Die Notrufzentrale erhielt am Freitagabend um 1:10 Uhr einen Panikanruf von einigen Straßenarbeitern, die auf der Antwerpener Ringstraße arbeiteten. Vor ihren Augen und vor den Augen Dutzender anderer Autofahrer war ein grüner Porsche in der Nähe des Kennedy-Tunnels gegen einen sogenannten Crash-Absorber gekracht. Das ist ein Baustellenauto, das Fahrer auf der rechten Spur daran erinnern musste, nach links auszuweichen, weil Arbeiter ein Stück weiter mit der Reparatur des Straßenbelags beschäftigt waren. (Lesen Sie mehr unter dem Foto)
Niemand merkte es in diesen ersten Augenblicken, aber der Mann, der schwer verletzt am Steuer des Porsche zurückblieb, war der Fernsehmoderator Tom Waes. Durch den Aufprall landete sein Porsche auf der Mittelebene. Der Fahrer reagierte nicht mehr. Die Straßenarbeiter mussten den Verkehr bis zum Eintreffen der Rettungskräfte selbst auf die linke Spur umleiten. Glücklicherweise befand sich die Verkehrswache der Straßenpolizei in der Nähe. Auch der rumänische Arbeiter im Bauwagen wurde leicht verletzt.
„Wir waren vor Ort und mussten eine Person aus dem Auto befreien“, teilte die Antwerpener Feuerwehr mit. Die Feuerwehr musste das Dach des Porsche aufschneiden, um Waes entlang der Straße vorsichtig zu befreien. Er war allein im Auto. (Lesen Sie weiter unter der Infografik)
Anschließend wurde Waes von einem herbeigeeilten Arzt vierzig Minuten lang wiederbelebt. Das geschah mitten auf der Antwerpener Ringstraße. Erst nachdem dies erfolgreich war, wurde Waes mit einem Krankenwagen in das Universitätskrankenhaus Antwerpen gebracht. Sein Leben war zu diesem Zeitpunkt noch in Gefahr.
Im Restaurant und Café
Tom Waes war am Freitagabend im Antwerpener Stadtteil Het Zuid unterwegs gewesen. Mehrere Zeugen sahen ihn an diesem Abend mit einigen Freunden in einem Restaurant in der Nähe des Königlichen Museums der Schönen Künste (KMSKA). Noch am selben Abend wurde er etwas weiter entfernt in einem Café gesichtet, das Waes nach Angaben des Managers oft besucht. Er sprach dort mit einigen Studenten.
Gegen ein Uhr muss der Fernsehmoderator Schluss gemacht haben. Er stieg in seinen Porsche und fuhr nach Linkeroever, wo er lebt. Eine neun Kilometer lange Fahrt, die normalerweise etwa 12 Minuten dauert. Möglicherweise fuhr Waes über die Graaf van Hoornestraat und die Amerikalei zum Ring, um über die Schelde zum Linkeroever zu gelangen.
Nach 200 Metern Fehler
Als er auf die Ringstraße von Antwerpen einfuhr, ging es schief. Von der Auffahrt sind es nur noch gut 350 Meter bis zum Kennedy-Tunnel. Auf diesem kurzen Streifen befanden sich drei Kollisionsabsorber. Aus unbekannter Ursache prallte Waes nach etwa 200 Metern mit dem zweiten Baustellenfahrzeug zusammen. Laut dem Autojournalisten Tony Verhelle, der sich für uns die Fotos des Unfalls angesehen hat, könnte Waes in allerletzter Minute ein Ausweichmanöver durchgeführt haben.
Auf flämischen Autobahnen stehen immer drei solcher Fahrzeuge auf Stellplätzen. Sie dienen in erster Linie dem Schutz der Straßenarbeiter. Sie sind aber auch so gebaut, dass ein Fahrer den Unfall auch bei einem Aufprall mit 100 Stundenkilometern überleben kann. Das drei Meter lange Kissen besteht aus einer speziellen Kartonsorte, die durch Stöße komprimiert wird. Das ist auch der Grund, warum die vielen Unfälle mit diesem Fahrzeugtyp selten oder nie tödlich enden. Vielleicht hatte der Aufprall deshalb so schwerwiegende Folgen, weil Waes einen Oldtimer fuhr. „Ein solcher Oldtimer schützt die Insassen und andere beteiligte Personen nicht so gut“, sagt Stef Willems vom Verkehrsinstitut Vias. Moderne Autos verfügen beispielsweise über Knautschzonen, die den Aufprall absorbieren. Nach dem Unfall aufgenommene Fotos zeigen zudem, dass der Porsche über keine Airbags verfügt.
Seidenfaden
Das Leben von Tom Waes hing am Freitagabend am seidenen Faden. Seine Familie wurde mitten in der Nacht informiert und gebeten, ins Krankenhaus zu kommen. Das war angesichts der späten Stunde nicht einfach. Tom Waes ist zusammen mit Charlotte Vranken (35) Doktor der Chemie. Sie musste von Limburg nach Antwerpen reisen.
Waes hat zwei erwachsene Kinder aus einer früheren Ehe. Auch seine Tochter und sein Sohn wurden gebeten, ins Krankenhaus in Antwerpen zu kommen. Sein Sohn soll nachts von den Niederlanden nach Antwerpen gefahren sein.
Unterdessen wurde eine Untersuchung zur Unfallursache eingeleitet. Die Straßenpolizei schaltete die Staatsanwaltschaft Antwerpen ein – „wie immer nach einem Unfall, bei dem jemand in Lebensgefahr schwebt“. Bei den Ermittlungen wird unter anderem geprüft, mit welcher Geschwindigkeit er gefahren ist und ob der Fahrer unter Alkoholeinfluss gestanden hat. Für den ersten Aspekt war die Photogrammetrie-Abteilung der Straßenpolizei vor Ort, um Beobachtungen mit Drohnen durchzuführen. Untersucht werden auch die Bilder der Kameras auf dem Antwerpener Ring, die den Unfall gefilmt haben.
Im Krankenhaus wurde auch eine Blutprobe von Waes beschlagnahmt. Zu dem Ergebnis der Analyse konnte die Staatsanwaltschaft Antwerpen am Sonntag noch nicht sagen.
„Danke, lieber Freund“
Erst im Morgengrauen des Samstags wurde klar, dass Waes außer Gefahr war. „Wir konnten kurz mit Tom sprechen und ihn festhalten. Das ist sehr erfreulich. Was für eine Erleichterung“, sagte die Familie am Samstagnachmittag in einer über VRT verbreiteten Nachricht. Ein neues Update zu seinem Gesundheitszustand wollen die Ärzte in Absprache mit seiner Familie erst am heutigen Montag bekannt geben.
Tom Waes gab am Sonntagabend, 42 Stunden nach dem Unfall, erstmals ein Lebenszeichen von sich. Sänger Bart Peeters hatte die 7.000 Besucher seines Auftritts in der Lotto-Arena am Samstagabend dazu aufgerufen, dem TV-Moderator gute Besserung zu wünschen. „Tom, das ist für dich!“, rief der Sänger.
Tom Waes, der die Bilder am Sonntag in seinem Krankenhausbett auf der Intensivstation sah, antwortete auf Instagram: „Danke, lieber Freund.”