Nach monatelangen Turbulenzen ist die Inflation unter Kontrolle.Bild: watson
Nach monatelangen Turbulenzen scheint die Inflation laut Schweizerischer Nationalbank unter Kontrolle zu sein. Doch welche Auswirkungen hat das auf die Preise und was bringt dieses Jahr? Hier sind die Trends.
Niklaus Vontobel / ch media
Nach monatelangen Turbulenzen steigen die Preise nun in einem Tempo, das nach Ansicht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit „Preisstabilität“ vereinbar ist. Sechs Monate lang pausierte die Inflation sogar, was die SNB dazu veranlasste, ihren Leitzins angesichts einer als zu schwach erachteten Dynamik auf 0,5 % zu senken.
Der Inflationssturm scheint vorbei zu sein, aber was sind die Ergebnisse? Wie stark sind die Preise tatsächlich gestiegen? Warum kam es zu spektakulären Steigerungen bei Benzin und Strom, ebenso wie bei Mieten, Hypotheken, Flugtickets und sogar bei Nahrungsmitteln? Und vor allem: Wie sieht die Zukunft dieser verschiedenen Ausgabenposten aus?
Der vom Bundesamt für Statistik (BFS) herausgegebene Landesindex der Konsumentenpreise gibt wertvolle Antworten. Dieser Index, der regelmäßig die Preisschwankungen eines typischen Warenkorbs von Waren und Dienstleistungen misst, bietet einen klaren Überblick über Veränderungen der Lebenshaltungskosten.
Aktuellen Zahlen zufolge sind die Preise im November 2024 im Vergleich zum November 2021 um 5 % gestiegen. In drei Jahren, die von einem starken Inflationsschub in den Jahren 2022 und 2023 geprägt waren, bevor es wieder zur Ruhe kam, sind die Lebenshaltungskosten um durchschnittlich gestiegen 5 %.
Benzin und Heizöl: wieder normal
Gute Nachrichten: Die Ölpreise sind auf ähnliche Niveaus wie vor der Inflationswelle zurückgekehrt. Dies ist vor allem auf zwei Faktoren in China zurückzuführen:
- Die Verlangsamung im Bausektor.
- Der Aufstieg von Elektrofahrzeugen, die die weltweite Ölnachfrage verringern.
In der Schweiz spiegeln sich diese Trends in einer Stabilisierung der Benzin- und Heizölpreise wider. Sicherlich war der Rückgang langsamer als der Anstieg, aber diese Kosten haben inzwischen wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht.
Was die Heizung betrifft, ist alles wieder wie vorher.Bild: Schlussstein
Strom und Gas: immer noch unter Druck
Bei Strom sieht das Szenario anders aus. Die Preise bleiben rund 50 % höher als zuvor. Laut der Regulierungsbehörde Elcom ist für 2025 ein Rückgang um 10 % geplant, der jedoch nicht ausreichen wird, um die starken Anstiege der Vergangenheit auszugleichen. Gas kostet mittlerweile immer noch 60 % mehr als noch vor zwei Jahren, was vor allem diejenigen betrifft, die damit heizen oder kochen.
Diese hohen Preise lassen sich mit den Nachwirkungen der europäischen Energiekrise erklären, die durch den Krieg gegen die Ukraine und den Zusammenbruch der russischen Gaslieferungen ausgelöst wurde. Trotz der Bemühungen Europas, seine Quellen zu diversifizieren, insbesondere durch den Import von Flüssiggas, bleibt eine teilweise Abhängigkeit von Russland ein Risikofaktor.
Gas und Strom sind wichtig für die europäische Produktion, wie Javier Blas, Experte bei, erklärt Bloomberg. Europa hat zwar noch genügend Gasreserven, aber wettertechnisch hatte man großes Glück. Tatsächlich waren die letzten beiden Winter feucht, heiß und windig. Dadurch konnten sich Windkraftanlagen drehen, Sonnenkollektoren leuchten, Staudämme und Heizöltanks gut gefüllt werden.
Ein weiterer Grund zur Sorge: Russisches Gas gelangt weiterhin nach Europa, jedoch weniger über Pipelines und mehr in flüssiger Form über Straßen und Wasserstraßen. Europa ist daher weniger abhängig von Putin, bleibt es aber immer noch, wie Blas betont. Wenn Putin sein Gas abstellt, gerät Europa in Schwierigkeiten.
Diese beiden Bedenken – Putin und das Wetter – halten die Benzinpreise hochDadurch wird ein weiterer Rückgang der Strompreise in Europa und der Schweiz verhindert. In unserem Land wäre es jedoch möglich gewesen. Laut Elcom ist dies aufgrund der mehrjährigen Verträge, mit denen Schweizer Lieferanten ihre Lieferungen aus dem europäischen Markt beziehen, nicht geschehen. Diese Verträge schützten die Schweiz zwar vor den schlimmsten Auswirkungen der europäischen Energiekrise, sie verhinderten aber auch, dass die Schweizer Strompreise wieder schneller fielen.
Die gute Nachricht ist jedoch, dass sie mit einiger Verzögerung weiter sinken dürften. Laut Elcom rechnen europäische Großhändler in den kommenden Jahren mit sinkenden Preisen.
Essen: ein kontinuierlicher Anstieg
Hohe Strom- und Gaspreise haben in mehreren Sektoren zu weitreichenden Tariferhöhungen geführt. In der Gastronomie weisen die Speisekarten heute einen durchschnittlichen Anstieg von 6,6 % auf, während die Preise in Hotels um 11 % anstiegen. Auch beim Verkauf von Lebensmitteln sind die Kosten um durchschnittlich +7 % gestiegen.
