Kaum ist bei Raiffeisen einigermassen Ruhe eingekehrt, muss die Bankengruppe schon wieder einen neuen Chef suchen
Knall bei Raiffeisen: Bereits in zwei Wochen wird der Chef die drittgrösste Bank der Schweiz verlassen. Das will so gar nicht zum Bild von Heinz Huber passen. Ganz im Gegensatz zu seinem neuen Job.
Er war das pure Gegenteil von Pierin Vincenz, dem schillernden Raiffeisen-Chef und Banker-Star. Heute kämpft der Bündner nach Verurteilungen und Wiederaufhebung von Urteilen vor Gericht um seine verbliebene Rest-Reputation.
Heinz Huber war aber auch das Gegenteil von seinem ersten Raiffeisen-Präsidenten Guy Lachapelle. Auch dieser musste die grösste genossenschaftlich organisierten Bankengruppe schnell wieder verlassen. Er war über eine Liebesaffäre gestolpert. Zuvor gab auch sein präsidialer Lohn zu reden.
Was Heinz Huber ausmacht
Heinz Huber hingegen gilt als stiller, gut vernetzter Schaffer. Als Teamplayer. Als Spielertrainer.
Nach einer Banklehre bei der UBS arbeitete er sich lange Jahre bei der Thurgauer Kantonalbank (TKB) bis auf den Chefposten hoch, ehe er für viele überraschend zum neuen Lenker von Raiffeisen Schweiz gewählt wurde. Dazwischen war er noch unternehmerisch tätig, als Mitglied der Geschäftsleitung der globalen IT-Firma Dicom Group sowie als Gründer und Geschäftsführer der Sydoc, eines KMU im Informationsmanagement.
Viel mehr ist über den heute Sechzigjährigen öffentlich nicht bekannt. Und das war seinem Arbeitgeber und insbesondere all den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern im Land auch Recht. Die lesen lieber Schlagzeilen über geschäftliche Erfolge, wie etwa jene über den Sprung auf Platz 3.
Nachfolge für den gefallenen Bündner KB-Präsidenten
Nun, kurz vor der Pension, zieht sich Heinz Huber Knall auf Fall aus dem operativen Geschäft zurück, wie Raiffeisen am Donnerstagmorgen publik wird. Den Raiffeisen-Chefposten wird er bereits in zwei Wochen verlassen. Um dann im Juni als Präsident des Bankrats der Graubündner Kantonalbank (GKB) nochmals neu ins Arbeitsleben zu starten.
Der abrupte Abgang heizt die Spekulationen an – auch darüber, ob Huber gehen musste. Schliesslich ist es nur gerade vier Monate her seit er gegenüber der «Handelszeitung» betonte: «Ein Rücktritt ist für mich kein Thema.» Er arbeite «sehr gern» bei Raiffeisen und habe «Freude daran, die Entwicklung dieser Bankengruppe gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voranzutreiben». Nun ist das offensichtlich nicht mehr gewünscht – ob von Raiffeisen oder von Huber selbst. Der abtretende Chef will sich jedenfalls nicht zu seinem Weggang äussern, wie er CH Media ausrichten lässt.
Vieles deutet darauf hin, dass Hubers Abgang relativ kurzfristig erfolgt ist. Ein Indiz dafür ist, dass nun der Finanzchef Christian Poerschke ad interim einspringen muss – und noch kein definitiver Nachfolger bereitsteht. Der Raiffeisen-Verwaltungsrat hat nun nach eigenen Angaben den Nachfolgeprozess «in die Wege geleitet».
Auch mit überstürzten Jobwechseln hat Huber Erfahrung: Einen solchen hat er auch Ende 2018 vollzogen als er die Thurgauer Kantonalbank zugunsten der Raiffeisen-Gruppe verliess. Vordergründig machte damals der Bankrat der TKB gute Miene zum bösen Spiel, aber hinter vorbehaltener Hand bestätigten die Mitglieder, dass sie Huber den schnellen Abgang übel genommen hatten.
So passt der neue Job zu Huber
Spannend ist auch der Umstand, wen Huber in Graubünden beerben soll: Peter Fanconi, der eigentlich für eine dritte Amtszeit als Verwaltungsratspräsident der Kantonalbank bis 2026 gewählt war, aber im Juli seinen frühzeitigen Rücktritt bekannt geben musste.
Denn Fanconi war zuletzt im Zusammenhang mit der umstrittenen Kreditvergabe seiner Kantonalbank an die inzwischen kollabierte österreichische Immobiliengruppe Signa des Investors René Benko unter Druck geraten. Ein Prüfbericht hatte Fanconi in dieser Frage allerdings entlastet. Entsprechend dankt der Kanton Graubünden auch seinem scheidenden Kantonalbankpräsidenten «für seine langjährige wertvolle und erfolgreiche Tätigkeit».
Wie die Geschichte zeigt, kennt sich Heinz Huber allerdings mit illustren Vorgängern bestens aus. Und so dürfte er auch auf dem neuen Posten nicht der Versuchung verfallen, aufzufallen.
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