In Liverpool geht Bayer als Außenseiter ins Spiel. Doch nach dem Aha-Erlebnis gegen Stuttgart dominiert die Zuversicht. Auch wenn Granit Xhaka vor der Atmosphäre in Anfield warnt, sieht er die Werkself gerüstet und mahnt eine Herberger-Weisheit an.
Es ist ein Tempel des Fußballs. Das Anfield Stadium in Liverpool war die Bühne für viele ikonische Partien. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an das Liverpooler Spektakel beim 4:0-Sieg im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona, nachdem die Katalanen das Hinspiel im Camp Nou noch mit 3:0 gewonnen hatten. Doch in Liverpool gingen Messi und Co. beim “Miracle of Anfield” unter.
Die legendäre Spielstätte bietet seit ihrem in diesem Jahr abgeschlossenen Ausbau 61.276 Zuschauern einen Sitzplatz. Und es wird für Bayer 04 die Aufgabe sein, dass diese Sitzschalen während der 90 Minuten am Dienstagabend auch für den ihnen zugeteilten Zweck benutzt werden, wie Leverkusens Stratege Granit Xhaka weiß.
Xhaka vor neuntem Spiel gegen Liverpool
“Hier zu spielen ist eine große Herausforderung, vor allem wenn man die Fans hier ein bisschen rüttelt, und wenn die mal aufstehen, dann wird es sehr, sehr schwer”, warnt der Routinier aufgrund seiner Erfahrungen aus sieben Jahren in der Premier League, in denen er mit dem FC Arsenal keines seiner acht Pflichtspiele in Liverpool gewinnen konnte. Doch trotz allen Respekts vor dem Gegner gibt sich der 32-Jährige kämpferisch und betont: “Aber wir haben einen klaren Game-Plan. Wir wissen genau, was wir wollen und versuchen natürlich, unser Spiel durchzuziehen.”
Nach der besten Saisonleistung beim 0:0 gegen Stuttgart ist die Zuversicht im Leverkusener Lager gewachsen, auch gegen den übermächtig erscheinenden Favoriten bestehen und gut aussehen zu können. Weil gegen die Schwaben erstmals über 90 Minuten offensiv wie defensiv sehr Vieles sehr gut aussah. Bayer hat sich selbst den Maßstab gesetzt. Und Xhaka sieht die Werkself dafür präpariert, diesen Anspruch erneut zu erfüllen.
“Wir werden auf jeden Fall bereit sein, auch mental bereit sein, bei dieser Atmosphäre auch gegen diese Mannschaft zu spielen, und wir werden hoffentlich auch wieder ein gutes Spiel zeigen”, sagt der Sechser und rennt mit dieser Einstellung bei Simon Rolfes offene Türen ein. Denn auch Leverkusens Geschäftsführer zeigt sich bei allem Respekt vor den Reds angriffslustig.
Bayers neuer Glaube an die alte Stärke
So klingt Rolfes’ Ausblick auf die Partie alles andere als unterwürfig. “Wir haben eine gute Ausgangssituation”, erklärt der Manager nach sieben Punkten aus drei Partien, “wenn wir gewinnen, wäre es natürlich ein Riesenschritt. Mit zehn Punkten hätten wir eine Top-Ausbeute, das werden wir natürlich versuchen.”
Welches Ergebnis der Leverkusener Auftritt nach sich zieht, lässt Rolfes offen. Was für einen Auftritt er erwartet, daraus macht er indes keinen Hehl. “Auf jeden Fall von der Leistung her das, was wir am Freitag gegen Stuttgart gezeigt haben, diesen Standard wieder zu setzen”, sagt der Manager, der Bayers gegen den VfB wiederentdeckten Meister-Spirit dauerhaft einfordert: “Damit haben wir am Freitag angefangen und das gilt es, am Dienstag weiter zu machen.”
Dass die Favoritenrolle klar an die Reds geht, sieht er daher auch nicht als einen Faktor, der die Partie entscheidend beeinflussen wird. Weder negativ noch positiv. “Weil wir trotzdem das Selbstvertrauen haben”, sagt Rolfes. Bayers neuer Glaube an die alte Stärke ist unverkennbar. In Anfield wird beides auf extrem auf die Probe gestellt.
Und dies, das gilt in wenigen anderen Stadien in dieser extremen Form, über die komplette Spielzeit. So fordert Trainer Xabi Alonso im besten Sinne von Sepp Herberger (“Ein Spiel dauert 90 Minuten”) 100 Prozent Konzentration bis zum Schlusspfiff ein: “70 Minuten kannst du hier gut spielen”, weiß der Ex-LFC-Profi, “aber in 20 Minuten kann alles vorbei sein.” Die Rückkehr des Basken an seine alte Wirkungsstätte wird für seine Profis zum absoluten Härtetest.