„Es ist wie ein Krieg“ zwischen der Schweiz und Russland

„Es ist wie ein Krieg“ zwischen der Schweiz und Russland
„Es ist wie ein Krieg“ zwischen der Schweiz und Russland
-

Das Bürgenstock Resort überblickt den Vierwaldstättersee. Am Wochenende vom 15. und 16. Juni findet auf dem Bürgenstock (NW) ein Gipfel zum Frieden in der Ukraine statt. Bild: KEYSTONE

Zwei Wochen vor der Ukraine-Konferenz tobt Moskaus Propaganda-„Krieg“ gegen die Schweiz. Das Putin-Regime behindert die Friedensbemühungen, doch die Schweiz ist zuversichtlich.

Stefan Bühler, Othmar von Matt und Inna Hartwich / ch media

Am Freitagmorgen um 10.17 Uhr meldete die Nachrichtenagentur Reuters eindringlich:

„China will nicht an der Schweizer Friedenskonferenz zur Ukraine teilnehmen“

Im Bundeshaus stiegen die Gemüter: Was passiert wirklich hinter dieser Absage? Dies ist die jüngste Eskalation im Streit zwischen Russland und der Schweiz um die Ukraine-Konferenz. Tatsächlich hat sich der Konflikt in den letzten Tagen dramatisch verschärft – und vor dem Gipfel, der in zwei Wochen im Nobelort Bürgenstock angesetzt ist, dürfte keine Ruhe mehr einkehren. Im Gegenteil: „Es ist wie ein Krieg“, beschreibt eine beteiligte Person. Mit der Weigerung Chinas scheint sich die Schweiz in der Defensive zu befinden.

Mit welcher Wucht das russische Regime die Schweiz angreift, wurde in den letzten Tagen am Beispiel von Viola Amherd deutlich. Auf dem ersten Kanal des russischen Staatsfernsehens Ein Moderator griff den Bundespräsidenten anEr nannte sie eine „radikale Feministin“, sogar eine „Kindermörderin“, weil sie das Recht auf Abtreibung befürworte. Und sie griff das Land im Allgemeinen an:

„Die Schweiz lädt zum Ball der Satanisten ein. Die Schweiz hat sich an die Spitze der Dämonen gestellt.“

Auch Putins Sprecher Dmitri Peskow spielte Propagandismus und bezeichnete die Konferenz in der Schweiz als „Völlig zum Scheitern verurteilt“.

DER persönliche Drohungen von Wladimir Putin

Diese Woche äußerte der russische Präsident persönlich Drohungen nach der Ankündigung der NATO und Frankreichs, dass die Ukraine gelieferte Waffen gegen militärische Ziele in Russland einsetzen könnte. Wladimir Putins Äußerungen betrafen vor allem die NATO-Staaten, gelten aber teilweise auch für die Schweiz. Vertreter der NATO-Staaten in Europa müssten sich darüber im Klaren sein, womit sie spielen, sagte er. Eine klare Drohung mit militärischer Gewalt:

„Sie müssen bedenken, dass es sich dabei in der Regel um Staaten mit kleinem Territorium und sehr dichter Bevölkerung handelt.“

Die Tatsache, dass der Chef des Kremls und sein Gefolge zielen zunehmend auf die Schweiz ab kann auch als Kompliment gewertet werden: Der Kreml nimmt die Konferenz sehr ernst und Wladimir Putin befürchtet offenbar, dass das Treffen am Bürgenstock kein Erfolg wird.

Trotz aller Widerstände ist es nicht ausgeschlossen. Vor zwei Wochen sprach das Auswärtige Amt noch von 60 Anmeldungen. Zu Beginn dieser Woche waren es bereits 70, „die Hälfte davon kam aus Europa, die andere Hälfte aus Südamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Asien“, sagte Viola Amherd At Blick. Mittlerweile spricht das EDA sogar von 80 teilnehmenden Ländern.

Ehrengäste

Wird der Gipfel auch eine „Hochrangige Konferenz“ sein? Sicher ist, dass die Zahl der anwesenden Staatsoberhäupter und Präsidenten hoch sein wird, insbesondere für die Europäische Union, mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron. Ehrengäste. Und an diesem Montag bestätigte die amerikanische Vizepräsidentin Kamala Harris ihre Anwesenheit.

