Ein dramatischer Wahlkampf neigt sich dem Ende zu

Ein dramatischer Wahlkampf neigt sich dem Ende zu
Ein dramatischer Wahlkampf neigt sich dem Ende zu
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Bis zuletzt beschwören sowohl Donald Trump wie Kamala Harris Horrorszenarien herauf, falls die Gegenseite gewinnen sollte. Gerade weil die beiden Kandidaten praktisch gleichauf liegen, ist die Angst vor Betrug und Ausschreitungen gross.

Bei der Präsidentschaftswahl vom 5. November prallen zwei grundsätzlich verschiedene Auffassungen über das Wesen der USA aufeinander.

Eloisa Lopez / Reuters

Für viele Amerikaner geht es am Dienstag nicht einfach um eine weitere Präsidentschaftswahl, sondern um eine schicksalshafte Wegscheide. Bis zuletzt buhlen Kamala Harris und Donald Trump so leidenschaftlich um Stimmen, als ginge es um Leben und Tod. Am Samstag traten beide im umkämpften Gliedstaat North Carolina auf. Trump warb um weibliche Stimmen, indem er versprach, die «Frauen in ihrem Heim in der Vorstadt» zu beschützen. Er beklagte, dass es ihm nicht einmal mehr erlaubt sei, Frauen als hübsch zu bezeichnen. Harris griff Trump bei ihrer Veranstaltung scharf an und bezeichnete ihn als Kandidaten, der zunehmend unstabil sei, besessen von Rachegelüsten und zerfressen von Groll. Am Samstag trat sie in der beliebten -Show «Saturday Night Live» auf, wo sie sich für einmal von einer selbstironischen Seite zeigte.

Angst vor Ausschreitungen

Aber die meisten Meinungen sind gemacht; 75 Millionen haben ihre Stimme bereits abgegeben. Das ist fast die Hälfte der Wähler. Im Swing State Georgia haben sogar bereits 80 Prozent gewählt. Damit geht der Trend zur vorzeitigen Stimmabgabe weiter, der sich schon länger abzeichnet und sich mit der Pandemie intensivierte. Trump hat wiederholt behauptet, die briefliche Stimmabgabe sei unsicher.

Nach den jüngsten Umfragen handelt es sich immer noch um ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Einzig in Iowa sorgt eine Erhebung für Überraschung. Eigentlich gilt der Gliedstaat als solid republikanisch. Aber nun ist dort auf einmal Harris mit 47 Prozent in Führung gegangen, während lediglich 44 Prozent der Befragten angaben, für Trump zu stimmen. Bereits überlegen Analysten, ob sich damit eine grundlegende Trendumkehr abzeichne. Aber der kleine Vorsprung liegt im Bereich der Fehlertoleranz. Man muss sich also vor Überinterpretationen hüten.

Am Samstag kam es im ganzen Land zu Demonstrationen für das Recht auf Abtreibung und generell für Frauenrechte. In Washington nahmen Tausende am National Women’s March teil. Themen wie Abtreibung, In-vitro-Fertilisation und Familienpolitik spielen im Wahlkampf eine wichtige Rolle, auch befeuert durch Trumps Running Mate J. D. Vance, der kinderlose Frauen abschätzig als «cat ladies» bezeichnete.

Ebenfalls in Washington sorgte der Gouverneur Jay Inslee für Aufsehen, als er am Samstag mitteilte, er habe wegen möglicher Ausschreitungen im Zusammenhang mit den Wahlen die Nationalgarde in Bereitschaft versetzt. Er stützt sich dabei auf «allgemeine und spezifische Informationen». Unter anderem in Washington wurden vor ein paar Tagen Wahlurnen in Brand gesetzt, was laut Inslee Hunderte von Stimmzetteln beschädigte oder zerstörte.

Das spiegelt die angespannte Stimmung im Land, wo die Wahl zur Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse emporstilisiert wird. Viele Demokraten glauben, dass eine Wahl Trumps die Demokratie gefährden würde, während Trump umgekehrt für den Fall eines Harris-Sieges apokalyptische Töne anschlägt.

Ein unvergleichlicher, historischer Wahlkampf

Ohne den Untergang der USA heraufzubeschwören: Der Wahlkampf war tatsächlich unvergleichlich, allein durch die Tatsache, dass mit Trump ein verurteilter Straftäter kandidiert und mit Harris die erste nichtweisse Frau. In die Geschichtsbücher eingehen wird auch das TV-Duell zwischen Präsident Joe Biden und Donald Trump vom 27. Juni. Biden machte einen dermassen fahrigen und greisenhaften Eindruck, dass in den Tagen nach der Debatte immer mehr Demokraten forderten, er solle einem anderen Kandidaten Platz machen. Aber erst am 21. Juli gab er dem Druck nach, erklärte seinen Rückzug aus dem Rennen und empfahl seine Vizepräsidentin Harris als Ersatz. Ohne langes Prozedere rückte sie nach, sammelte innert kurzer Zeit eine Rekordsumme an Spenden und holte den Rückstand gegenüber Trump rasch auf.

Am 13. Juli kam es in Butler, Pennsylvania, während einer Wahlkampfveranstaltung zum Versuch eines Attentats auf Trump. Die Schüsse verletzten ihn lediglich am Ohr, trafen aber einen Zuschauer neben ihm tödlich. Der Secret Service erschoss den Schützen. Die Bilder des blutverschmierten Trump mit der erhobenen Faust gingen um die Welt. Kurz nach dem Anschlag erklärte Elon Musk seine Unterstützung für Trump, und er spielt seither eine wichtige Rolle im Wahlkampf. Am 15. September kam es zu einem weiteren Attentatsversuch, als Trump in West Palm Beach, Florida, spielte. Der Schütze wurde allerdings verhaftet, noch bevor er einen Schuss abgeben konnte.

Beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee Mitte Juli präsentierte Trump seinen Running Mate J. D. Vance, der vom Trump-Hasser zum Bewunderer geworden war. Einen Monat später fand in Chicago der Parteitag der Demokraten statt, wo Harris’ Running Mate Tim Walz, ein volkstümlicher Lehrer und Football-Coach aus Minnesota, seinen ersten grossen Auftritt hatte.

Am 10. September kam es schliesslich zur TV-Debatte zwischen Trump und Harris. Die Vizepräsidentin setzte auf Angriff und provozierte Trump zu emotionalen Ausbrüchen und haltlosen Behauptungen, etwa über Haustiere verspeisende Einwanderer aus Haiti. Nach seinem schlechten Abschneiden verzichtete Trump auf eine weitere Debatte.

Nach einem vorübergehenden Höhenflug von Harris holte Trump wieder auf. Das war umso bemerkenswerter, als Trump sich nicht etwa mässigte, um Mittewähler abzuholen, sondern seinen Ton in den letzten Wochen noch verschärfte. Gegenwärtig sieht es nach einem extrem knappen Rennen aus, womit das Risiko gross ist, dass die Resultate bestritten werden.

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