Stromnetz auf Kuba bricht komplett zusammen

Stromnetz auf Kuba bricht komplett zusammen
Stromnetz auf Kuba bricht komplett zusammen
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In dem sozialistischen Karibikstaat mangelt es an Brennstoff, zudem ist die Infrastruktur hoffnungslos überaltert. Die Regierung macht das US-Embargo für den Zusammenbruch der Stromversorgung verantwortlich.

In Kuba müssen die Menschen im Dunkeln durch die Strassen gehen.

Norlys Perez / REUTERS

Zwei Tage nach Beginn eines landesweiten Stromausfalls sitzt die grosse Mehrheit der Kubaner weiter im Dunkeln. Wie die Regierung in der Nacht zu Sonntag mitteilte, konnten bis anhin lediglich knapp 20 Prozent der Haushalte in dem rund zehn Millionen Einwohner zählenden Inselstaat wieder mit Strom versorgt werden. Priorität habe dabei der Betrieb der Spitäler. Zwar war es den Behörden nach einem landesweiten Blackout am Freitag in der Nacht zum Samstag gelungen, die Stromversorgung in einigen Regionen für kurze Zeit wiederherzustellen. Doch am frühen Samstagmorgen brach das Stromnetz im ganzen Land erneut zusammen.

Ausgelöst wurde der Blackout am Freitagmorgen gegen 11 Uhr durch den Ausfall des wichtigsten kubanischen Wärmekraftwerks Antonio Guiteras. An dem altersschwachen Kraftwerk waren seit längerem Arbeiten geplant, die in den kommenden Monaten durchgeführt werden sollten. Ein Defekt dort löste nun eine Kettenreaktion aus, die zur Abschaltung des gesamten Netzes führte. Am Samstagabend erklärte die Regierung, man versuche derzeit, genügend Leistung ins Netz zu bringen, um die am Freitag abgeschalteten Kraftwerke wieder hochzufahren.

Überalterte Infrastruktur

Der Stromausfall kam nicht überraschend. Die kubanische Strominfrastruktur ist veraltet und störanfällig. Zudem leidet das Land unter chronischem Brennstoffmangel. Seit Jahren kommt es deshalb vor allem im Landesinnern immer wieder zu Stromausfällen oder stundenlangen Abschaltungen durch die Behörden. In der Hauptstadt Havanna bemühte sich die Regierung hingegen stets um einen Anschein von Normalität und vermied Abschaltungen.

In den vergangenen Wochen hatte sich die Situation jedoch verschärft, so dass vor allem in abgelegenen Regionen der Strom oft bis zu 20 Stunden lang abgeschaltet blieb. Auch in Havanna kam es zu Stromabschaltungen, bei denen abwechselnd einzelne Stadtteile für einige Stunden ohne Elektrizität auskommen mussten. Seit Montag vergangener Woche kam es aber auch in der Hauptstadt zu immer häufigeren und mehrstündigen Stromausfällen.

Am Donnerstagabend, dem Vorabend des Blackouts, hatte der kubanische Ministerpräsident Manuel Marrero die Bevölkerung darüber informiert, dass man die wirtschaftlichen Aktivitäten auf der ganzen Insel für einige Tage herunterfahren müsse, um Energie zu sparen. So sollten Schulen und nicht essenzielle Betriebe wie Restaurants und Freizeitzentren vorübergehend geschlossen bleiben. Nur Spitäler und Lebensmittelproduktionsstätten dürften ohne Kürzungen weiterarbeiten.

Auf den Strassen Havannas wird derzeit am offenen Feuer gekocht.

Ramon Espinosa / AP

Regierung macht die USA verantwortlich

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel machte das seit mehr als 60 Jahren bestehende Handelsembargo der USA gegen die Insel für den Zusammenbruch der Versorgung verantwortlich. Dadurch sei es Kuba nicht möglich, die Infrastruktur zu modernisieren, Ersatzteile zu importieren und sich ausreichend mit Brennstoff zu versorgen. Aber auch die seit Jahren rückläufigen Brennstofflieferungen aus dem verbündeten Venezuela sowie aus Russland und Mexiko tragen zur Versorgungskrise bei.

Zudem gab die Regierung an, dass der Hurrikan Milton, der in der vergangenen Woche durch die Karibik gezogen war, dazu geführt habe, dass erwartete Brennstofflieferungen nicht rechtzeitig in den kubanischen Häfen eintreffen konnten. Da derzeit der Hurrikan Oscar mit Geschwindigkeiten von rund 130 Kilometer pro Stunde von Osten her auf Kuba zusteuert, befürchtet die Regierung in den nächsten Tagen weitere Versorgungsstörungen im Osten und Norden der Insel.

Ohne Strom für Ventilatoren zur Kühlung ihrer Wohnungen verbringen viele Kubaner ihre Zeit während des Blackouts auf den Strassen, wie hier in der Hauptstadt Havanna.

Ramon Espinosa / AP

Auch an Lebensmitteln mangelt es

Neben dem Mangel an Brennstoffen leidet die Bevölkerung zunehmend unter der chronisch schlechten Versorgung mit Lebensmitteln. Da seit der Corona-Pandemie auch der Tourismussektor angeschlagen ist, fehlen der Regierung Devisen für Importe. Die aktuelle Krise wird von Beobachtern als schlimmer eingeschätzt als die Anfang der Neunzigerjahre. Damals hatte der Zusammenbruch der mit Kuba wirtschaftlich eng verbundenen Sowjetunion zu einer mehrjährigen Versorgungskrise geführt.

Während des Blackouts an diesem Wochenende bildeten sich vor den staatlichen Ausgabestellen für Lebensmittel lange Schlangen. Verderbliche Lebensmittel wurden dort rasch verteilt, da nur wenige Geschäfte über funktionierende Generatoren zur Stromerzeugung verfügen.

Nichtstaatliche Medien wie das Nachrichtenportal «14ymedio» berichten über den verzweifelten Kampf der Menschen, zu Hause die wenigen Lebensmittel angesichts fehlender Kühlmöglichkeiten zu retten. Man vermeide es, die Kühlschränke zu öffnen, um die Restkälte darin zu konservieren. In der Region Havanna habe man Glück, dass die derzeit dort herrschende Kaltfront für kühlere Temperaturen sorgt. So könne man gut auf die Ventilatoren verzichten, und die Lebensmittel würden nicht so schnell verderben.

Ständige Krisen seit der Revolution

Obwohl die kubanische Bevölkerung seit der Revolution unter Fidel Castro von 1959 an Versorgungsengpässe gewöhnt ist, kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Unzufriedenheit mit der Regierung. Im Juli 2021 kam es zu landesweiten Protesten wegen der ständigen Blackouts sowie der mangelhaften Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Die Regierung reagierte auf die grössten Proteste seit 1994 mit harter Hand und liess Hunderte von Protestlern zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilen.

Nachdem der Hurrikan Ian Ende September 2022 zu tagelangen Störungen der Stromversorgung auf Kuba geführt hatte, kam es erneut zu Protesten. Zuletzt wurde im März diesen Jahren vor allem im Osten der Insel gegen den Strom- und Lebensmittelmangel protestiert. Experten schätzen, dass aufgrund der Krise in den letzten drei Jahren rund eine Million Kubaner die Insel verlassen haben.

Bewohner Havannas am vergangenen Samstag: Auf der sozialistischen Insel nehmen die Krisen kein Ende.

Ramon Espinosa / AP

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