Sollte sich Chinas Weigerung bestätigen, könnte die Schweiz ein wichtiges Ziel jedoch nur teilweise erreichen: dass die Brics-Staaten mit vollem Wirtschaftswachstum, Brasilien, Indien, China und Südafrika neben Russland auf hohem Niveau vertreten sind Schweiz. Allerdings hat neben China auch Brasilien seine Teilnahme bereits abgesagt. Berichten zufolge geraten die Gespräche mit Südafrika ins Stocken. Aber Indien wird weiterhin auf der Konferenz anwesend sein, vielleicht sogar mit Narendra Modi selbst.

Putin macht Druck

Es ist ein harter Kampf, denn während die Schweiz für die Beteiligung möglichst vieler Länder kämpft, sind die Russen dagegen dagegen. Insbesondere aus diesem Grund verzichten Bern und Kiew nun darauf, eine Registrierung öffentlich zu machen.

Insidern zufolge zeigt der Kremlchef keine Zurückhaltung in seinen Methoden. Damit stehen Länder, die auf Gaslieferungen angewiesen oder wirtschaftlich eng mit Russland verbunden sind, unter massivem Druck, nicht an der Konferenz teilzunehmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Russland in Ländern wie Ägypten, Saudi-Arabien und Südafrika Atomkraftwerke baut. Wer Energie braucht, wird für eine Tagung in der Schweiz kein großes Risiko eingehen.

Auch ein Gegengipfel gehört zum diplomatischen Arsenal Wladimir Putins. So schlug der russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag vor, dass China eine eigene Friedenskonferenz mit Russland und der Ukraine organisieren solle.

Selenskyj ist optimistisch

Es gibt jedoch Anzeichen, die Anlass zum Optimismus geben. Erst vor einem Monat warnte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj, dass der russische Präsident den Gipfel mit aller Kraft sabotieren werde. Mittlerweile ist er optimistisch: „Fast 100 Staaten und internationale Organisationen sollten sich an den weltweiten Bemühungen beteiligen“, sagt er. Und um hinzuzufügen:

„Russland kann den Gipfel nicht länger zum Scheitern bringen, auch wenn es hart daran arbeitet“

Der ukrainische Präsident hat die Aufgabe leichter als der Bundesrat in Bern. Sein Hauptziel war es von Anfang an, seinen Zehn-Punkte-Plan, die Friedensformel, auf die Regierungsebene zu heben. Es sollte ihm gelingen. Der Bundesrat hingegen hat stets betont, dass er eine Konferenz mit russlandnahen Teilnehmern anstrebe. Dieser ehrgeizigere Plan zielt eigentlich darauf ab, einen Friedensprozess einzuleiten, an dem sich in einer zweiten Phase auch Russland beteiligen soll.

Die Schweizer Diplomatie führt derzeit einen Einzelkampf: gegen die Propagandaangriffe Moskaus, aber auch gegen die Vereinnahmung des Bürgenstocks durch die Ukraine.

Am Freitagnachmittag sprach das chinesische Außenministerium über die Abwesenheit Pekings. Die Konferenz erfülle nicht die drei von China gestellten Bedingungen, betonte er: Anerkennung der Konferenz durch die Ukraine und Russland, gleichberechtigte Beteiligung und „faire Diskussion aller Friedenspläne“.

Das Ministerium stellte aber auch fest, dass „China der Ausrichtung des ersten Friedensgipfels zur Ukraine durch die Schweiz große Bedeutung beimisst und seit Anfang des Jahres in engem Kontakt mit der Schweiz und relevanten Parteien zu diesem Thema steht.“ Die Tür scheint daher immer angelehnt zu sein.

Aus dem Deutschen übersetzt von Lara Lack

Weitere Themen zum Verhältnis zwischen China und Russland:

-

PREV Eine leblose Leiche wurde im Bic-Sektor gefunden
NEXT Normandie: Dutzende Rennpferde sterben bei einem Brand im Gestüt