„Zeit, dass sich was dreht“ – Grönemeyer verbietet auch Grünen Nutzung seines Songs

„Zeit, dass sich was dreht“ – Grönemeyer verbietet auch Grünen Nutzung seines Songs
„Zeit, dass sich was dreht“ – Grönemeyer verbietet auch Grünen Nutzung seines Songs
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Erst ein Video, dann Eilmeldungen zu seiner Bewerbung: Robert Habeck bringt sich als Kanzlerkandidat der Grünen in Position. Zunächst postete der Vizekanzler kurz nach seinem Comeback im Onlinedienst X ein kurzes Video, das für Spekulationen sorgte. Stunden später herrscht Klarheit: Noch am Freitag will Habeck offiziell seine Bewerbung für die Grünen-Kanzlerkandidatur erklären.

In dem kurzen, 11-sekündigen Clip ist der Vizekanzler dabei zu sehen, wie er am Schreibtisch sitzt und Unterlagen durcharbeitet. Dazu summt er Herbert Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“, dem Titelsong der Sommermärchen-WM 2006.

Kurz darauf verbot Grönemeyer den Grünen, den Song für den Wahlkampf zu nutzen. „Wir haben heute auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen und Herrn Habeck aufgefordert, es in Zukunft zu unterlassen, Lieder von Herbert Grönemeyer und hier konkret das Lied „Zeit, dass sich was dreht“ für Wahlkampfzwecke zu nutzen“, teilte Grönemeyers Medienanwalt Christian Schertz mit. Sein Mandant „wünscht grundsätzlich nicht, dass seine Person oder seine Lieder von politischen Parteien, noch dazu ohne seine Zustimmung, für jegliche Art von Wahlwerbung vereinnahmt werden“.

In Habecks Video wird außerdem der Bildschirm mehrfach für einen Sekundenbruchteil dunkel, als wenn eine Fotokamera ausgelöst würde. Tatsächlich werden kurz Detailaufnahmen eingeblendet, einmal von Habecks Armband, einmal sein Kalender. Immer größer rückt Habeck ins Bild, bis er lachend aufblickt und mutmaßlich den Filmenden in die Linse greift. Das Bild bricht ab.

Was das Ganze bedeuten soll? Bei der Büroszene dürfte es sich um eine Ankündigung von Habecks Kanzlerkandidatur handeln. Es wurde ohnehin erwartet, dass der Wirtschaftsminister noch vor dem Grünen-Parteitag offiziell seine Bewerbung für die Spitzen- oder Kanzlerkandidatur der Grünen bekannt geben würde. Der Kalender ist ein Hinweis auf den Zeitpunkt: Darauf ist der 8. November rot markiert.

Die andere Nahaufnahme zeigt ein Perlenarmband, wie es Taylor-Swift-Fans tragen. „Kanzler Era“ steht dort, in Anlehnung an die „Eras“-Tour der US-Sängerin. Einen Titel hat das Video auch: „Von hier an anders“.

Stunden nach Veröffentlichung des Videos dann die Nachricht: Nach Informationen von dpa, ARD und „Spiegel“ will Habeck seine Kandidatur tatsächlich am 8. November offiziell machen. Die Kür zum Spitzenmann der Grünen ist für den Bundesparteitag der Grünen geplant, der am Freitag kommender Woche in Wiesbaden beginnt. Dort wird Habeck um die Unterstützung der Delegierten werben, um mit Rückenwind in den Wahlkampf zu starten.

Zuvor hatte sich Habeck fast sechs Jahre nach seinem Abschied von Twitter und Facebook auf der Plattform X zurückgemeldet. „Orte wie diesen den Schreihälsen und Populisten zu überlassen ist leicht. Aber es sich leicht zu machen kann nicht die Lösung sein. Nicht heute. Nicht in dieser Woche. Nicht in dieser Zeit. Deshalb bin ich wieder auf X“, heißt es in einem Post des Grünen-Politikers und Bundeswirtschaftsministers. Seine Rückkehr hatte er zuvor mit dem Spruch „Back for good“ intoniert, auf Deutsch in etwa „Endgültig zurück“. Die Grünen bestätigen WELT, dass es sich tatsächlich um einen Account von Robert Habeck handelt. Auch auf Instagram gibt es jetzt wieder einen Account von Robert Habeck.

Die Wahl des Grönemeyer-Liedes ist auch interessant, weil der Sänger gerade erst der CDU die Verwendung des Songs für Wahlwerbezwecke untersagt hat. Man behalte sich weitere juristische Schritte vor.

Merz spöttelt, Lindner vergleicht

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz reagierte spöttisch auf Habecks Entscheidung, die Grünen als Kanzler- und nicht als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl führen zu wollen. „Die Selbsterklärung zum Kanzlerkandidaten bei neun Prozent Wählerzustimmung hat ja durchaus einen humorvollen Teil“, sagte der Unionsfraktionschef in Berlin.

Das Video sah auch Habecks Ex-Kollege Christian Lindner. Der FDP-Chef, bis vor ein paar Tagen noch Finanzminister, postete auf X ein Foto von sich selbst an einem Schreibtisch, ein Wahlkampffoto aus alten Zeiten. „Alle Demokraten willkommen hier, Robert! Bild fast getroffen – die Lampe stand rechts“, schreibt er dazu.

Habeck hatte Anfang 2019, damals noch Grünen-Chef, unter der Überschrift „Bye bye, Twitter und Facebook“ angekündigt, seine Konten auf Facebook und Twitter dichtzumachen. Er zog damit die Konsequenzen aus Ärger um Wahlkampf-Tweets und einen Datendiebstahl, der zur Verbreitung privater Informationen geführt hatte.

Twitter sei ein „sehr hartes Medium, wo spaltend und polarisierend geredet wird“, das färbe auch auf ihn ab, sagte Habeck damals. Inzwischen hat der Milliardär Elon Musk Twitter übernommen und in X umbenannt, die Polarisierung hat seither nochmals deutlich zugenommen.

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