Der Krieg in der Ukraine geht in die nächste Eskalationsrunde

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Ukraine: Russland setzt Interkontinentalrakete ein

Russland hat im Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Angaben aus Kiew erstmals eine Interkontinentalrakete eingesetzt und damit offenbar auf Angriffe gegen eigene Gebiete reagiert. Hier Archivaufnahmen von einem Test mit einer russischen Interkontinentalrakete. Ziel sei die zentralukrainische Stadt Dnipro gewesen, meldete das ukrainische Medienportal Ukrainska Pravda unter Berufung auf anonyme Quellen am Donnerstag.

21.11.2024

Weitreichende westliche Marschflugkörper sollen erstmals Russland attackiert haben. Kiew wiederum wirft Moskau den Einsatz einer Interkontinentalrakete vor. Beide Seiten sprechen von Eskalation.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Russland und die Ukraine haben neue weitreichende Raketen aufeinander abgefeuert.
  • Kiew hat mit bunkerbrechenden Marschflugkörpern vom Typ Sturmschatten erstmals russisches Territorium attackiert und im Oblast Kursk angeblich ein Kommandozentrum getroffen.
  • Russland hat mindetens eine Interkontinentalrakete vom Typ RS-26 Rubesch auf die ukrainische Stadt Dnipro abgeschossen.
  • Militärbeobachter sprechen in dem Zusammenhang von einem Warnschuss, aber auch einer möglichen Generalprobe.
  • Russland und der Westen werfen sich gegenseitig vor, die Lage zu eskalieren.

Der von Russland begonnene Angriffskrieg gegen die Ukraine ist mit dem beidseitigen Einsatz weitreichender Raketen gegeneinander in eine neue gefährliche Phase eingetreten.

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, zwei von der Ukraine abgefeuerte Marschflugkörper des Typs Storm Shadow abgefangen zu haben. Es wäre das erste Mal seit Kriegsbeginn, dass die aus Grossbritannien gelieferten Marschflugkörper gegen Ziele in Russland eingesetzt werden.

«Von der Flugabwehr wurden 2 Marschflugkörper Storm Shadow aus britischer Produktion, 6 reaktive Geschosse des Typs Himars aus US-Produktion und 67 Drohnen abgeschossen», heisst es in der Mitteilung des russischen Militärs. Zu Einschlägen und Schäden gab es keine Angaben.

Storm Shadow trifft angeblich Kommandozentrum

Britische Medien hatten bereits am Vortag unter Berufung auf nicht genannte Insider-Quellen über den Angriff berichtet. Demnach sind Trümmerteile der Marschflugkörper in dem Ort Marjino im russischen Gebiet Kursk, knapp 45 Kilometer entfernt von der Grenze gefunden worden.

Parallel dazu schrieb der Kursker Gouverneur Alexej Smirnow auf Telegram, dass zwei Raketen abgeschossen worden seien – er machte aber keine Angaben zu deren Typ. Das in Washington ansässige Institut für Kriegsforschung (ISW) berichtete, dass ein gemeinsamer russisch-nordkoreanischer Kommandopunkt angegriffen und zerstört worden sei.

Der ukrainische Generalstab hat diese Angaben allerdings nicht bestätigt. Aus Moskau ist das Eingeständnis eines kritischen Treffers ohnehin nicht zu erwarten. Der britische Verteidigungsminister John Healey wich der Frage nach einem Einsatz der Storm Shadow ebenfalls aus. Er werde sich nicht zu operativen Details des Konflikts äussern, sagte er

Russland soll mit Interkontinentalrakete geschossen haben

Stattdessen übte der Brite im Verteidigungsausschuss Kritik an Russlands Präsident Wladimir Putin, dem er Eskalation vorwarf. Er habe die Angriffe aus der Luft auf die Ukraine in den vergangenen Wochen massiv verschärft und Tausende nordkoreanische Soldaten an die Front geschickt.

«Und es gibt heute unbestätigte Medienberichte, dass Russland eine neue ballistische Rakete auf die Ukraine gefeuert hat, was sie unseres Wissens nach seit Monaten vorbereitet haben», so Healey. Healeys Kritik bezog sich auf eine Mitteilung der ukrainischen Luftwaffe, nach der Moskau bei seinem Angriff auf die Ukraine eine Interkontinentalrakete eingesetzt hat.

