Kann die Partei ohne ihn existieren?

Kann die Partei ohne ihn existieren?
Kann die Partei ohne ihn existieren?
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Keine andere Partei in der Schweiz ist so stark von ihrem Präsidenten geprägt wie die ehemalige CVP. Das Zentrum selbst steht vor einer großen Bewährungsprobe.

Gerhard Pfister hat mit seinem Rücktritt am Montag das erste politische Zeichen für das Jahr 2025 gesetzt.

Peter Schneider / Keystone

Gerhard Pfister ist der wortgewandteste aller Parteipräsidenten – und der Agilste. Noch vor wenigen Jahren wollte er die damalige CVP zu einer Partei mit westlichen Werten machen: Das Christentum, dieser himmlische Anker der Politisierung, hätte dabei eine Schlüsselrolle gespielt.

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Doch die Idee scheiterte und Pfister orientierte sich neu. Gemeinsam mit Martin Landolt, dem damaligen Vorsitzenden der BDP, initiierte er den Zusammenschluss der beiden Parteien. Die CVP und die BDP wurden zum Zentrum. Nun zeigte sich das politische Genie der Zuger. Sogar in den christlich-konservativen Heimatländern der Zentralschweiz ließen die Kantonsparteien das C fallen. Sie schlüpften wie ein altes Fell aus der CVP und wurden zur Mitte.

Zusammen mit seiner sympathischen Generalsekretärin Gianna Luzio bediente Pfister dann alle Schalter der politischen Mechanik. Mit dem Namen CVP hinterließ er auch den Anspruch, eine konkordanzorientierte Regierungspartei zu sein, die gemeinsam mit anderen Parteien für mehrheitsfähige Lösungen sorgt.

Von der SVP hat Pfister gelernt, wie man sich auf zwei, drei starke Themen konzentriert und die Polarisierung nutzt, um Stimmen zu gewinnen, und von da an polarisierte er stark. Die SVP beschäftigt sich meist mit Einwanderung und Sicherheit, während die Mitte den Sozialpopulismus für sich entdeckt hat. Natürlich weiß Pfister, dass Ideen wie höhere Renten für Ehepaare die Staatskasse über Gebühr belasten. Aber er hat schon vor langer Zeit entschieden, dass sich das Zentrum nicht um Finanzierungsfragen kümmern darf, wenn es sich behaupten will. Überlassen Sie das Geld bitte anderen Parteien – allen voran der FDP, die er vor der Bundestagswahl 2023 zum natürlichen Feind erklärte.

Es gibt nur wenige Menschen in der Schweiz, die die Funktionsweise der politischen Schweiz so gut verstehen wie Pfister. Und es gibt noch weniger, die ihre eigenen Überzeugungen so schnell aufgeben, wenn die Überzeugungen anderer für den politischen Erfolg nützlicher sind.

Dass die Vereinigung von Zentrum und BDP gelang, ist vor allem Pfister und seiner Agilität zu verdanken. Er nahm die besten Teile aus zwei abgekündigten Produkten und fügte sie zu einem neuen Nachfolgeprodukt zusammen, das dem Zeitgeist entsprach.

Pfister und Luzio machten das so gut, dass sie es sich leisten konnten, Dinge zu tun, die eine Partei wie die FDP regelmäßig in die Selbstzerstörung stürzen: Listenbündnisse mit der SVP zum Beispiel eingehen oder mutige politische Kehrtwendungen vollziehen.

Es ist kein Geheimnis, dass Pfister gerne Bundesrat geworden wäre und es wohl immer noch gerne tun würde. Viola Amherd wird bald als Bundesrätin zurücktreten. Pfister macht sich bereit. Ob er tatsächlich gewählt wird oder nicht, ist taktisch unerheblich. Von nun an werden alle Spekulationen über den Sitz der Mitte und den zweiten Sitz der FDP (den die Mitte gerne hätte) mit dem Namen Gerhard Pfister begleitet. Er wirft seinen Schatten voraus; für die nächsten Bundesratsersatzwahlen. Clever, den richtigen Moment erwischt, schneller als die Konkurrenz – typisch Pfister.

Der große Test steht der Mitte noch bevor. Denn außer Gerhard Pfister gibt es nur wenige Namen, die bundesweit bekannt sind. Die wichtigste Aufgabe von Pfisters Nachfolger wird es daher sein, der Mitte so etwas wie eine Identität, eine DNA und eine klare politische Linie zu geben. Denn nur Gerhard Pfister kann einer mehrteiligen Annäherung vorstehen, aber so tun, als wäre es ein größeres Ganzes.

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