Im Jahr 2025 wird das Einkaufen für Schweizer teurer.Bild: Schlussstein
Bei Nahrungsmitteln spielten die globalen Preise wichtiger Rohstoffe eine entscheidende Rolle. Beispielsweise sind die Getreidepreise in die Höhe geschossen, und Olivenöl hat aufgrund von Hitzewellen und Dürren, die wichtige Ernten zerstört haben, zeitweise fast das Dreifache gekostet. In der Schweiz kostet Brot mittlerweile 11 % mehr, Nudeln sind um 17 % teurer. Die größten Zuwächse betreffen Margarine und Nahrungsfette (+24 %), Zucker (+26 %) und Olivenöl (+37 %).
Für das Jahr 2025 wird insgesamt mit einem moderateren Anstieg der Lebensmittelpreise gerechnet. Für einige wichtige Rohstoffe auf dem Weltmarkt ist jedoch weiterhin mit Steigerungen zu rechnen. Mit dem Klimawandel kommt es immer häufiger zu Dürren und Hitzewellen sowie zu Ernteausfällen, die zu Preissteigerungen führen. Wie die UN in ihrem Bericht darlegt Essen Outlook, Produkte wie Tee, Kaffee und insbesondere Kakao sind von diesen Phänomenen besonders betroffen.
Flugtickets: Die Inflation nahm zu
Auch über den Wolken war die Inflation in diesem Jahr beträchtlich. Dem nationalen Index zufolge kosteten Flüge zwischen Januar und November 2024 fast 30 % mehr als im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor der Covid-19-Krise.
Die Fluggesellschaft Swiss und der Schweizer Tourismusverband weisen auf die Kosten hin. Fast alles, was eine Fluggesellschaft braucht, um ihre Kunden zufrieden zu stellen, ist teurer geworden: unter anderem Personal, Flugsicherung oder Sicherheitskontrollen. Deshalb geht Swiss davon aus, dass die Durchschnittspreise höher bleiben als vor der Pandemie. Langfristig wird erwartet, dass Flugtickets so teuer bleiben wie heute oder sogar noch steigen. Der Übergang zu einem weniger umweltschädlichen Luftverkehr mit einer Verringerung der CO2-Emissionen wird erhebliche Investitionen erfordern.
Fliegen wird immer teurer sein.Bild: Schlussstein
Allerdings bleiben die Preisunterschiede deutlich. Nach Angaben des Schweizer Reiseverbandes bieten Billigfluggesellschaften weiterhin Tickets ab 50 Euro auf Europaflügen an, wo die Konkurrenz groß ist. Auf Interkontinentalflügen hingegen bleibt der Wettbewerb wie vor der Pandemie begrenzt, was die Preise insbesondere in der Hochsaison hoch hält.
Mieten: Die Situation wird immer schlimmer
Auch die Mieten sind deutlich gestiegen. Im November 2024 verzeichnete der Landesindex der Konsumentenpreise einen Anstieg von 7,4 % im Vergleich zum November 2021 und markierte damit einen starken Preisanstieg für einen der ausgabenreichsten Posten der Haushalte. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf die Erhöhung der Leitzinsen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zurückzuführen, die zu einem Anstieg des durchschnittlichen Zinssatzes der ausstehenden Hypotheken führte. Dadurch wurde der Referenzzinssatz für Mietverträge zweimal angehoben, was automatisch zu einem Anstieg der Mieten führte.
Zu dieser Situation haben auch steigende Baukosten beigetragen, die den Bau neuer Häuser einschränkten und das verfügbare Angebot verringerten. Neue Mieter mussten daher noch höhere Mieten zahlen.
Aufgrund der jüngsten Leitzinssenkungen zeichnet sich jedoch eine leichte Beruhigung ab. Der Referenzzinssatz dürfte in diesem Jahr einmal, nach Prognosen der Raiffeisen Bank sogar zweimal nach unten korrigiert werden. Im Bausektor ist eine Erholung im Gange, die den Wohnungsmangel leicht reduzieren dürfte.
Laut Raiffeisen wird sich das Mietwachstum bald verlangsamen und weniger als halb so schnell steigen wie in den letzten Jahren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Lage weiter verschlechtern wird, wenn auch langsamer als bisher.
Hypotheken: sinkende Zinsen
Die Nationalbank erhöhte schnell ihren Leitzins und senkte ihn dann ebenso schnell. Die Hypothekenzinsen folgten demselben Trend: Sie stiegen zunächst und fielen dann. Derzeit liegen laut UBS die meisten an den Geldmarkt gekoppelten Hypotheken bei Zinssätzen zwischen 1,1 % und 1,6 %. Innerhalb eines Jahres könnten diese Sätze weiter auf 0,8 % bis 1,3 % sinken.
Bei 10-jährigen Festhypotheken sind die Zinssätze innerhalb eines Jahres bereits um 0,8 Prozentpunkte gesunken. Allerdings rechnet UBS mit einer Stabilisierung: Die aktuellen Zinssätze zwischen 1,1 % und 1,6 % dürften in den kommenden Monaten unverändert bleiben.
Während Hypotheken erschwinglicher geworden sind, steigen die Immobilienpreise weiterhin auf noch schwindelerregendere Niveaus. Ergebnis: Auch bei niedrigeren Zinsen bleibt der Kauf eines Eigenheims teuer, für viele Haushalte sogar unerschwinglich. Ökonomen fragen sich: Wer kann zu diesen Preisen noch kaufen? Die Antwort ist oft dieselbe: diejenigen, die erben.
Aus dem Deutschen übersetzt von Anne Castella
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