Der russische Präsident Wladimir Putin hat einen Angriff auf die Ukraine mit einer neuen Mittelstreckenrakete bestätigt und mit weiteren Schlägen gedroht. In einer Videoansprache nannte er das System Oreschnik. Es arbeite mit Hyperschallgeschwindigkeit und könne nicht abgefangen werden, sagte der Kremlchef.
In der ukrainischen Großstadt Dnipro waren am Donnerstagmorgen mutmaßlich sechs Sprengköpfe einer russischen Rakete eingeschlagen. Es seien keine nuklearen Sprengladungen gewesen, sagte Putin.
Er sprach von einer Reaktion darauf, dass die USA und andere westliche Länder der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen auch auf russischem Territorium erlaubt hätten. „Wir haben mehrfach unterstrichen, dass der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine Elemente globalen Charakters angenommen hat“, sagte Putin.
Zugleich nannte er das neue System die Moskauer Antwort darauf, dass die USA Mittelstreckenraketen in Europa und im Pazifik stationieren wollten.
Ziel des russischen Angriffs waren der Ukraine zufolge unter anderem Unternehmen und kritische Infrastruktur in der zentralöstlichen Stadt Dnipro gewesenhieß es. In Dnipro wurde den örtlichen Behörden zufolge ein Industrieunternehmen beschädigt. Zudem seien zwei Brände in der Stadt ausgebrochen. Bei einem Unternehmen soll es sich einen Standort für die Herstellung von Raketen handeln.
Militärfabrik wohl Ziel des Angriffs – Moskau will sich nicht äußern
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf „X“: „Heute hat unser wahnsinniger Nachbar wieder einmal sein wahres Wesen offenbart – seine Verachtung für Würde, Freiheit und das menschliche Leben selbst“. Es sei offensichtlich, dass Putin die Ukraine als Testgebiet nutze. „Es ist auch klar, dass er Angst vor einem normalen Leben neben ihm hat. Einem Leben, in dem die Menschen in Würde leben. Ein Land, das frei sein will und das Recht hat, unabhängig zu sein.“
Putin zufolge werde Russland bei weiteren möglichen Angriffen mit Oreschnik die Zivilbevölkerung warnen, damit sie die Gefahrenzone verlassen könne. Er sprach nicht von einem Nuklearangriff. Allerdings werten Experten gerade den Einsatz von mehreren Sprengköpfen als Hinweis darauf, dass die Rakete technische gesehen auch nuklear bestückt werden könnte. Daten zu der neuen Rakete gibt es bislang nicht, auch die Typenbezeichnung ist bislang nicht aufgetaucht.
Der Einsatz von Raketen mit hoher Reichweite auf beiden Seiten gilt als gefährliche Eskalation in dem seit mehr als 1000 Tagen andauernden russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland.
Iwan Stupak, ukrainischer Militärexperte und ehemaliger Geheimdienst-Offizier, erklärte im Fernsehen, dass die Russen schon mehrmals versucht hätten, die Militärfabrik in Dnipro mit Raketen zu treffen. Sie war aber wohl so gut gesichert, dass die benutzten Marschflugkörper keine großen Schäden anrichten konnten. Die jetzt eingesetzte Rakete könne ungefähr die dreifache Sprengkraft von herkömmlichen Raketen haben. Über das Ausmaß der Schäden an der Fabrik ist bisher nichts bekannt.
Für ihn zeugt der Einsatz von der Verzweiflung der Russen, weil sie kein anderes Mittel sähen, auf die ukrainischen Schläge mit amerikanischen und britischen Raketen in Russland zu antworten.
Der ehemalige ukrainische Botschafter in den USA, Valeriy Chalyy, kommentierte den Angriff so: „Dies ist kein Signal an die Ukraine“, schrieb er auf seiner Facebookseite. „Das ist ein Versuch, die russische nukleare Erpressung gegen Europa zu verstärken und eine Reaktion der Verbündeten in den USA hervorzurufen, die einen dritten Weltkrieg befürchten. Es handelt sich im Wesentlichen um eine psychologische Operation, denn aus militärischer Sicht ist ein solcher Einsatz wegen der normalerweise hohen Reichweite der Raketen und ihrer Ungenauigkeit ohne nuklearen Sprengkopf absolut unangemessen.“
Chalyy weist auch darauf hin, dass die Ukraine von Russland schon in der Vergangenheit mit atomwaffenfähigen Raketen wie dem Marschflugkörper Kh-55 angegriffen worden sei.
Schon am Mittwoch, den 20. November, hatten die ukrainischen Medien Informationen über die Vorbereitungen Russlands zum Test der RS-26 Rubesch verbreitet. In den Berichten hießt es, dass es sich dabei entweder um einen Teststart vom Testgelände Kapustin Yar in der Region Astrachan oder um einen tatsächlichen Start handeln könnte. Die Berichte lösten in der Bevölkerung erhebliche Panik aus. (mit Agenturen)