Ziel sei die Industriestadt Dnipro im Osten der Ukraine gewesen. Verletzte soll es offiziellen Angaben nach aber nicht gegeben haben. Die BBC berichtete später unter Verweis auf anonyme Quellen, dass es im Weissen Haus allerdings Zweifel an der Version einer Interkontinentalrakete gebe und es sich um eine Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite zwischen 800 und 5500 Kilometer handeln könne.

Selenskyj: Putin nutzt Ukraine als Waffentestgelände

Angeblich ist eine RS-26 Rubesh eingesetzt worden. Ihre maximale Reichweite soll 6000 Kilometer betragen: Sie ist quasi die kleine Schwester der RS-24 Gläserdie 2010 in Dienst gestellt worden ist und bis zu 12’000 Kilometer weit fliegen kann. Die Rubesh wäre in einem atomaren Ernstfall wohl die Waffe, mit der Europa angegriffen würde.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach anlässlich des Jahrestags des Beginns prowestlicher Proteste vor elf Jahren hingegen – des Euromaidan – über den Fall:  «Alle Charaktereigenschaften – Geschwindigkeit, Höhe – sind die einer Interkontinentalrakete», sagte er. Die Untersuchungen würden laufen. «Offensichtlich ist, dass Putin die Ukraine als Versuchsgelände nutzt», unterstrich Selenskyj.

Nicht authentifizierte, in sozialen Netzwerken kursierende Videos zeigten unterdessen über einer nächtlichen Stadt herabfallende helle Teile ohne Folgeexplosionen. Vermutet wurde, dass dies sechs leere Sprengköpfe der eingesetzten Interkontinentalrakete zeigen könnten.

Russland kommentiert Raketeneinsatz nicht

Abgefeuert worden sein soll die prinzipiell auch atomwaffenfähige Rakete aus dem russischen Gebiet Astrachan am Kaspischen Meer – etwa 1000 Kilometer vom Einschlagsort Dnipro entfernt. Militärbeobachter sprachen in dem Zusammenhang von einem Warnschuss, aber auch einer möglichen Generalprobe für einen echten Atomschlag.

Von Astrachan bis nach Dnipro sind es gut 1000 Kilometer.

Google Earth

Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte den von der Ukraine behaupteten Einsatz der Interkontinentalrakete nicht kommentieren. Russland tue alles, um einen Atomkrieg zu vermeiden, sagte er. Zugleich warf Peskow dem Westen seinerseits eine Eskalation vor. Die scheidende US-Administration unter Präsident Joe Biden sei verantwortungslos und tue alles, um Öl ins Feuer zu giessen und den Konflikt weiter anzuheizen, sagte er.

Ähnliche Vorwürfe hatte der Kreml schon geäussert, als Anfang der Woche erstmals ATACMS-Raketen aus US-Produktion gegen ein Munitionslager in der westrussischen Region Brjansk eingesetzt worden sein sollen. Dem Vernehmen nach hat Biden dem Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland zugestimmt, um ein Zeichen an Nordkorea zu senden, das an der Seite Russlands mutmasslich Soldaten in den Konflikt entsendet hat.

Moskau nimmt Lieferländer in die Verantwortung

ATACMS und Storm Shadow sind weitreichende Waffen. Vor deren Einsatz über russischem Gebiet hat der Kreml gewarnt. Diese Raketen könnten nur von westlichen Militärs bedient werden, hatte Putin im Oktober behauptet. Dementsprechend würde ein Einsatz dieser Waffen von Moskau als direkte Beteiligung der entsprechenden Staaten an dem Krieg gewertet werden.

Zuletzt hatte Russland in dem Zusammenhang seine Atomdoktrin aufgeweicht. So könne Russland Kernwaffen auch einsetzen, wenn das Land von einem Staat ohne Atomwaffen angegriffen werde, der seinerseits von einer Atommacht unterstützt wird.

Die Ukraine verteidigt sich im dritten Jahr gegen den Angriffskrieg Russlands. Präsident Wolodymyr Selenskyj bat seit längerem darum, weitreichendere Waffen von westlichen Partnern auf russischem Territorium einsetzen zu können. Als Begründung wurde angeführt, dass dies für den Kriegsverlauf entscheidend sei. Experten bezweifeln aber, dass die weitreichenden Raketen der Ukraine zum Sieg verhelfen können.


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Von André Ballin und Andreas Stein, dpa

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