Prinz Moulay Hassan bringt das königliche Protokoll durcheinander

Prinz Moulay Hassan bringt das königliche Protokoll durcheinander
Prinz Moulay Hassan bringt das königliche Protokoll durcheinander
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Moulay Hassan und das Protokoll

In der langen Geschichte Marokkos ist das Händeküssen, oder „Taqbil“ auf Arabisch, ein uraltes Ritual, dessen Ursprünge bis in mittelalterliche Dynastien zurückreichen. Diese von orientalischen und Berberhöfen übernommene Praxis hat sich über die Jahrhunderte hinweg zu einer der Säulen des marokkanischen Königsprotokolls entwickelt. Heute wird diese uralte Geste durch die Haltung des Kronprinzen Moulay Hassan ins Wanken gebracht, der mit 21 Jahren dieses traditionelle Zeichen der Treue systematisch vermeidet.

Unter der Alawiten-Dynastie, die seit dem 17. Jahrhundert an der Macht war, wurde das Händeküssen institutionalisiert. Ursprünglich war es für „Bay’a“-Zeremonien (Treueeid) reserviert, aber nach und nach wurde es auf tägliche königliche Audienzen ausgeweitet. Unter der Herrschaft von Hassan II. (1961–1999) erreichte dieses Ritual seinen protokollarischen Höhepunkt und wurde zu einem starken Symbol monarchischer Heiligkeit und der besonderen Beziehung zwischen dem Herrscher und seinen Untertanen.

Schon bei seinen ersten offiziellen Auftritten im Alter von 12 Jahren markierte Prinz Moulay Hassan einen klaren Bruch mit dieser jahrhundertealten Tradition. Weit verbreitete Bilder zeigen, wie er Versuche, Hände zu küssen, gekonnt vermeidet und konsequent den westlichen Händedruck bevorzugt.

Diese Haltung ist in einem Land, in dem das königliche Protokoll nach wie vor stark kodifiziert ist, keineswegs trivial, sondern deutet auf einen Wunsch nach Modernisierung hin, der über eine einfache Geste hinausgeht.

Zwischen Erbe und Moderne

Die Position des Prinzen ist Teil einer Familienlinie mit unterschiedlichen Einstellungen zu dieser Tradition. Sein Urgroßvater Mohammed V. (1927–1961) hatte zwar weiterhin die Hände küssend, hatte aber bereits modernere Alternativen eingeführt. Hassan II. machte es zu einem zentralen Element des Protokolls, während Mohammed VI., obwohl er diese Praxis akzeptierte, begann, die Kodizes zu lockern.

Diese Infragestellung des Handkusses des Kronprinzen ist Teil eines Kontextes der Transformation der marokkanischen Monarchie. Marokko, das den Arabischen Frühling und seine Auswirkungen erlebt hat, steht vor Modernisierungsherausforderungen. Das Verhalten von Moulay Hassan offenbart diese Spannung zwischen Respekt vor Traditionen und Anpassung an zeitgenössische internationale Standards.

Doch die Reaktionen auf die Haltung des Prinzen offenbaren die Veränderungen in der marokkanischen Gesellschaft. Für Progressive symbolisiert diese Ablehnung den Wunsch nach Demokratisierung und Modernisierung der Beziehungen zwischen Macht und Bürgern. Traditionalisten sehen darin eine mögliche Schwächung der kulturellen Grundlagen der Monarchie.

Auf dem Weg zu einer neu erfundenen Monarchie

Die wachsende Präsenz des Prinzen auf der internationalen Bühne, insbesondere bei großen diplomatischen Treffen, wirft die Frage nach der künftigen Entwicklung des königlichen Protokolls auf. Während der Gesundheitszustand von König Mohammed VI. Fragen aufwirft und die Nachfolge offenbar vorbereitet wird, könnte die Haltung des Kronprinzen die Entstehung einer neu erfundenen Monarchie ankündigen.

Diese Entwicklung des Protokolls verdeutlicht tatsächlich die Herausforderungen, vor denen die marokkanische Monarchie steht: ihr Erbe zu bewahren und sich gleichzeitig an die Anforderungen einer modernen Welt anzupassen, in der die Autoritätsbeziehungen einen tiefgreifenden Wandel erfahren.

Die Verweigerung des Handkusses durch Prinz Moulay Hassan ist somit das Symbol eines Generationswechsels, der den Beginn einer neuen Ära für die marokkanische Monarchie markieren könnte.

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