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Wie TikTok den Aufstieg der deutschen Rechten befeuerte – Mein Blog

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AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke (Mitte) hat auf TikTok mehr als 100.000 Follower

„Ohne traditionelle Familien gibt es keine Zukunft“, sagt Maximilian Krah, schick gekleidet in Anzug mit Krawatte und Einstecktuch.

„Wenn wir überleben wollen, wenn wir eine Zukunft haben wollen, wenn wir im Alter versorgt und abgesichert sein wollen, dann brauchen wir Kinder. Unsere eigenen Kinder. Denn Einwanderer werden sich nicht um alte Europäer kümmern.“

Der Clip ist nur ein Beispiel in einer Reihe von Videos, die Krah, ein 47-jähriger Europaabgeordneter und Mitglied der aufstrebenden deutschen Partei Alternative für Deutschland (AfD), auf TikTok gepostet hat.

Krah, der durch seine angeblichen Verbindungen zu Russland und China und seine umstrittenen Kommentare zur Nazizeit für Skandale gesorgt hat, ist einer von zahlreichen Persönlichkeiten des deutschen Rechtsextremismus, die sich auf der Social-Media-App großer Beliebtheit erfreuen.

Für die AfD bieten TikTok und andere Social-Media-Plattformen eine neue Möglichkeit, ihre Anhänger direkt zu erreichen, frei von den Zwängen der streng kontrollierten traditionellen Medien- und Politiklandschaft.

Die deutschen Medien haben jahrelang versucht, die einwanderungsfeindliche AfD weitgehend zu ignorieren, in der Hoffnung, dass eine als extremistisch eingestufte Partei durch eine fehlende Berichterstattung aus dem Blickfeld geraten würde. Die Journalistengewerkschaft DJV forderte bereits zuvor eine „Gesundheitswarnung“ in Berichten über die AfD, um das Publikum auf den Charakter der Partei aufmerksam zu machen.

Doch TikTok und andere Social-Media-Plattformen haben der Partei eine neue Möglichkeit gegeben, die Menschen zu erreichen.

Das Programm erwies sich als wirkungsvoll: In dieser Woche gewann die AfD als erste rechtsextreme Partei seit dem Zweiten Weltkrieg eine Landtagswahl und erhielt in Thüringen fast ein Drittel der Stimmen.

Ausschlaggebend für den Sieg war die Stimme der Jugend: Dem Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap zufolge stimmten 38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in der Region für die Partei.

Mehr als die Hälfte der Deutschen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren nutzt soziale Medien, um sich über Neuigkeiten und Politik zu informieren. Dies geht aus einer in diesem Jahr veröffentlichten großen Studie hervor. Ein ähnlicher Anteil sind regelmäßige TikTok-Nutzer.

Der Spitzenkandidat der AfD, Björn Höcke, hat auf TikTok mehr als 100.000 Follower. Der umstrittene Kandidat, der wegen der bewussten Verwendung eines Nazi-Slogans verurteilt wurde, sagte in einem Video: „Wir müssen über Remigration reden. Wer unseren Werten nicht zustimmt, muss unser Land verlassen.“

Björn Höckes Erfolg in Thüringen ist auch der Online-Strategie der AfD zu verdanken – dpa picture alliance / Alamy Stock Photo

„Beispiellose“ Eigenwerbung

Kritiker warnen davor, dass die App extremistischen Ansichten ungehinderte Verbreitung verschaffen würde.

„Das größte Problem ist, dass viel zu viele junge Menschen ihre Informationen nicht mehr aus journalistischen Medien beziehen, sondern aus den sozialen Medien“, sagt Hendrik Zörner, Sprecher des DJV.

„Damit degradieren sie sich selbst zu Opfern von Propaganda.“

Krah hat mehr als 60.000 Follower auf der App und seine Videos wurden über 600.000 Mal geliked.

Die Geschichte geht weiter

Im April geriet er ins Rampenlicht der Öffentlichkeit, als Staatsanwälte Ermittlungen einleiteten, weil er angeblich sowohl aus China als auch aus Russland Zahlungen erhalten hatte. Sein Assistent wurde wegen des Verdachts der Spionage für Peking festgenommen. Krah hat jegliches Fehlverhalten bestritten.

Das Ansehen des Politikers verschlechterte sich einen Monat später noch weiter, als er erklärte, nicht jedes Mitglied der paramilitärischen Waffen-SS der Nazis sei „automatisch ein Krimineller“.

Zwar hat sich die AfD inzwischen von Krah distanziert, doch seiner Popularität auf TikTok scheinen die Skandale nicht geschadet zu haben.

Auch andere AfD-Persönlichkeiten haben eine beachtliche Anhängerschaft auf der App: Parteichefin Alice Weidel und Parteivorsitzender Ulrich Siegmund haben 330.000 bzw. 450.000 Follower. Dem offiziellen Account von Bundeskanzler Olaf Scholz sind es 320.000 und Vizekanzler Robert Habeck 43.000.

„Auf diesem Feld ist die AfD bei der personellen und ideologischen Profilierung noch immer konkurrenzlos“, sagt Oliver Lembcke, Professor für Politikwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

„Das ist ein krasser Fehler der anderen Parteien, der zum großen Erfolg der AfD bei jungen Wählern beiträgt.“

AfD-TikTok-Inhalte enthalten regelmäßig KI-generierte Bilder von blonden und blauäugigen Deutschen – TikTok

Im Vorfeld der diesjährigen EU-Wahlen hat die Denkfabrik AI Forensics Untersuchungen durchgeführt, bei denen festgestellt wurde, dass die Suchfunktion von TikTok häufig die AfD förderte, selbst wenn der Benutzer gezielt nach einer anderen Partei gesucht hatte.

