Die amerikanischen Währungshüter lockern ihre Geldpolitik zum dritten Mal in Folge. Die hartnäckige Inflation dürfte sie in den nächsten Monaten aber dazu zwingen, den Fuss vom Gas zu nehmen.
Der stramme Marsch geht weiter, gerastet wird erst 2025. Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch in ihrem letzten geldpolitischen Entscheid des Jahres den Leitzins abermals um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Er wird sich fortan zwischen 4,25 und 4,5 Prozent bewegen.
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Der Entscheid wird landesweit zu tieferen Zinsen führen, etwa für Firmenkredite oder Hypotheken, und damit die amerikanische Wirtschaft beflügeln. Die Rezession, vor der sich die Marktbeobachter Anfang 2024 noch fürchteten, rückt in weite Ferne.
Powell tritt bald auf die Bremse
Dass die Notenbank ihre Zinspolitik zum dritten Mal in Folge lockert, ist keine Überraschung. Aussagen der Fed-Spitze in Kombination mit den jüngsten Wirtschaftsdaten deuteten bereits darauf hin. Um so gespannter warteten die Investoren dagegen auf Signale, wie rasch und stark das Fed das Zinsniveau im kommenden Jahr nach unten drücken wird.
Diese Signale – sowohl kleine Änderungen im Wortlaut der Pressemitteilung des Fed, als auch die Wirtschaftsprognose der 19 Mitglieder des Fed-Zinskomitees, die vierteljährlich aktualisiert wird – fielen pessimistisch aus. Für 2025 rechneten die Währungshüter im September noch mit vier weiteren Zinssenkungen. Jetzt haben sie diese Schätzung stark revidiert: Die grosse Mehrheit des Komitees erwartet bloss noch zwei weitere Senkungen im kommenden Jahr.
Die Fed-Führung rechnet zudem mit einer etwas höheren Inflation und einem stärkeren Wirtschaftswachstum als bisher. Die Finanzmärkte müssen sich daher darauf einstellen, dass das Fed bald eine Pause einlegen und die Zinsen mittel- bis langfristig auf einem etwas höheren Niveau halten wird als bisher erwartet.
Fed-Chef Jerome Powell sagte an der Pressekonferenz, dass die Unsicherheit, wie sich die Inflation weiter entwickelt, für ein bedächtigeres Vorgehen spricht. «Es ist, wie wenn man in einen dunklen Raum voller Möbel hinein läuft: Man geht langsamer.»
Sowohl der Aktien- als auch der Obligationenmarkt reagierten mit Verlusten auf die vorsichtige Botschaft des Fed.
Schwache Industrie, robuster Konsum
Lange waren sich die Beobachter aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht sicher, ob das Fed im Dezember nochmals die Zinsen senkt. Die Notenbank befindet sich in einem ewigen Balanceakt: Hält sie den Leitzins zu hoch, provoziert sie eine Rezession.
Die Arbeitslosenquote ist in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr von 3,7 auf 4,2 Prozent angestiegen; gegen Ende Jahr wurden auch etwas weniger neue Jobs geschaffen als in der ersten Jahreshälfte. Im November sank zudem die Industrieproduktion zum dritten Mal in Folge; das überraschte Analysten, die nach dem Ende des grossen Streiks beim Flugzeugbauer Boeing eigentlich einen Zuwachs erwartet hatten.
Insgesamt gesehen kommt die US-Wirtschaft derzeit aber immer noch flott voran: Der vielbeachtete Echtzeit-Tracker des Atlanta Fed schätzt das BIP-Wachstum derzeit auf 3,2 Prozent; auch die Löhne der Amerikaner legen weiterhin deutlich zu. Mit tiefen Zinsen steigt in diesem Umfeld auch das Risiko, dass die Teuerung wieder anzieht. Die Inflation hat sich seit 2022, als sie in den USA hohe 8 Prozent erreicht hatte, zwar stark zurückgebildet. Sie verharrt aber weiterhin über dem 2-Prozent-Ziel, das sich das Fed selbst gesteckt hat; unter anderem, weil die Mieten und Häuserpreise immer noch deutlich ansteigen.
Dass die amerikanischen Währungshüter vor einer kniffligen Aufgabe stehen, zeigt sich auch am Umstand, dass der geldpolitische Entscheid nicht einstimmig ausfiel; erst zum zweiten Mal in diesem Jahr. Beth Hammack, die Präsidentin der Federal Reserve Bank von Cleveland, sprach sich gegen die Senkung aus und hätte das Zinsniveau auf dem bisherigen Stand gehalten.
Es zeigte sich zudem, dass der designierte Präsident Trump das Fed bereits jetzt beschäftigt. Powell sagte, dass einige Mitglieder des zinssetzenden Komitees die höhere Unsicherheit, welche die Fiskalpolitik der kommenden Regierung mit sich bringen wird, in ihre Überlegungen für 2025 aufgenommen hat. Andere Mitglieder hätten das nicht getan, eine dritte Gruppe habe sich nicht dazu geäussert.
Es wird etwa erwartet, dass die USA unter Trump höhere Zölle auf Importe erheben könnten, was nach Ansicht der allermeisten Ökonomen preistreibend wirkt. Powell bekräftigte aber, dass das Fed auf die inflationären Effekte von politischen Entscheiden erst dann reagiert, nachdem die Politik diese Entscheide getroffen hat.