Beim 5:0-Sieg gegen Salzburg liefert Bayer 04 eine erneute Machtdemonstration ab. Doch trotz der jüngsten Rückkehr zur alten Stärke stellt auch Trainer Xabi Alonso die Frage nach der Nachhaltigkeit.
Sie haben es wieder richtig krachen lassen. Nach fünf Treffern gegen den 1. FC Heidenheim legte Bayer 04 am Dienstag gegen Salzburg in der Champion League erneut mit einer Handvoll Treffer nach. Nach den schwachen ersten 20 Minuten beim 5:2-Sieg gegen Heidenheim war es der zweite überzeugende Auftritt der Werkself, die dabei zum alten Spielstil der Double-Saison zurückkehrte.
Wir haben viel trainiert, um nochmal diese Stärke zurückzuholen.
Und so sprudelte die Erleichterung aus Granit Xhaka geradezu heraus, als er die Renaissance der Bayer-Dominanz erklärte. “Wie aggressiv wir heute gegen den Ball waren – das haben wir Anfang der Saison nicht gut hingekriegt. Aber dafür haben wir in den vergangenen zwei Wochen sehr viel trainiert, um nochmal diese Stärke zurückzuholen, bei Ballverlust sofort draufzugehen”, analysierte der Stratege, der auch persönlich von der neuen alten Herangehensweise profitiert.
Denn die Konsequenzen aus Bayers extremen Gegenpressing tun besonders dem Routinier gut. “Dementsprechend bist du näher am Tor des Gegners , weiter weg von unserem Tor, du musst keine 60-Meter-Sprints mehr nach hinten machen, sondern man ist sofort da”, urteilte Xhaka, “so macht es Spaß und dementsprechend fällt auch das Ergebnis aus.”
So spielt Bayer groß auf, produzierte 10:0 Chancen bis zur Pause, entscheid die Partie bereits mit einem Doppelschlag in der ersten Viertelstunde. Salzburg, das mit der Körperlichkeit und Naivität einer Schülermannschaft verteidigte, war gegen Leverkusens flexibles Mittelfeldspiel völlig überfordert.
Palacios’ Rolle war auch für Salzburg nicht zu entschlüsseln
So war beim besten Willen nicht festzulegen, ob Bayer im 3-5-2- oder im 3-4-3-System agierte, weil Exequiel Palacios als halbrechter Achter extrem nach vorne schob und so meist die Rolle des Relais-Spielers zwischen den Linien übernahm, die sonst der verletzte Jonas Hofmann als halbrechte Offensivkraft im Dreier-Angriff ausfüllt.
Weil der Passspieler und Gegenpressing-König Palacios dies so flexibel handhabte und das gesamte Kreativzentrum mit Xhaka und dem herausragenden Florian Wirtz extrem variabel agierte, gestaltete sich die Verwirrung bei den überforderten Gästen mangels Zugriff auf das äußerst fluide Gebilde, umso größer.
Ich möchte unter die Top 8, das sollte jetzt auf jeden Fall das Ziel sein.
Bayers Machtdemonstration (“Das war ein anderes Level”, so Salzburgs Trainer Pepijen Lijnders) war mit den fünf Treffern noch nicht einmal zu Genüge ausgedrückt. Mit jetzt zehn Punkten und einem guten Torverhältnis von 11:5 dürfte Leverkusen die Play-offs bereits sicher haben. Weshalb Xhaka das neue Ziel, die direkte Qualifikation für das Achtelfinale, ausrief: “Ich möchte unter die Top 8”, erklärte der Schweizer, “das sollte jetzt nach zehn Punkten auf jeden Fall das Ziel sein.”
Dafür wird Bayer womöglich alle drei verbleibende Spiele (gegen Inter, bei Atletico, gegen Prag) gewinnen müssen. Die Rückkehr zum Meister-Modus schürt dabei Xhakas Zuversicht, dass die Werkself jetzt in einen Lauf kommen könnte. “Das war die Mannschaft, die letztes Jahr so dominant gewesen ist”, ordnet der Mittelfeldspieler die jüngsten zwei Partien ein. “Dafür braucht man sehr viel Mentalität und den Willen, weiterzumachen. Ich habe das Gefühl, dass in den letzten vier Wochen diese Mentalität zurückgekommen ist, der Hunger da ist, wieder aufzutreten wie letztes Jahr.”
Für Xabi Alonso ist die Wende noch nicht amtlich
Dann wäre Bayer in der Tat noch Vieles zuzutrauen. Wobei die Frage bleibt, ob die Trendwende nachhaltig ist. Waren Heidenheim, aber besonders auch Salzburg doch arg limitierte Gegner, die Österreicher (“Ich hatte unnormal viel Platz, deutlich mehr als sonst”, so Wirtz) realistisch betrachtet nicht einmal wettbewerbstauglich.
Und so wollte auch ein hoch zufriedener Xabi Alonso die Widergeburt des Meister-Spirits noch nicht als amtlich deklarieren. ” Heute war es sehr gut, aber wir wollen unseren Standard halten. Nach zwei Spielen ist es noch zu früh, das zu sagen”, bremste Leverkusens Trainer.
Ich denke nur daran, dass wir alles, was wir gut gemacht haben, nicht gleich wieder vergessen.
Ihm muss seine Mannschaft erst noch endgültig beweisen, dass sie wieder die alte ist. Schon am Samstag bei Union Berlin. “Wir haben ein gutes Gefühl, wir haben etwas geändert, die Energie ist gut. Aber wir müssen das in Berlin wieder zeigen”, fordert der Spanier, “wir wissen, wie hart es da zu spielen ist.”
Gegen eine Mannschaft, die ganz anders dagegenhalten wird als Salzburg. So klangen Xabi Alonsos Schlussworte fast schon mahnend: “Ab jetzt denke ich nur noch an Union und daran, dass wir alles, was wir gut gemacht haben, nicht gleich wieder vergessen.”