Meyer Burger: Thuner Solarfirma benötigt Finanzspritze

-

Rote Zahlen bei Solarfirma

Meyer Burger verhandelt über dringend nötige Finanzspritze

Das Thuner Solarunternehmen kämpft ums Überleben. Nach einem weiteren hohen Verlust laufen Gespräche mit Anleihensgläubigern über frisches Kapital.

Publiziert heute um 06:49 Uhr

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.

BotTalk

In Kürze:
  • Meyer Burger meldet einen Verlust von 317 Millionen Franken im Halbjahr.
  • Der Umsatz halbierte sich aufgrund der strategischen Verlagerung nach Amerika.
  • Die flüssigen Mittel schwinden, von 158 Millionen Franken per Ende Juni auf 83 Millionen per Ende September.
  • Gespräche mit Anleihengläubigern über frisches Kapital laufen.

Meyer Burger hat nach einer zweimonatigen Verzögerung den Finanzbericht für das erste Halbjahr 2024 veröffentlicht. Die Zahlen sind tiefrot. Das Solarunternehmen weist einen Verlust von rund 317 Millionen Franken aus. Dies im Vergleich zum Minus von 65 Millionen Franken im Vorjahr und bei einem halbierten Umsatz von noch knapp 49 Millionen Franken.

Die Ergebnisse reflektierten die strategische Verlagerung des Geschäftsschwerpunktes von Deutschland in die USA, heisst es in der Mitteilung.

Meyer Burger möchte mit der Verlagerung profitieren von Steuergutschriften der USA für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie von deren Schutzzöllen vor chinesischen Billiganbietern. So schloss das Unternehmen im Frühling die Produktion von Solarmodulen im ostdeutschen Freiberg, um sie nach Goodyear im US-Bundesstaat Arizona zu verlagern.

Kasse leert sich

Durch den Umzug und die Aufbauarbeiten in den USA erhöhten sich die operativen Kosten. Zudem fielen beträchtliche Abschreiber an.

Und im August platzte die Finanzierung des zweiten Verlagerungsschrittes von Ostdeutschland in die USA: Die Produktion von Solarzellen wird daher nicht nach Colorado Springs übersiedelt, sondern soll weiterhin in Thalheim erfolgen. Konzernchef Gunter Erfurt trat nach diesem Fehlschlag zurück und übergab die operative Leitung an Verwaltungsratspräsident Franz Richter.

Verwaltungsratspräsident Franz Richter leitet das Unternehmen nach dem Abgang des Chefs Gunter Erfurt auch operativ.

Das Solarunternehmen verbrennt nach einer erst im April erfolgten Kapitalerhöhung für den Aufbau der Produktion in den USA weiterhin viel Geld. Per Ende Juni betrugen die flüssigen Mittel 158 Millionen Franken, per Ende September waren es noch 83 Millionen.

Wie angespannt die Situation bei Meyer Burger ist, zeigt die Publikation des Halbjahresberichts am Donnerstagabend eine halbe Stunde vor Mitternacht. Die Schweizer Börse SIX hatte dem Unternehmen dafür nach der Verschiebung im September eine Nachfrist bis Ende Oktober eingeräumt, also bis am Donnerstagabend um 23.59 Uhr.

Sanierungsgutachten wegen Finanzierungslücke

In der Medienmitteilung schreibt Meyer Burger von einer Finanzierungslücke in hoher zweistelliger Millionenzahl. Denn in Colorado Springs müssten erhebliche Anfangsinvestitionen abgeschrieben werden, gleichzeitig seien weitere Investitionen für die Fertigstellung des Modulwerkes in Goodyear erforderlich.

Der Verwaltungsrat lässt nun von einem Restrukturierungsberater ein Sanierungsgutachten erstellen. Dieses soll aufzeigen, wie das Unternehmen «ein zukunftsfähiges operatives Geschäft und eine tragfähige Kapitalstruktur» erhalten kann.

Gespräche mit Anleihengläubigern

In diesem Zusammenhang stehe der Verwaltungsrat «in fortgeschrittenen Verhandlungen» mit einer Gruppe von Inhabern der bestehenden Wandelanleihen. Diese hätten «ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, frisches Kapital bereitzustellen, um die bestehenden Verbindlichkeiten unter den Wandelanleihen umzustrukturieren».

Die neue Modulfabrik in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona, wo im Juli die Produktion gestartet wurde.

Meyer Burger fährt die Produktion von Solarmodulen in Goodyear dennoch weiter hoch. Nach dem Start der ersten Fertigungslinie im Juni soll Ende Jahr eine zweite folgen. Aufgrund der bestehenden langfristigen Abnahmeverträge könnten die produzierten Solarmodule sofort verkauft werden, was sich im zweiten Halbjahr positiv auf den Umsatz auswirken werde, schreibt das Unternehmen.

Ab 2026 rentabel?

Nach dem Hochfahren aller Linien könne «ab 2026 ein stabiler und profitabler Geschäftsbetrieb» erreicht werden. Konkret soll bei einem jährlichen Umsatz von rund 350 bis 400 Millionen Franken ein Betriebsgewinn (Ebitda) von rund 70 Millionen Franken resultieren.

Es gebe aber keine Garantie, dass dies möglich sein werde oder zu Bedingungen, die für Meyer Burger und ihre Aktionäre attraktiv seien, heisst es weiter. Der Aktienkurs ist allerdings schon massiv gefallen, seit Anfang Jahr um 99 Prozent.

Beim Personal hat das Unternehmen bereits im September einen Abbau von rund 1050 auf 850 Mitarbeitende bis Ende 2025 angekündigt. Am Sitz in Thun beschäftigt Meyer Burger noch etwa 80 Mitarbeitende in der Verwaltung, in der Entwicklung von Solarmodulen, im Service und im Verkauf.

Newsletter

Die Woche in der Region Thun

Erhalten Sie Infos und Geschichten aus der Region Thun.

Weitere Newsletter

Einloggen

Julian Witschi ist Wirtschaftsjournalist im Ressort Bern. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung und wurde mit einem Swiss Press Award ausgezeichnet.Mehr Infos @JWitschi

Fehler gefunden?Jetzt melden.

0 Kommentare

-

PREV Britt Robertson, Hayley Mills und andere nehmen an der Vorführung von THE MERRY GENTLEMEN teil
NEXT Berichte über France 2: die schreckliche wahre Geschichte hinter diesem Film über Kindesmissbrauch von Cécile Bois – Nachrichtenserie im Fernsehen