Die EU bereitet sich darauf vor, Frankreich übermäßige Staatsdefizite vorzuwerfen

Die EU bereitet sich darauf vor, Frankreich übermäßige Staatsdefizite vorzuwerfen
Die EU bereitet sich darauf vor, Frankreich übermäßige Staatsdefizite vorzuwerfen
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Wie etwa zehn europäische Länder müsste Frankreich mit einer Geldstrafe in Höhe von 0,1 % des BIP pro Jahr oder fast 2,5 Milliarden Euro rechnen.

Die Europäische Kommission sollte am Mittwoch den Weg für Disziplinarverfahren wegen übermäßiger öffentlicher Defizite gegen etwa zehn EU-Länder freimachen, darunter Frankreich, das zwei Wochen vor den Parlamentswahlen in politisches Chaos gestürzt ist. Brüssel wird am Mittwoch Berichte über die Wirtschafts- und Haushaltslage aller 27 Länder der Europäischen Union veröffentlichen. Die Kommission wird feststellen, dass fast zehn von ihnen, darunter Frankreich und Italien, im vergangenen Jahr die im Stabilitätspakt festgelegte Grenze von 3 % des BIP für öffentliche Defizite überschritten haben.

Besonders besorgniserregend ist der Fall Frankreich: Das Land befindet sich im Visier der Ratingagenturen seit der von Emmanuel Macron nach seiner Niederlage bei der Europawahl am 9. Juni beschlossenen Auflösung der Nationalversammlung in einer politischen Krise. Die Kreditzinsen in Europas zweitgrößter Volkswirtschaft stiegen plötzlich und der Finanzplatz Paris geriet unter den Einfluss der Instabilität. Die in den Umfragen führende rechtsextreme und linke Opposition plant, den Ausgabenhahn weit zu öffnen, aber auch die von Brüssel empfohlenen symbolträchtigen Renten- und Arbeitsmarktreformen rückgängig zu machen. Genug, um das bereits als wenig glaubwürdig erachtete Versprechen von Paris zu kompromittieren, im Jahr 2027 wieder unter die 3 %-Schwelle des Defizits zu kommen.

Die europäische Exekutive warnt seit mehreren Monaten davor, in diesem Jahr Defizitverfahren gegen Länder einzuleiten, die gegen die gemeinsamen Haushaltsregeln verstoßen, die in diesem Jahr reformiert und reaktiviert wurden. Sie wurden nach 2020 wegen der Wirtschaftskrise im Zusammenhang mit Covid und dann dem Krieg in der Ukraine auf Eis gelegt. Der neue Stabilitätspakt sieht grundsätzlich Finanzsanktionen in Höhe von 0,1 % des BIP pro Jahr für Länder vor, die die verhängten Korrekturen nicht umsetzen. Für Frankreich würden sie beispielsweise knapp 2,5 Milliarden Euro betragen.

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Geringes Wachstum und geopolitische Spannungen

In Wirklichkeit wurden diese politisch brisanten Strafen nie angewendet, um die bereits in Schwierigkeiten geratenen Länder nicht noch weiter zu drängen. Seit der Einführung des Euro befand sich Frankreich die meiste Zeit in einem Defizitverfahren. Allerdings war es seit 2017 nicht mehr dabei. Die Korrektur der Abweichungen wird angesichts des geringen Wachstums und der geopolitischen Spannungen schwierig sein. Die öffentlichen Finanzen sind in hohem Maße darauf angewiesen, die Ukraine gegen Russland zu unterstützen, aber auch, um in den grünen Übergang zur Bewältigung der globalen Erwärmung zu investieren.

Die höchsten EU-Defizite verzeichneten im vergangenen Jahr Italien (7,4 % des BIP), Ungarn (6,7 %), Rumänien (6,6 %), Frankreich (5,5 %) und Polen (5,1 %). Neben diesen fünf Ländern sollten Verfahren wegen übermäßiger Defizite auch die Slowakei, Malta (4,9 %) und Belgien (4,4 %) betreffen, stellt Andreas Eisl, Experte vom Jacques Delors Institut, fest. Drei weitere seien in einer Grauzone, erklärt er. Spanien und die Tschechische Republik haben im Jahr 2023 die 3 %-Marke überschritten, planen aber, in diesem Jahr wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Estland hat ebenfalls die 3-Prozent-Marke überschritten, aber seine Staatsverschuldung ist mit rund 20 Prozent des BIP niedrig und liegt im Gegensatz zu den anderen genannten Ländern deutlich unter der im Stabilitätspakt festgelegten Grenze von 60 Prozent des BIP. „Die Kommission wird auf der Grundlage der Zahlen für 2023 entscheiden, aber auch die erwarteten Entwicklungen für 2024 und die Folgejahre berücksichtigen.“betont Andreas Eisl.

Diese Verfahren deuten auf neue politische Auseinandersetzungen zwischen Rom und Paris einerseits und der Kommission und den Ländern, die sich am meisten um die Einhaltung der Haushaltsregeln sorgen, darunter Deutschland, andererseits hin. Die europäischen Vorschriften schreiben Ländern mit übermäßigen Defiziten eine Mindestreduzierung des öffentlichen Defizits um 0,5 Punkte pro Jahr vor, was massive Anstrengungen zur Haushaltseinsparung erfordert. Der Stabilitätspakt wurde 1997 im Hinblick auf die Einführung der einheitlichen Währung am 1. Januar 1999 verabschiedet. Als Reaktion auf das Anliegen Deutschlands, Mitgliedsländer an einer laxen Haushaltspolitik zu hindern, stellt er die objektiven Konten ins Gleichgewicht.

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