SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert tritt zurück

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert tritt zurück
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert tritt zurück
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Der einstige Jungsozialist half, Olaf Scholz als Parteichef zu verhindern. In seinem jetzigen Amt war er für den Wahlkampf zuständig und damit für die schlechten Resultate mitverantwortlich. Sein kompletter Rückzug aus der Politik kommt dennoch überraschend.

Kevin Kühnert amtierte seit 2021 als SPD-Generalsekretär.

Uwe Koch / Imago

Knapp ein Jahr vor der kommenden Bundestagswahl muss sich die deutsche Kanzlerpartei SPD einen neuen Organisator für den Wahlkampf suchen. Überraschend teilte der dafür zuständige Generalsekretär Kevin Kühnert an diesem Montag mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt von dem Parteiamt mit. Auch sein 2021 errungenes Abgeordnetenmandat legte er nieder. Überdies will er nicht erneut für den Bundestag kandidieren.

In der Erklärung machte Kühnert gesundheitliche Gründe für seinen vollständigen Rückzug aus der Bundespolitik geltend. So hält er einen Wahlsieg der SPD im kommenden Bundestagswahlkampf allen Umfragen zum Trotz weiterhin für möglich. Dazu sei es aber nötig, dass die Wahlkämpfer der SPD über sich hinauswüchsen. «Ich selbst kann im Moment nicht über mich hinauswachsen, weil ich leider nicht gesund bin», schrieb Kühnert. «Die Energie, die für mein Amt und einen Wahlkampf nötig ist, brauche ich auf absehbare Zeit, um wieder gesund zu werden.» Woran er erkrankt ist, liess Kühnert offen. Nach Informationen der «Bild»-Zeitung soll es sich um eine psychische Erkrankung handeln.

Scholz gegenüber loyaler als erwartet

Der gebürtige Berliner hatte den Posten des Generalsekretärs im Dezember 2021 kurz nach Vereidigung der Regierung von Kanzler Olaf Scholz übernommen. Bis zuletzt zeigte sich der eloquente und streitbare 35-Jährige dem Regierungschef gegenüber loyaler als erwartet. So stärkte er ihm noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem «Spiegel» den Rücken, was seine Kanzlerkandidatur anbelangt. Diese stösst parteiintern wegen der verheerenden persönlichen Umfragewerte des Amtsinhabers wie auch der SPD vereinzelt auf Kritik. «Wir stellen den Bundeskanzler und wollen mit ihm erneut gewinnen», sagte Kühnert demgegenüber.

Dass Kanzler und Generalsekretär seit beider Amtsantritt relativ geräuschlos zusammenarbeiten würden, war zunächst alles andere als sicher. Mit Kühnert war schliesslich jemand an die Spitze der internen Parteiorganisation gerückt, der Scholz als Parteichef erfolgreich verhindern half. So hatte sich Kühnert im Jahr 2019 für das Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans starkgemacht. Die beiden Parteilinken setzten sich nicht zuletzt durch Kühnerts Zutun in einer Stichwahl gegen das ursprünglich favorisierte Duo Olaf Scholz und Klara Geywitz durch.

Auch war zunächst vermutet worden, dass Kühnert den präzedenzlos hohen Anteil von Jungsozialisten an der SPD-Bundestagsfraktion nutzen würde, um den Kanzler von links unter Druck zu setzen. Kühnert war 2017 zum Chef der Parteijugend der SPD gewählt worden. Das Amt gab er wegen seiner Kandidatur für den Bundestag 2021 vorzeitig auf.

Kritiker der grossen Koalition

Bekannt wurde Kühnert einer grösseren Öffentlichkeit vor allem durch seine Kritik an einer Fortsetzung der grossen Koalition zwischen Union und SPD unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese gehe zulasten der SPD, argumentierte Kühnert im Jahr 2018. Die Sozialdemokratie müsse sich deshalb in der Opposition erneuern. Obwohl er sich letztlich nicht durchsetzen konnte, legte Kühnert so den Grundstein für seinen innerparteilichen Aufstieg.

Seine Amtszeit als Generalsekretär war überschattet von einer Reihe von heftigen Wahlniederlagen der SPD. Bei der Europawahl im Juni dieses Jahres fuhr die Partei ein historisch schlechtes Ergebnis ein. In diesem Zusammenhang wurde auch Kritik an Kühnerts Kampagnenmanagement geäussert. Die beiden Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken dankten Kühnert am Montag in einer Stellungnahme dennoch überschwänglich. Seine Genesung müsse jetzt im Zentrum stehen. Die Türen der SPD stünden ihm immer offen.

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