NOS-Nachrichten•heute, 13:36 Uhr
Derzeit gebe es bei den Ermittlungen zum Flugzeugabsturz in der litauischen Hauptstadt Vilnius keine Hinweise, die auf eine andere Ursache als ein technisches Problem oder einen Pilotenfehler schließen ließen, teilte die litauische Staatsanwaltschaft mit. Sowohl der Flugdatenrekorder als auch der Cockpit-Voice-Recorder wurden inzwischen gesichert, die sogenannten Black Boxes.
„Unsere ersten Informationen lassen keinen Grund erkennen, schwerwiegendere Aktivitäten zu untersuchen“, sagte Staatsanwalt Arturas Urbelis. Er fügte hinzu, dass die Ermittlungen noch andauern. „Wir könnten noch auf Hinweise auf andere Aktivitäten stoßen.“
Das spanische Swiftair-Flugzeug des Paketzustellers DHL ist gestern Morgen gegen 5:30 Uhr abgestürzt. Ein spanisches Besatzungsmitglied kam ums Leben und drei weitere wurden verletzt.
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Heute Morgen wurde der Flugverkehr für eine Stunde eingestellt. Dadurch konnte die Polizei den Unfallbereich mit Drohnen filmen.
Blackboxen
Ein Polizeichef sagte heute Morgen, dass die Ermittlungen vor Ort in zwei bis drei Tagen abgeschlossen sein könnten. Die Trümmer werden in einem Hangar gelagert.
Die litauischen Behörden erhalten Hilfe von deutschen Ermittlern, weil das Flugzeug in Leipzig gestartet ist. Auch zwölf Experten aus den USA (davon fünf vom Flugzeughersteller Boeing) werden zu Hilfe kommen. Die Polizei hat mitgeteilt, dass sie mit den überlebenden Besatzungsmitgliedern sprechen möchte, über deren Zustand ist jedoch nichts bekannt.
Nach dem Absturz wurde eine Inspektion der Anflugsysteme der polnischen Flugsicherung durchgeführt. Dies spielt auch im ankommenden Flugverkehr nach Litauen und damit auch in der Forschung eine Rolle. Das abgestürzte Flugzeug flog über Polen.
Bilder von kurz nach dem Absturz:
DHL-Flugzeug stürzt in der Nähe seines Wohnorts in Litauen ab
Die litauischen Behörden berichteten zunächst, dass die Ursache des Absturzes wahrscheinlich menschliches oder technisches Versagen sei, ein Angriff aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Seitdem sind immer mehr Fragen aufgetaucht. Der Chef des litauischen Sicherheitsdienstes verwies gestern auf die Bedrohung durch Russland. Der litauische Sender wies darauf hin, dass kein Notsignal gesendet worden sei und die Wetterbedingungen gut seien.
Es gab bereits früher Vorfälle mit DHL-Paketen. In den DHL-Lagern in Leipzig und Birmingham sind in diesem Jahr Pakete in Flammen aufgegangen. Die britischen Behörden untersuchten eine mögliche Beteiligung Russlands. Die polnische Staatsanwaltschaft gab am 5. November bekannt, dass sie vier Personen wegen Beteiligung an der Versendung von Sprengstoffpaketen über internationale Kuriere festgenommen habe.
Auch in Deutschland, wo das Flugzeug startete, gibt es große Aufmerksamkeit für die Ermittlungen. Außenministerin Baerbock fordert eine umfassende Aufklärung des Absturzes. Sie sagte, die Behörden in Deutschland und Litauen würden derzeit „in alle Richtungen“ ermitteln.
Neben einem technischen Unfall schließt sie nicht aus, dass der Absturz vorsätzlich herbeigeführt wurde. In Europa habe es zuletzt mehrere „hybride Angriffe“ auf Menschen oder Infrastruktur gegeben, sagte Baerbock. Sie verwies unter anderem auf die Schäden an zwei Datenkabeln in der Ostsee vor einer Woche.
Auf die Frage, ob Russland hinter dem Absturz stecke, sagte Bundeskanzler Scholz, „dass es sein könnte.“ „Wir schauen uns das genau an. Das können wir im Moment noch nicht sagen.“