Beunruhigend ist auch, dass die Forscher Hinweise darauf fanden, dass den Benutzern sogenannte „Dog Whistles“ gezeigt wurden, die eng mit rechtsextremen Narrativen zu Themen wie Einwanderung verknüpft waren, darunter „Kalifat in Deutschland“ und „Putin warnt Türken in Deutschland“.

TikTok erklärte, dass viele Faktoren dazu beitrugen, ob ein Suchbegriff empfohlen wurde, und dass die Behauptung, dies sei eine algorithmische Voreingenommenheit, ein „Voreil“ sei.

Es gebe kaum empirische Belege dafür, dass soziale Medien Einfluss auf die EU- oder Landtagswahlen gehabt hätten, hieß es weiter.

Ein Sprecher sagte: „Wir setzen proaktiv strenge Maßnahmen gegen Falschinformationen und Hassreden zu den Wahlen durch und versorgen die Menschen über unsere Wahlzentren, die vor der EU-Wahl über 7,5 Millionen Besucher hatten, mit zuverlässigen Informationen. Es ist kategorisch falsch zu behaupten, dass TikTok irgendeine politische Partei oder Gruppe bevorzugt oder unterstützt.“

Rechtsextreme Echokammern

Dennoch stellt der Erfolg der AfD auf Social-Media-Plattformen wie TikTok ein großes Problem für Bundeskanzler Scholz dar.

Seine Regierung warnte, dass der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die deutsche Gesellschaft sei. Mehrere Bundesländer haben die AfD als extremistische Organisation eingestuft und der Inlandsgeheimdienst beobachtet sie.

Gesetze gegen Hassreden und Extremismus sind im deutschen Strafgesetzbuch verankert. So sind beispielsweise Holocaust-Leugnung und die Verbreitung von Nazi-Propaganda ausdrücklich verboten. Doch die Bekämpfung bösartiger Inhalte im Internet erweist sich als komplex.

Im Jahr 2017 wurde in Deutschland ein neues Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet, das Technologieunternehmen dazu zwingt, Hassreden zu entfernen, andernfalls drohen hohe Geldstrafen. Zudem sind sie dazu verpflichtet, die schlimmsten Verstöße der Polizei zu melden.

Diese stoßen jedoch auf den Widerstand von Aktivisten für freie Meinungsäußerung. Google errang 2020 einen Teilsieg, als ein deutsches Gericht entschied, dass Teile der neuen Regelung gegen EU-Recht verstoßen.

Wenn die Behörden zu hart gegen die extreme Rechte vorgehen, laufen sie auch Gefahr, Öl ins Feuer zu gießen. Nachdem die Regierung im Juli das extremistische Magazin Compact verboten hatte, dem sie vorwarf, Hassreden gegen Juden, Muslime und Ausländer zu schüren, prahlte Gründer Jürgen Elsässer damit, dass „jeder ein Exemplar haben will“.

„Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Wahlen ist, dass die Strategien der etablierten Parteien, die AfD nicht ernst zu nehmen und nicht mit ihr zusammenzuarbeiten, gescheitert sind, vielleicht sogar nach hinten losgegangen sind“, sagt Hartwig Pautz, Dozent für Sozialwissenschaften an der University of the West of Scotland.

Weitere AfD-Inhalte konzentrieren sich auf Europas Platz in der Welt im Hinblick auf Russland und die USA – TikTok

Ein Ansatz großer Parteien wie CDU und SPD besteht darin, ihre Präsenz auf Apps wie TikTok zu verstärken, um sicherzustellen, dass sie nicht zu einem bloßen Echoraum für rechtsextreme Ansichten werden.

„Die Trägheit der anderen politischen Parteien ist erstaunlich“, sagt Prof. Lembcke. „Ziel muss es sein, in den sozialen Medien eine Gegenöffentlichkeit zu entwickeln, nicht nur von zivilgesellschaftlicher Seite, sondern auch von parteipolitischer Seite.“

Auch in den Medien findet ein Umdenken statt.

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Verlags und Herausgebers der deutschen Boulevardzeitung „Bild“, betonte im vergangenen Jahr in einem Meinungsartikel, die AfD dürfe nicht wie andere Parteien behandelt werden, und zog Vergleiche zwischen der rechtsextremen Partei und den Nazis.

Er räumte jedoch ein, dass das übrige politische Spektrum die Partei nicht länger ignorieren könne und sich stattdessen mit den Problemen befassen müsse, die ihren Aufstieg begünstigten.

„Das größte Problem ist, nicht über das Problem zu sprechen“, schrieb er. „Wenn Themen tabu sind, werden die Probleme dadurch nicht kleiner, sondern die Demagogen werden nur stärker.“

Der AfD-Politiker Höcke hat seit seinem Wahlsieg am Sonntag nichts mehr auf TikTok gepostet. In seinem jüngsten Video, das er vor fünf Tagen veröffentlichte, führt er eine Kavalkade von Motorradfahrern auf Modellen der inzwischen nicht mehr existierenden Marke Simson an.

Die Bildunterschrift lautet: „Simson bedeutet Freiheit.“ Einer der beliebtesten Kommentare darunter lautet: „Trauzeuge.“

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