend ist.

Die schnellen, leistungsstarken Impulse, die dieser neue Laser ermöglicht, könnten in neuen Frequenzkämmen im Ultraviolett- bis Röntgenbereich Anwendung finden und so die Entwicklung noch präziserer Uhren ermöglichen. Ursula Keller nennt sogar ein ehrgeiziges Ziel: „Eines Tages könnten wir zeigen, dass Naturkonstanten nicht so konstant sind.»

Darüber hinaus lässt sich mit diesem Laser Terahertz-Strahlung erzeugen, deren Wellenlänge deutlich größer ist als die des sichtbaren oder infraroten Lichts und beispielsweise zur Materialprüfung eingesetzt werden kann. : „Insgesamt lässt sich sagen, dass wir mit unseren Laserpulsen gezeigt haben, dass Laseroszillatoren eine gute Alternative zu verstärkerbasierten Lasersystemen sind und neue und bessere Messungen ermöglichen.», schließt der Forscher.

Bildunterschrift: Ein Blick ins Innere des Rekordlasers. Das Bild zeigt die runde Verstärkerscheibe, die der Laserstrahl mehrfach durchläuft (Lichtfleck in der Mitte). (Bild: Moritz Seidel / ETH Zürich)

Seidel M, Lang L, Phillips CR, Keller U. Ultraschneller 550-W-Dünnscheiben-Laseroszillator mit mittlerer Leistung, Optica 11, 1368-1375 (2024) doi: 10.1364/OPTICA.529185

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